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Trudy und Willy Gerber im Trophäenzimmer.
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Ein Leben für die Pferde und die klassische Reitkunst

21.02.2017 13:35
von  Barbara Scheidegger //

Im November 2016 hat Trudy Gerber im NPZ in Bern zum letzten Mal eine Dressurprüfung gerichtet. Nach über 40 Jahren tritt Trudy Gerber nun als Richterin zurück. Die aktive, aufgestellte, sympathische und nie um einen flotten Spruch verlegene 75-Jährige ist durch und durch eine Pferdefrau.


Besonders die klassische Reitkunst hat es der gebürtigen Österreicherin angetan – kein Wunder, ist ihr Vater doch der berühmte Georg Wahl. Geboren wur­de Gerber 1941 in Kärnten und wuchs dort mit vier Geschwistern auf einem Landwirtschaftsbetrieb auf. Schon früh hatte sie ein Pony und dank ihrer fröhlichen, offenen Art war sie stets von einer grossen Kinderschar umgeben. Nach der Schulzeit machte Gerber eine Lehre als Köchin. Als 19-Jährige folgte sie ihrem Vater in die Schweiz. Wahl hatte 1955 die städtische Reitschule in Bern übernommen. Zuerst arbeitete sie zwei Jahre in Brienz als Köchin. Dann folgten von 1962 bis 1968 die reiterlich prägendsten Jahre, als sie bei ihrem Vater als Bereiterin und Reitlehrerin arbeitete und sich so die Grundlage für ihre spätere berufliche Tätigkeit schuf. Nebst der Arbeit in der «Städtischen» war Gerber auch noch im Fruchthof Berger als Verkäuferin angestellt. Dort lernte sie auch ihren späteren Mann Willy kennen, der als Chauffeur im Fruchthof arbeitete und sich durch sie auch mit dem Pferdevirus ansteckte.

In allen Sätteln zu Hause

Nachdem Georg Wahl wieder als Oberbereiter an die Spanische Hofreitschule zurück berufen worden war, machte sich Trudy Gerber selbstständig. Zuerst führte sie einen Ausbildungs- und Reitstall in Münsingen, von 1976 bis 2016 dann den bekannten Dressurstall Gerber in Aarberg. Sie war in allen Sätteln zu Hause, bis Willy der nun zweifachen Mutter nach einem bösen Springunfall in Tramelan  ein Springverbot erteilte. Was lag näher, als sich nun intensiver der Sparte Dressur zu widmen? Zusammen mit Willy, der nun auch vollamtlich als Reitlehrer arbeitete, wurde die Reitschule in Aarberg Schritt für Schritt aufgebaut. Daneben war Gerber viel im Dressursattel unterwegs.

Gerber war in allen Sätteln zu Hause, hier in der Military.

Gerber auf San Remo in einer Dressurprüfung.

Sie stellte ebenso gerne junge Pferde in Aufbauprüfungen vor, wie ihre Spitzencracks in S-Prüfungen. Zahlreiche Erfolge in In- und Ausland durfte sie feiern. Die vielen Pokale und Preise in ihrer Wohnung sind immer noch Zeugen ihres grossen Erfolges. Ein eigentliches Lieblingspferd gab es für die Pferdenärrin nie. Sie hat alle Pferde sehr gerne und versuchte, aus jedem das Beste herauszuholen. «Nicht jedes Pferd gewinnt ein St. Georg, aber jedes Pferd kann man so weit ausbilden», ist ihr Credo. Unzählige Reitschüler sind in den vergangenen 40 Jahren in Aarberg ausgebildet worden. Gerbers haben sprichwörtlich für Ross und Reiter gelebt. Willy Gerber war vor allem für den Unterricht an der Longe zuständig und erst, wenn der Sitz wirklich unabhängig war, durften die Schüler alleine reiten. Für die besseren Schüler standen auch die eigenen Turnierpferde für Lizenzprüfungen zur Verfügung. Gerber gab stets mit Herzblut ihr Wissen an motivierte Schüler weiter. Ihre zupackende, aufgestellte und herzliche Art bescherten ihr auch Engagements als Trainerin in Amerika, Kolumbien und Brasilien.

Dressurrichterin

Parallel zu ihrer aktiven Dressurkarriere hat sie mit dem Amt als Dressurrichterin begonnen. Dank ihrer guten Leistungen wurde sie damals angefragt und diese Tätigkeit hat sie nun lange Jahre begeistert und mit ganz viel Sachverstand ausgeübt. 

Trudy Gerber im Einsatz als Richterin im ZKV-Final 2016.

Vielgeliebter und treuer Begleiter Asti.

Fast so gerne wie Pferde hat Trudy Gerber auch Hunde, meist war sie in Begleitung eines Vierbeiners, die sie natürlich wie ihre Pferde ebenso gut und gerne erzogen hat.

Leben für die Pferde

Nun war es dieses Jahr an der Zeit, den Dressurstall Gerber zu schliessen. Sehr gerne hätte ihr Sohn Roland, ein ebenfalls sehr talentierter Reiter, den Betrieb übernommen, jedoch machte die Gesundheit seiner Frau den Gerbers einen Strich durch die Rechnung. Somit wurde schweren Herzens der Stall – das Lebenswerk von Trudy und Willy – aufgegeben.

Gerber in den 60er-Jahren beim Unterrichten.

Trudy Gerber blickt gerne auf die vergangenen 40 Jahre zurück, die Familie habe am selben Strick gezogen und für die Pferde gelebt, dennoch freut sie sich nun auf eine etwas ruhigere Zeit mit mehr Schlaf und mehr Zeit zum Reisen. Denn zum alten Eisen gehört Trudy Gerber noch lange nicht. Einige ausgewählte Schüler betreut sie immer noch und so wird man Trudy Gerber wenn auch nicht mehr am Richterpult doch immer noch auf den Turnierplätzen antreffen. Zum Glück – denn ihre Art ist unverwechselbar und einfach liebenswert.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 7/2017)

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