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Das Pferd dehnt sich vorwärts-abwärts und das Hinterbein fusst aktiv ab.
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Die perfekte Ergänzung für die Ausbildung

28.04.2015 14:35
von  Anne Schmatelka //

So gut wie jeder Reiter versucht sein Pferd möglichst vielfältig und abwechslungsreich zu trainieren. Eine effektive Alternative zum Reiten ist die Doppellonge. Mit ihr kann das Pferd Takt, Losgelassenheit, Anlehnung schon bei der Grundlagenarbeit erreichen. Die Doppellonge bietet Reiter und Pferd eine tolle Alternative, um die Arbeit mit dem Pferd noch abwechslungsreicher zu gestalten. Sie kann in allen ­Disziplinen und Sparten des Pferdesports eingesetzt werden und ist ergänzend für die Ausbildung eines Pferdes unter dem Reiter.

Abwechslungsreiche und vielseitige Ausbildung ist für die Ausgeglichenheit und die Gesunderhaltung eines Pferdes sehr wichtig. Durch eine vielseitige Ausbildung mit kontrollierten Geländeritten, dressurmässiger Ausbildung, Cavalettiarbeit, Spring-Gymnastik und Doppellonge erhält man die natürliche Bewegungsfreude eines Pferdes und Pferd und Reiter haben gleich doppelt Spass an ihrer gemeinsamen Arbeit. Wie auch beim Reiten gibt es bei der Arbeit mit der Doppellonge einige wichtige Grundlagen zu beachten. Hierzu gehören unter anderem die richtige Aus­rüs­tung, die Einteilung der Doppellongenarbeit in die einzelnen Arbeitsphasen und die zu gebenden Hilfen, um eine Kommunikation mit dem Pferd zu gewährleisten.
Voraussetzung, um mit der Doppellonge sinnvoll zu arbeiten, ist die Technik des Longierens zu erlernen. Dabei ist die Handhabung der Ausrüstung (Longe, Peitsche) Grundvoraussetzung, um die Arbeit mit der Doppellonge aufzunehmen. Wenn man noch keine Erfahrungen mit der Doppellonge gemacht hat, ist es sinnvoll, die ersten Übungen zusammen mit einem erfahrenen Trainer und einem schon routinierten Pferd zu absolvieren. Das reduziert das anfängliche Chaos mit den vielen Leinen ungemein. Zur Ausrüs­tung der Doppellonge ge­hören eine Longe, ein passender Sattel und/oder Longiergurt, eine ausreichend lange Longierpeitsche und vernünftiger Beinschutz für das Pferd zum Schutz vor Verletzungen.

Die Hilfen

Als Hilfen bezeichnet man beim Longieren, ebenfalls wie beim Reiten, ein korrektes Zusammenwirken der Hilfen zum richtigen Zeitpunkt. Beim Longieren stehen dem Longenführer einige Hilfen zur Verfügung: die Stimme, die Peitsche und die Longe. Die richtig gegebenen Hilfen führen dann wie beim Reiten auch zur Losgelassenheit des Pferdes.

Die Hilfen kann man am besten von einem Doppellongen-Könner erlernen. Dieser zeigt einem Longenhaltung und Führung.

 

Stimmenhilfe

Die Stimme kann beim Longieren sehr unterschiedlich eingesetzt werden. Sie kann sowohl als treibende oder auch als beruhigende Hilfe genutzt werden. Vorzugsweise sind immer gleichlautende Worte, wie ein energisches «Galopp» oder ein langegezogenes «Haaallltt» zu benutzen, damit die Pferde die Chance haben, sich die Laute schnell einzuprägen und so ein effektives Training mit geringem Aufwand möglich ist.

Peitschenhilfe

Die Peitsche hat je nach Gebrauch sowohl eine treibende Wirkung als auch eine nach aussen weisende Wirkung. Wichtig ist, dass das Pferd keine Angst vor der Peitsche hat. Trotzdem sollte das Pferd nicht abgestumpft sein und einen gewissen Respekt gegenüber der Peitsche mitbringen. Der Longenführer sollte zu jedem Zeitpunkt in der Lage sein, die Peitsche richtig zu händeln, denn nur so kann die Peitsche gezielt eingesetzt werden, ohne das Pferd zu verunsichern.

Longenhilfe

Die Longenhilfe ist der Zügelhilfe sehr ähnlich. Sie sollte genauso feinfühlig und korrekt ausgeführt werden, wie auch beim Reiten. Ziel ist es, mit gefühlvoller Einwirkung eine konstante Verbindung zum Pferdemaul zu halten, damit das Pferd sich am Gebiss abstossen kann, es annehmen kann und lernt, sich selbst zu tragen. Im Idealfall hat der Longenführer dann nur noch das Gewicht der Longe in der Hand und das Pferd reagiert auf kleinste Hilfen.

Die Longenhilfe ist wie die Zügelhilfe beim Reiten. Sie sollte zur richtigen Zeit in der richtigen Dosierung erfolgen.

Bezüglich der Handhabung der Longe gibt es keine Vorschriften, jedoch haben sich einige Handgriffe als sehr sinnvoll und benutzerfreundlich erwiesen. Für den Anfänger und auch für das junge Pferd lässt sich die beidhändige Führung der Doppellonge empfehlen. Hierbei verläuft die Longe in beiden Händen exakt gleich, die Longe liegt zwischen dem kleinen Finger und dem Ringfinger in der geschlossenen Hand. Mit dieser Führung lassen sich sowohl halbe als auch ganze Paraden sehr gut und einfach ausführen. Bei der einhändigen Führung, die jedoch eher für fortgeschrittene Longenführer geeignet ist, sieht die Grundhaltung wie folgt aus: die linke Longe läuft zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger entlang und die rechte Longe zwischen dem Ringfinger und dem Mittelfinger. Bei dieser Technik reicht ein leichtes Eindrehen der Hand, damit eine sanfte halbe Parade am Gebiss ankommt.

Das Zusammenwirken der Hilfen

Sowohl bei der einfachen Longiertechnik als auch bei der Doppellonge ist es sehr wichtig, auf den Gang des Pferdes achtzugeben. Die Hinterhand sollte stets sehr fleissig sein, die Hinterbeine aktiv abfussen, damit das Pferd von hinten nach vorne an das Gebiss herantritt. Dabei sollte man stets darauf achten, dass das Pferd nicht eilig oder im Hals eng wird. Das korrekte Zusammenwirken der oben genannten Hilfen des Longenführers ist beim Longieren genauso erforderlich und wichtig, wie auch beim Reiten.

Tipp: Wenn das Pferd die Arbeit an der der Doppellonge gerade erst lernt, kann es jedoch vorkommen, dass es sich nach vorwärts-abwärts dehnt. Dann sollte man es fleissig vorwärts treiben, bis die Hinterbeine wieder aktiv durchtreten und das Pferd mit der Nase wieder an die Senkrechte kommt – genau wie beim Reiten auch.  Die Hilfen sollten stets gefühlvoll und der Situation entsprechend gegeben werden, um ein losgelassenes Pferd zu erhalten. Damit das Pferd im Genick nachgibt und sich da stellen lässt, muss der Longenführer alle zwei bis drei Tritte halbe Paraden geben. Hierzu wird das Pferd durch die treibenden Hilfen immer wieder aktiviert und an die durchhaltenden Longenhilfen herangetrieben. Gibt das Pferd infolge dessen im Genick nach und lässt die Hilfen durch, muss der Longenführer sofort weich werden in der Hand und etwas nachgeben, damit das Pferd erkennt, dass es richtig war. Dies verhindert, dass das Pferd sich im Genick und im Hals fest macht.
Um Stellung und Biegung des Pferdes zu verbessern, weist man mit der langen Longierpeitsche in Richtung der Schulter des Pferdes, um ihm die Stellung zu signalisieren. Gleichzeitig dreht man die innere Hand leicht ein, gibt also eine halbe Parade, um so das Pferd richtig zu stellen. Hierbei ist sehr wichtig, nach dem Annehmen der Longe wieder nachzugeben, damit eine leichte Anlehnung bestehen bleibt und ein Ausfallen der äusseren Schulter ausbleibt.

Erstes Anlongieren des Pferdes

Beim ersten Anlongieren eines Pferdes mit der Doppellonge ist es sehr wichtig, darauf zu achten, dass es keine Gefahrenzonen gibt. Das Pferd soll der Arbeit mit der Doppellonge mit Vertrauen entgegentreten. Während der Gewöhnungsphase strebt man nach den ersten drei Zielen der Ausbildungsskala: Takt, Losgelassenheit und Anlehnung. Bei verkrampften Pferden oder gehfreudigen Pferden hat es sich als hilfreich erwiesen, sie erst einmal an einer einfachen Longe zu longieren, damit sie ihren Übermut loswerden können und so konzentriert an der Arbeit mit der Doppellonge teilnehmen können. So ist gewährleis­tet, dass alle Beteiligten entspannt und mit Freude an eine neue Herausforderung, wie die Doppellonge, herangehen können.

Beim ersten Anlongieren eines Pferdes kann es schon mal «sportlich» zugehen. Die Stute ist sichtlich irritiert über die Longe an den Hinterbeinen. Es kann sinnvoll sein, die Peitsche abzulegen und sich zum Schutz vor Ausbrechen mit Flatterband und Hindernisständern einen Begrenzung des Platzes zu bauen.

Die Bodenbeschaffenheit sollte ebenfalls kontrolliert werden. Am besten geeignet ist ein Longierzirkel oder eine Longierhalle. Am wichtigs­ten ist ein rutschfester Belag, damit das Pferd im Notfall nicht wegrutschen und sich verletzen kann. Falls kein Longierzirkel oder keine Longierhalle vorhanden ist, kann man sich einfach auf dem Reitplatz oder in der Halle einen Longierzirkel mit rotem Flatterband und Sprungständern abtrennen. Man sollte bei der Arbeit mit der Doppellonge immer sehr vorausschauend denken und handeln. Bis das Longieren mit der Doppellonge durchgehend sicher und kontrolliert abläuft, ist es sinnvoll, immer einen Helfer dabeizuhaben. Situationen wie Einwickeln in der Longe oder unvorhersehbars Drehen lassen sich einfacher und schneller mit einem Helfer lösen.

Erster Lernschritt

• Man beginnt immer auf der Seite, auf der es dem Pferd leichter fällt.
• Zunächst empfiehlt es sich, die innere Longe vom Trensenring zum Gurt anzulegen. Durch diese Art der Befestigung wird das Pferd auf der Zirkellinie geführt.
• Die äussere Longe wird nun über den Sattel gelegt und verläuft dann vom Gurt zum Trensenring. Zum Beginn sollte alles so befestigt werden, dass es nicht verrutschen kann und das Pferd nicht verunsichert wird.
• Durch die korrekte Führung der inneren Longe bleibt das Pferd sicher auf der gebogenen Zirkellinie. Durch die äussere Longe bricht das Pferd dementsprechend nicht mit der äusseren Schulter aus. Legt man die äussere Longe über den Sattel oder Gurt, wird verhindert, dass sich das Pferd bei den ers­ten Versuchen mit den Hinterbeinen in der Longe verheddert.

Pferde lernen schnell auch an der Doppellonge ruhig und entspannt stehenzubleiben.

 

Zweiter Lernschritt

• Sobald das Pferd entspannt läuft und konzentriert bei der Arbeit ist, kann man die äussere Longe nun um die Hinterhand führen.
• Das Pferd wird angehalten und vom Helfer während der Umlage der Longe festgehalten. Damit es nicht zu gefährlichen Situationen kommt, wird das Pferd vom Helfer beruhigt. Jedes Pferd reagiert anders, seien Sie darauf vorbereitet.
• Wichtig ist, dass das Pferd in keiner Sekunde aus den Augen gelassen wird, damit mögliche Reaktionen schon im Vorfeld unterbunden werden können.
• Trotzdem sollte man darauf achten, dass die Lon­ge immer etwas durchhängt, um dem Pferd eine entspannte und sichere Umgebung zu vermitteln.
• Die äussere Longe sollte immer locker durchhängen, da sie schnell Spannung auf den Pferdekörper bringt. Ausserdem bringt eine zu stramme äussere Longe das Pferd in eine schiefe/traversartige Stellung, was nicht zielführend ist. Die Hinterhand kommt fehlerhaft automatisch nach innen.
• Sollte das Pferd am Anfang mit grosser Gehfreude an der Longe eilig werden, so lässt man die Longe einfach locker hängen und beruhigt das Pferd mit sanfter Stimme. Ein leichtes Annehmen und Nachgeben der Longe vermittelt dem Pferd die Verbindung. So gelingt ein kontrolliertes und sanftes Einfangen.

Dritter Lernschritt

• Jetzt wird die innere Longe so umgehängt, dass sie ebenfalls vom Gurt zum Gebiss verläuft – ähnlich wie beim normalen Longieren.
• Nicht zu vergessen ist zwischendurch immer wieder das Loben und mit beruhigender Stim­me mit dem Pferd zu kommunizieren, damit es unaufgeregt bleibt.
• Nun ist es Zeit, das Pferd ruhig zu longieren. Sobald es beginnt abzuschnauben und man das Gefühl hat, Einfluss auf den Bewegungsablauf nehmen zu können, kann man vorsichtig beginnen, das Pferd zu stellen und zu biegen.
• Sobald sich das Pferd dann loslässt ist die erste Übungseinheit zu beenden. Dann hat man das Training mit einem grosser Erfolg beendet.
• Durch abschliessendes Loben und eine Belohnung wird das Vertrauen in dieser Übung gefes­tigt.

Drei Tipps zum Schluss

Sollte sich das Pferd in der Anfangszeit nach aussen stellen, bekommen sie kei­ne Panik. Jungen und unerfahrenen Pferden fällt es am Anfang der Ausbildung schwer, sich auf einer gebogenen Zirkellinie einzustellen. Durch die Aussenstellung können sie sich besser ausbalancieren. Soll­te es passieren, dass die Longe unter den Schweif rutscht, so ist ein sofortiges Lockerlassen der Longe erforderlich, damit es nicht zu einer Angstreaktion kommt und das Pferd den Schweif entspannt und die Longe wieder freigibt. In jeder Situation sollte immer die Ruhe bewahrt werden. Kommt es zu Unsicherheiten, geht man wieder einen Schritt zurück und beginnt die Aufgabe erneut.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 16/2015)

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