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Simone Blum und ihre Stute Alice.
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Aus dem Nichts an die Spitze

09.01.2018 11:41
von  Alexandra Koch //

Die Deutsche Simone Blum scheint momentan durch nichts und niemanden zu stoppen bei ihrer Mission, die Springparcours dieser Welt zu erobern. Noch vor einem Jahr nahm man die 28-Jährige international bestenfalls am Rande des Geschehens wahr. Doch dann kam das Jahr 2017 und der grosse Aufstieg von zwei Ladys, die aktuell in aller Munde sind: Blum selbst und ihre Stute Alice. Fast ein bisschen magisch klingt die Geschichte der jungen Bayerin und ihrer Stute, die unter dem Brandzeichen der Deutschen Sportpferde unterwegs ist. So drängt sich der Vergleich auf zu Alice im Wunderland. Nur dass Alice, die elf­jährige Stute, selbst ihrer Reiterin den Weg ins ganz persönliche Zauberreich des Springsports geebnet hat. «Die Saison war für mich unglaublich beeindruckend. Der Nationenpreisfinal in Barcelona war für mich zunächst der krönende Abschluss. Ich hatte nicht gedacht, dass alles noch besser würde kommen können. Doch dann kam Stuttgart und plötzlich waren wir ‘German Master’», lacht die sympathische Frau. «Stuttgart war der absolute Wahnsinn. Es ist ein wirkliches Traumturnier. Aber dass ich auch noch den Titel des ‘German Mas­ter’ 2017 holen konnte, war das i-Tüpfelchen. Es war wirklich ein Hammerwochenende. Ich habe damit mein allererstes Auto gewonnen. Davon träumt vermutlich jeder Reiter. Dazu noch der vierte Platz in unseren ersten Weltcupspringen. Das war für mich das krönende Sahnehäubchen obenauf.» Nach diesem Erfolg gönnte sich Blum erstmals seit Monaten wieder eine kurze Auszeit. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten Hansi Goskowitz, der ebenfalls als Springreiter unterwegs ist, flog sie auf die Malediven. «Dort hatten wir vor Weihnachten auch einmal Zeit, uns richtig zu erholen. Es war herrlich, bei warmen Temperaturen unter den Palmen zu relaxen oder im Indischen Ozean zu tauchen. Wir haben sogar Haie und Schildkröten gesehen. Aber letztendlich war ich dann auch glücklich, meine Pferde wieder zu haben.»

Im vergangenen Jahr durfte sich Simone Blum mit Alice in Balve als Deutsche Meisterin feiern lassen. Sie gewann in der offenen Wertung vor der gesamten männlichen Konkurrenz.

Das Leben durcheinandergewirbelt

Simone Blum gibt zu, dass die Erfolge im Jahr 2017 ihr Leben ganz schön durcheinandergewirbelt haben. Denn eigentlich war die Bayerin eher bei kleineren Veranstaltungen unterwegs. Hö­hepunkt des Jahres waren meist die Deutschen Meis­terschaften der Damen. Doch in diesem Jahr trat sie nach dem Sieg bei den Damen im ver­gangenen Jahr bei den Herren respektive den offenen Deutschen Meisterschaften an – und siegte. Ein Triumph, der vor ihr nur Meredith Michaels-Beerbaum, bekanntermassen bis heute die erste und einzige Frau an der Spitze der Weltrangliste, gelungen war. «Der Titel des Deutschen Meisters bei den Herren ist natürlich etwas ganz, ganz Besonderes. Dass ich dies als zweite Frau neben Meredith geschafft habe, ist eigentlich fast unglaublich. Wahnsinn! Ich glaube, ich kann es immer noch nicht ganz realisieren. Es hatte in Balve einfach alles richtig gut geklappt an dem Wochenende. Aber zu dem Wettbewerb ‘Deutsche Meisterschaft der Herren’ möchte ich noch sagen, dass wir Frauen zwar deutlich in der Unterzahl sind bei dieser Konkurrenz. Aber ich glaube, jeder hat die gleichen Chancen und ich bin nicht so sehr stolz, dass ich als Frau Deutscher Meister geworden bin, sondern dass ich das überhaupt geschafft und den Sieg davongetragen habe», betont die zielstrebige Reiterin. Nach den Deutschen Meisterschaften folgte der CHIO in Aa­chen, den sie ebenfalls mit etlichen Erfolgen krönte und sich so gar nicht von der grossen Arena und Kulisse einschüchtern liess. Im Gegenteil: «Es war immer mein Traum gewesen, in Aachen reiten zu können. Diesen Traum konnte ich mir nun erfüllen und wollte das auch in vollen Zügen geniessen.» Bei derartigen Leistungen war die Nominierung für die deutsche Mannschaft der Europameisterschaften in Göteborg (SWE) die logische Folge. Allerdings blieb Blum am Ende die Rolle der Ersatzreiterin. Doch in dieser konnte sie am Rahmenprogramm teilnehmen – und wurde dort zum erfolgreichsten Reiter des Turniers gekürt. «Eigentlich fand ich es auch ganz gut, dass ich die Möglichkeit hatte, als ‘fünfter Mann’ mit etwas weniger Druck in das Erlebnis hi­neinzuschnuppern. Alice war das ganze Wochenende über richtig gut drauf.» Spätestens jetzt musste Blum ihren Alltag neu organisieren: «Dadurch, dass wir auch wirklich weit fahren mussten, waren wir ziemlich viel weg von zu Hause. Meist war nur Alice oder manchmal noch mein Oldie Flying Boy dabei. Die jungen Pferde kamen deshalb etwas zu kurz, denn ich konnte nicht immer die ganzen Youngster – von denen wir gerade ziemlich viele haben – mitnehmen. Hansi reitet normalerweise mehr die jungen Pferde, aber zu den wirklich wichtigen Turnieren wollte und sollte er mich natürlich auch begleiten. Von daher war es in diesem Jahr schon schwieriger als vorher, alles unter einen Hut zu bekommen. Aber am Ende hat es doch geklappt. Wir mussten viel organisieren, dass immer genug Leute zu Hause da waren. Für uns war es auch stressiger, da wir nur zwei, maximal drei Tage für die anderen Pferde in diesen Wochen hatten. Es war einfach ungewohnt und darum auch hart für uns. Aber im Laufe der Saison haben wir uns immer besser daran gewöhnt. Wir haben zu Hause ein super Team, das hinter uns steht. Wann immer es möglich war, gingen wir mit den jungen Pferden auf Turniere, damit sie auch in dieser Saison weiterkommen und ausreichend lernen. Ich glaube, alles in allem sind wir nun zum Ende des Jahres hin auch sehr zufrieden mit der Entwicklung aller unserer Pferde.»

Simone Blum mit ihrem Lebensgefährten Hansi Goskowitz.

Alice Superstar

Die Stute Alice selbst ist für Simone etwas ganz Besonderes. «Wir haben sie vor drei Jahren gekauft. Damals war sie sieben Jahre alt. Mein Freund Hansi Goskowitz hatte sie bei ihrem damaligen Besitzer ausprobiert und schrieb mir daraufhin, dass er genau mein Pferd gesehen hätte. Er überredete dann die Besitzer, dass sie die Stute zu mir bringen würden, damit ich sie ausprobieren könnte. Als ich sie aus dem Hänger steigen sah, war das schon ein wenig Liebe auf den ers­ten Blick für mich. Ich hatte mich sofort in ihren Typ verliebt. Als ich sie dann geritten habe, war sie wirklich wild. Hansi rief nur ‘brr, brr’, weil sie so losging. Aber am Sprung bemerkte ich sofort, dass dieses Pferd grenzenloses Vermögen hat und dass es einfach super passt zwischen uns. Am nächsten Tag ritt ich sie nochmal. Sie blieb dann gleich bei uns und der Kauf war perfekt. Dass wir das erreichen könnten, was wir mittlerweile erreicht haben, daran hatte ich damals wohl nicht gedacht.» Wie eine richtige kleine Diva kann ihre Alice manchmal sein, lacht Simone Blum. Und sie hat so einige Besonderheiten. «Alice liebt Mangos, das ist wohl wirklich charakteris­tisch. Wir hatten das einmal angefangen, da wir bemerkten, dass sie Leckerlis mit Mangogeschmack mochte. Dann bekam sie eine nach einer Platzierung oder Nullrunde. Mittlerweile sind es ganz schön viele Mangos geworden. Und sie bekommt auch nur das Beste vom Besten in dieser Hinsicht. Nach jedem Erfolg gibt es eine Flugmango. Fressen ist überhaupt ganz toll für sie. Da steht sie drauf, und zwar auf jegliche Art davon. Ansonsten ist Alice vom Charakter her eine kleine Diva. Früher konnte sie gar keine Männer um sich haben, mittlerweile erschreckt sie sich eher vor fremden Leuten. Wenn man sie in der Box besucht und sie hat gerade keine Lust dazu, zeigt sie das auch deutlich. Beim Putzen kann sie auch ungeduldig werden und stampft dann richtig fest in den Boden und legt die Ohren an. Andere Pferde sieht sie häufig als Konkurrenten. Die sollten sich meist lieber fernhalten, denn in dieser Hinsicht ist mit ihr nicht gut Kirschen essen. Ich sage immer, sie ist eine kleine Seeschlange.»

Gemeinsam von Erfolg zu Erfolg: Simone Blum und Hansi Goskowitz.

Alice Superstar: Simone Blum und ihr Liebling.

Simone Blums Pferde geniessen in Bayern die tolle Infrastruktur mit hellen Stallungen.

Traum von der inter-nationalen Medaille

Auch das Thema Weltreiterspiele in Tryon hat Simone Blum in Bezug auf 2018 natürlich im Hinterkopf. Eine Medaille bei einem internationalen Championat zu gewinnen, das wäre ein Traum, gibt sie zu. In der Schweiz hat sie im vergangenen Jahr auch internationale Turnierluft geschnuppert und beim Turnier in Lausanne ihren ers­ten Fünfsternsieg gefeiert. «Man fiebert immer auf den ersten Einsternsieg hin, dann auf den ers­ten Zweisternsieg, irgendwann dann den Drei- und Viersternsieg. Dass ich es nun wirklich so weit gebracht habe und auch noch dieser Fünfsternsieg hinzukam, war einfach super. Das Turnier war einfach traumhaft. Die Lage am Genfersee ist richtig schön. Auch die Organisation war super. Meine Stute Alice hat sich dort super wohl gefühlt und deshalb hat vermutlich am Ende alles gepasst.» Wirklich häufig hat es sie noch nicht in die Schweiz gezogen, gibt sie zu, auch wegen des Aufwandes rund um das Carnet. «Aber ich möchte unbedingt wieder in der Schweiz reiten, denn in Sachen Organisation sind die Turniere dort alle ganz weit vorn dabei.»

Pferdevirus von Geburt an

Sie liebt ihr Leben im Süden Deutschlands und vor allem die Berge vor der Haustüre, berichtet Simone Blum, die als Tochter des Vielseitigkeitsreiters und Olympiateilnehmers Jürgen Blum aufwuchs und schon immer Pferde als ihre grosse Leidenschaft auserkoren hatte. «Ich glaube, mit drei Jahren hatte ich mein erstes altes Pony, mit dem ich meinem Papa hinterhergeritten bin. Es war ganz brav und blieb immer stehen, wenn ich wieder mal schief im Sattel sass. Dann konnte ich zurechtrücken und es ging weiter. Den Pferdevirus hatte ich wohl schon bei meiner Geburt in mir drin.» Marcus Ehning ist für sie schon seit vielen Jahren ein grosses Vorbild und Blum ist sehr stolz, dass sie mittlerweile mit ihm in einem Team reiten durfte: «Ich finde es ganz toll, wie er das macht. Auch in seiner Persönlichkeit ist er ein ganz toller Mensch, der immer mit Rat und Tat zur Seite steht.» Während Alice noch ihre Winterpause geniesst, spielen aktuell die Youngs­ter bei Simone Blum die Hauptrolle. Sie möchte auch ihren Nachwuchs bestmöglich fördern. «Wir werden dann vermutlich in Spanien in Oliva Nova wieder einsteigen. Dort kann sie draussen wieder in den Turniersport reinkommen.» Und wenn bis dahin auch mal etwas Freizeit bleibt, dann relaxt Simone Blum gerne mit Partner und Familie auf dem heimischen Anwesen. «Aber wir machen beide auch sehr gern viel mit der Familie. Im Januar geht immer unsere ganze Familie Skifahren, das ist Tradition.»

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 01/2017)

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