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Hautnah: In den Pausen stand Linda Parelli für Autogramme und Fotos zur Verfügung.
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Ausbildung durch Entspannung, nicht durch Druck

13.12.2016 13:07
von  Katja Stuppia //

Anlässlich des 20. Parelli-Tournaments war Linda Parelli zu Gast in Fehraltorf. Im Vorfeld des eigentlichen Jubiläums gab sie am Samstag ein eindrückliches Seminar unter dem Motto «Alltagsprobleme mit Pferden einfach lösen».

Wenn Linda Parelli die Halle betritt, schwappen ihre Energie, ihre Empathie und ihr positives Lebensgefühl förmlich auf jeden über. Wenn man sie dann noch im Zwiegespräch mit den Pferden erlebt, realisiert man, welch einzigartiger Pferdemensch sie ist. Genau dies erlebten rund 500 begeis­terte Seminarbesucher am Samstag in Fehraltorf. Unter dem Motto «Alltagsprobleme mit Pferden einfach lösen» spielte Linda Parelli mit verschiedenen Pferdepersönlichkeiten, die alle bereits nach Natural- Horsemanship-Grundlagen trainiert werden, aber im Alltag eine spezifische Herausforderung haben.

«Sei ein Leader und dein Pferd folgt dir überall hin.» Linda Parelli mit Meret und Stute Sweety.

Vertrauen

Eingangs stellte Linda Parelli den Zuschauern die grundsätzliche Frage: «Was ist wichtig für ein Pferd? Was müsst ihr ihm als Mensch geben können?» Die richtigen Antworten waren schnell gefunden: «Sicherheit, Komfort und Spiel.» Linda Parelli ging näher darauf ein: «Als Leader müsst ihr dem Pferd zuerst Sicherheit vermitteln. Danach suchen Pferde von Natur aus nach Komfort, und Spielen bedeutet in diesem Fall, die Neugierde des Pferdes zu fördern und das Training spielerisch zu gestalten. Ein guter Leader vermittelt zudem Vertrauen, Freundschaft und Respekt. Er hat einen guten Plan und agiert so, dass sogar die Pferde denken, dass er richtig gut ist.» Mit verschiedenen Demo-Pferden veranschaulichte sie anschliessend die Theorie. Egal ob die Pferde Angst vor dem Fliegenspray oder der Entwurmungsspritze haben oder unwillig auf das Putzen reagieren – Linda Parelli brachte es auf den Punkt: «Das Problem liegt nicht beim Fliegenspray oder der Spritze.» Innerhalb weniger Minuten «las» sie das jeweilige Pferd und erklärte den faszinierten Zuschauern: «Ich kommuniziere auf die Art, wie es das Pferd braucht. Jedes Pferd ist anders.» Linda Parelli gelang es an diesem Nachmittag, mit jedem Pferd eine Verbindung aufzunehmen, Vertrauen zu schaffen und den Besitzern wichtige Tipps zu geben. «Sind die Grundbedürfnisse des Pferdes gewährleistet, lösen sich die Probleme von selbst.»

Nach der Session mit Linda Parelli kann sich «Hexe» beim Putzen entspannen.

Kein Druck

So ganz nebenbei lernten die Besucher viel über Linda Parellis eigene Geschichte und darüber, wie sie Pat Parelli kennen- und lieben lernte. Sie, die erfolg­reiche Dressurreiterin aus Australien, kam mit ihrem Pferd einfach nicht mehr zurecht. Helfen konnte ihr niemand, man riet ihr lediglich, das Pferd zu verkaufen, weil es «gefährlich» sei. Verschmitzt meinte sie: «Wie verzweifelt muss eine Dressurreiterin wohl sein, bevor sie sich Hilfe bei einem Cowboy sucht?» Nun, der Cowboy konnte in ihrem Fall tatsächlich helfen. «Von da an wollte ich alles über das Parelli-System lernen und ich bin auch nach bald 30 Jahren immer noch daran.» Dass Sportreiten und Parelli sehr gut zusammenpassen, zeigte Linda Parelli zum krönenden Abschluss. Mit Da Vinci, einem Ausbildungspferd von Parelli-Instruktorin Marion Oesch, demons­trierte Linda ihr neues Trainingskonzept «The Precision Box». Und auch hier zeigte sich: So soll Dressurreiten sein. Ohne Druck und für das Pferd nachvollziehbar aufgebaut. Ein «Spiel» oder wie Linda es nannte: «Ausbildung durch Entspannung, nicht durch Druck, und dadurch Komfort finden.» Wie landläufig oft angenommen, wird auch bei Parelli mit Trense geritten. Dazu hielt Linda Parelli treffend fest: «Das Pferd hasst nicht die Trense, sondern die Hände des Reiters, wenn sie hart sind.» Ihr abschliessendes Fazit liess die begeisterten Seminarbesucher noch einmal besonders laut klatschen: «Dressur ist weder Rollkur noch ein Kampf, sondern ein harmonischer Tanz zwischen Mensch und Pferd.»

(Erschienen in der PferdeWoche)

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