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Alternative Heilmethoden von A bis Z

06.11.2018 11:39
von  Barbara Würmli //

Alternativ- und Komplementärmedizin sind Sammelbegriffe für Therapiemethoden, die sich als Alternative oder Ergänzung zu wissenschaftlich begründeten, medizinischen Behandlungsmethoden verstehen. Sie sind speziell für Sportpferde sehr beliebt, da sie in vielen Fällen nicht mit den Dopingvorschriften in Konflikt geraten. Die «PferdeWoche» hat eine alphabetische Übersicht über die bekanntes­ten alternativen Heilmethoden, die bei Pferden angewandt werden, erstellt. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da das Spektrum an Alternativtherapien extrem breit ist. Es gilt zu beachten, dass diese Therapieformen als nicht wissenschaftlich fundiert gelten und deren Heilwirkung entsprechend auch nicht wissenschaftlich belegt ist. Daher weist die «PferdeWoche» darauf hin, dass die alternativen Heilmethoden bei schwereren gesundheitlichen Problemen und ­Verletzungen eine schulmedizinische Behandlung nicht ersetzen, sondern ergänzen. Es empfiehlt sich, erfahrene Therapeuten beizuziehen und die Behandlung mit dem Tierarzt abzusprechen.

Akupressur (japanisch Shiatsu)
Die auch unter dem Namen Akupunktmassage bekannte Akupressur ist eine manuelle Therapie, bei der am Körper stumpfer Druck – meistens mit dem Daumen oder dem Handballen – an klar definierten Stellen ausgeübt wird. Die Massage der Akupunkturpunkte und Meridiane regt den Ener­giefluss an. Gleichzeitig werden die Durchblutung und der Stoffwechsel der Muskulatur angeregt. Bei Pferden wird die Akupressur daher gerne unterstützend nach Sehnenverletzungen oder Knochenbrüchen angewendet. Zudem fördert die Akupressur die Lockerung von verspannter Muskulatur, regt das Immunsystem und den Stoffwechsel sowie die Verdauung an und kann entsprechend bei vielen verschiedenen Symptomen Linderung verschaffen.

Akupunktur
Im Prinzip gleich wie die Akupressur funktioniert die Akupunktur, mit dem Unterschied, dass die Akupunkturpunkte mit feinen Nadeln stimuliert werden.

Die feinen Nadeln stimulieren die Akupunkturpunkte und regen so den Energiefluss an.


Atlaskorrektur
Ist der oberste Halswirbel – genannt Atlas – verschoben, entsteht Druck auf das zentrale Nervensystem. Dadurch wird die Kommunikation zwischen Gehirn und Körper gestört, was zu verschiedenen Krankheitssymptomen führen kann. Bei Pferden wird der Atlas zum Beispiel durch Stürze, unkontrolliertes Herumtollen oder Festliegen in der Boxe verschoben. Aber auch eine schiefe Haltung des Reiters kann sich da­rauf auswirken. Atlastherapeuten bringen den obersten Halswirbel durch einen sanften Impuls in Schwingung, wodurch er sich wieder zentrieren kann. Dadurch können die Nervenimpulse wieder ungehindert fliessen und der Körper kann sich regenerieren.

Bachblüten
Die nach ihrem Begründer Dr. Edward Bach benannte Therapie dient der Harmonisierung der geistig-seelischen Ebene, denn gemäss Bach beruht jede Krankheit auf einer seelischen Gleichgewichtsstörung. Die 37 Blütenessenzen sowie die 38. Essenz aus Felsquellwasser werden verschiedenen Anwendungsgebieten zugeteilt. Bach teilte sie in sieben Gruppen ein, die den Gemütszuständen Niedergeschlagenheit, Angst, fehlendes Interesse an der Gegenwart, Einsamkeit, übertriebene Sorge um andere, Überempfindlichkeit und Unsicherheit zugeordnet sind. Da Pferde nicht reden können, ist es allerdings nicht ganz einfach, auftretende Krankheitssymptome einem Gemütszustand zuzuordnen und entsprechend eine Bachblütenessenz oder eine Mischung verschiedener Blütenessenzen auszuwählen.

Blutegeltherapie
Dieser schonende Aderlass wird bei Pferden vor allem bei Erkrankungen und Verletzungen des Bewegungsapparates eingesetzt. Am häufigsten werden die Egel an den Pferdebeinen angesetzt, zum Beispiel bei Sehnenverletzungen, Gelenkserkrankungen, Hufproblemen oder Abszessen. Die Blutentziehung bewirkt eine Entstauung, zudem enthält der Speichel der Blutegel Stoffe, die gerinnungs- und entzündungshemmend sowie antiseptisch wirken und zu Schmerzlinderung führen.

Chiropraktik
Viele Störungen des Bewegungsapparats haben ihren Ursprung in Verschiebungen und gestörtem Gelenkspiel an der Wirbelsäule – bei Menschen wie bei Tieren. Chiropraktiker beheben mit den blossen Händen diese Fehlstellungen und verschaffen dadurch Linderung. Bei Pferden kommt die Chiropraktik bei Symptomen wie Abwehrreaktion beim Satteln, bei Muskelsteifheit oder Bewegungsunlust zum Einsatz.

Eigenblutbehandlung
Für die Eigenbluttherapie wird den Pferden venöses Blut abgenommen und später wieder injiziert. Vielfach wird das Blut vor dem Injizieren speziell aufbereitet, mit Pflanzenwirkstoffen oder homöopathischen Mitteln. Durch die Eigenbluttherapie soll das Immunsystem angeregt, der Stoffwechsel aktiviert und das vegetative Nervensystem angeregt werden. Sie wird vor allem bei allgemeiner Abwehrschwäche und chronischen Leiden eingesetzt. Diese Behandlung ist nicht ungefährlich und darf nur durch Tierärzte oder Tierheilpraktiker mit spezieller Ausbildung erfolgen.

Enzymtherapie
Wie es der Name schon sagt, werden bei dieser Heilmethode verschiedene Enzyme eingesetzt. Enzyme sind sogenannte Biokatalysatoren, die chemische und biochemische Reaktionen im lebenden Organismus beschleunigen. Die Abwehrkräfte werden gestärkt. Die meisten Enzyme sind Proteine. Für den Stoffwechsel spielen Enzyme eine unverzichtbare Rolle. Die Enzymtherapie wird bei Pferden bei Entzündungen, Verletzungen, Erkältungskrankheiten, Verdauungsproblemen und so weiter angewendet. Theoretisch kann der Pferdebesitzer eine Enzymtherapie selber durchführen, sollte sich aber von einem geschulten Tierarzt oder Tierheilpraktiker beraten lassen.

Homöopathie
Die von Samuel Hahnemann erfundene klassische Homöopathie beruht auf der Grundannahme, Ähnliches werde mit Ähnlichem geheilt. So werden zum Beispiel Symptome von Insektenstichen mit dem homöopathischen Mittel Apis mellifica behandelt, dessen Grundsubstanz aus ganzen Honigbienen besteht. Zur Herstellung der Arzneimittel werden die Grundsubstanzen potenziert.

Homöopathische Mittel können helfen.

Das heisst, sie werden wiederholt – meist im Verhältnis 1:10 (D-Potenz) oder 1:100 (C-Potenz) – mit Wasser oder Ethanol verschüttelt oder mit Milchzucker verrieben. Die Grundsubstanz ist also nur noch in verschwindend kleinen Mengen in den Tropfen oder Globuli vorhanden. Die Homöopathie ist eine der populärsten alternativen Heilmethoden, aber auch immer noch eine der meist diskutierten. Bei der Behandlung von Sportpferden gilt es aufzupassen. Einige homöopathische Mittel in den tiefsten Potenzen bis D6 sind doping­relevant und haben eine Absetzfrist von 48 Stunden. Höhere Potenzen ab D7 sind erlaubt.

Hydrotherapie
Dieser Begriff steht für Wasseranwendungen aller Art. Wer mit seinem Pferd durch einen kalten Bach geht, praktiziert im Prinzip bereits Hydrotherapie. Meistens versteht man im Pferdebereich unter Hydro- oder Aquatherapie aber umfangreichere Anwendungen.

Hydrotherapie: Im Salzwasserbad stehen die Pferde mit den Beinen 20 bis 30 Minuten
im zwei Grad kalten Wasser.

Oft werden diese im Aquatrainer – einem Stahlcontainer mit integriertem Laufband –, der mit normalem Wasser oder Sole gefüllt wird, durchgeführt. Aber auch Schwimmtraining in Pferdeschwimmbecken gehören zur Hydrotherapie. Sie findet oft Anwendung bei Entzündungen und Schwellungen oder als schonendes Training ohne Gewichtsbelastung von Sehnen und Gelenken.

Lymphdrainage
Die manuelle Lymphdrainage ist eine Entstauungstherapie ödematöser Körperregionen. Diese Flüssigkeitsansammlungen entstehen, wenn die Lymphgefässe nicht mehr genügend Transportkapazität haben, zum Beispiel nach Traumata oder Operationen. Bei Pferden wird die Lymphdrainage oft eingesetzt, wenn diese nach Verletzungen nur wenig oder gar nicht bewegt werden dürfen und dadurch aufgelaufene Beine bekommen. Auch bei Gallen wird die Lymphdrainage angewendet und immer öfters auch bei Krankheitsbildern wie Kreuzverschlag oder Hufrehe.

Magnetfeldtherapie
Für diese Therapieform werden bei Pferden meistens Magnetfelddecken oder -gamaschen eingesetzt. Diese funktionieren mit pulsierenden Magnetfeldern. In Decken oder Gamaschen erzeugen metallene Spulen mit Hilfe elektrischer Spannung ein ­Magnetfeld. Die Magnetimpulse wirken auf Durchblutung und Stoffwechsel und werden bei gesunden Pferden zur Entspannung vor Höchstleistungen wie auch zur Erholung danach eingesetzt. Bei bereits bestehenden Symptomen bietet sich die Magnetfeldtherapie unter anderem bei Wirbelsäulenproblemen, Verletzungen und Entzündungen der Sehnen, Bänder und Gelenke an oder auch als Prävention bei kolikanfälligen Pferden.

Osteopathie
Im deutschsprachigen Raum werden unter Osteopathie manuelle – also nur mit den blossen Händen ausgeführte – Therapien wie Chiropraktik, Craniosacral-Therapie und andere verstanden. In Amerika gibt es die Osteopathie nach Andrew Taylor Still, die als eigenständige Heilmethode gilt. Auch in der Schweiz gibt es Osteopathen, die nach Still praktizieren.

Ozontherapie
Dabei wird das dreiatomige Sauerstoffmolekül O3 therapeutisch eingesetzt. Dass Ozon desinfizierend und keimabtötend wirkt, gilt als wissenschaftlich belegt. Dafür wird zum Beispiel ozonisiertes Oliven- oder Sonnenblumenöl auf infizierte Wunden aufgetragen. Ozon wird aber auch als äusserliche Begasung von Problemzonen oder bei der Eigenbluttherapie eingesetzt.

Physiotherapie
Sie wird oft auch als Krankengymnastik bezeichnet, denn unter Physiotherapie versteht man Anwendungen, durch die die Bewegungs- und Funktionsfähigkeit des Körpers wiederhergestellt, verbessert oder erhalten werden soll. Sie ist keine eigentliche Heilmethode, sondern ein Überbegriff für Übungen zur Dehnung und zur Wiederherstellung der Beweglichkeit sowie für den Muskelaufbau. Weiter gehören dazu Massagen, Hydrotherapien und so weiter.

Gezielte Dehnübungen sind ein Bestandteil der Physiotherapie an Pferden.


Phytotherapie
Die Pflanzenheilkunde gehört zu den ältes­ten medizinischen Anwendungen. Es werden ganze Pflanzen oder Pflanzenteile (Blüten, Blätter, Samen, Rinden, Wurzeln) frisch oder als Aufguss, Tinktur, Extrakt, Salbe und so weiter angewendet. Eigentlich wenden Pferde in der Natur die Pflanzenheilkunde selber an, indem sie bei ausreichender Auswahl instinktiv die Pflanzen fressen, die sie gerade benötigen. In der gängigen Pferdehaltung hierzulande ist das nicht mehr möglich, weil den Pferden kaum noch riesige magere Weiden mit einer grossen Pflanzenvielfalt zur Verfügung stehen. Entsprechend wählen Pferdebesitzer oder Therapeuten anhand von Symptomen die dagegen wirksamen Kräutermischungen, Tees oder Extrakte aus. Diese werden verfüttert oder äusserlich angewendet. Bei Sportpferden ist mit Phytotherapie aber Vorsicht geboten. Denn zum Beispiel Baldrian oder der Wirkstoff Capsaicin aus der Chilischote sind dopingrelevant.

Schüssler-Salze
Die Anwendung von Schüssler-Salzen wird manchmal als «abgekürzte homöopathische Therapie» bezeichnet. Dies deshalb, weil bei den Heilmitteln von Wilhelm Heinrich Schüssler im Gegensatz zu den rund Tausend Grundstoffen der Homöopathie nur gerade zwölf Mineralsalze in homöopathieähnlicher Potenzierung zum Einsatz kommen. Schüssler ging davon aus, dass Krankheiten grösstenteils durch einen gestörten Mineralhaushalt entstehen. Durch die Zufuhr dieser fehlenden Mineralstoffe sollen die gesundheitlichen Probleme bekämpft werden. In der Neuzeit werden in der Therapie mit Schüssler-Salzen neben den zwölf ursprünglichen Salzen noch fünfzehn sogenannte Ergänzungsmittel eingesetzt.

Traditionelle chinesische Medizin
Unter der TCM wird oft eine eigenständige Heilmethode verstanden. Sie umfasst aber die ganze ursprüngliche Medizin, wie sie in den letzten 2000 Jahren im asiatischen Raum praktiziert wurde, bevor die moderne Schulmedizin aufkam. Die am meisten angewandten Heilmethoden sind in der TCM die Akupunktur, die Akupressur, die chinesische Arzneimittellehre, die auf sogenannten Rohdrogen – oft sind das aber harmlose Kräuter – basiert und Bewegungsübungen wie Qigong. Pferde profitieren vor allem von Akupunktur und Akupressur. Auch Kräuter-arzneien werden angewendet, es gilt aber, darauf zu achten, dass diese dopingrelevant sein können.

Traditionelle chinesische Medizin.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 44/2018)

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