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So sind die reiterlichen Ausbildungen heute aufgebaut.
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Ein «Update» der Ausbildungsstrukturen

09.01.2018 13:51
von  Chantal Kunz //

Das Brevet soll zeigen, dass man als Reiter über Grundwissen und ein reiterliches Grundniveau verfügt. Jedoch gibt es auch Personen, die mit Pferden zu tun haben, jedoch nicht reiten. Für diese ist das Brevet also eine zu grosse Hürde. Einige Brevet-Absolventen jedoch verfügen auch nach Bestehen der Prüfung über zu wenig Wissen für eine Teilnahme an Wettkämpfen. Deshalb hat sich der Schweizerische Verband für Pferdesport (SVPS) nun dazu entschlossen, die Ausbildung im Pferde­sport anzupassen. Die Neuerungen treten ab 2019 in Kraft. Reiten will gelernt sein. Und was man gelernt hat, will man auf dem Papier bestätigt haben. Dazu dienen die verschiedenen Ausbildungen des Schweizerischen Verbands für Pferdesport (SVPS). Beginnend beim Brevet über Silber- und Goldtest bis hin zu den Lizenzen der verschiedenen Disziplinen. Die Ausbildungen zeigen zum einen, auf welchem reiterlichen Niveau sich die Sportler befinden. Ausserdem geben sie ihnen die Starterlaubnis für die entsprechenden Turnierstufen. Der erste Schritt in der Reiterkarriere ist das Brevet. Es ­existiert seit 27 Jahren und ist in einen für alle gültigen allgemeinen Teil sowie Disziplinen spezifisch in Klassisches Reiten, Gangpferdereiten, Westernreiten und das Fahrerbrevet unterteilt. Nach und nach kamen weitere Tests hinzu oder bestehende wurden professionalisiert. Stand heute wird das Brevet, der Silber- und Goldtest sowie die Lizenz für Springen, Dressur, Fahren, TREC und Endurance angeboten. Der Silbertest war für CC-Reiter bestimmt und berechtigte zu Starts bis zum Niveau B1. Der Goldtest wird im Klassischen Reiten angeboten und kann auch als Prüfung für die Springlizenz ausgeschrieben werden.

Das neue Konzept, welches ab 1. Januar 2019 in Kraft tritt.

Änderungen sind gefordert

Nun, nach 27 Jahren, besteht der Wunsch des SVPS-Vorstands, der Disziplinverantwortlichen, den Regionalverbänden und Mitgliederverbänden nach einer Veränderung. Dazu gibt es mehrere Gründe. Zum einen sei das Brevet für viele Personen eine zu grosse Hürde, heisst es beim SVPS. Dabei sollte nicht nur an die aktiven Reiter gedacht werden. Oft helfen Familienmitglieder oder Freunde aus, welche nicht reiten, aber mit den Pferden Bodenarbeit oder Spaziergänge machen. Auch dazu sollte ein Grundwissen über Pferde und deren «Handhabung» vorhanden sein. Es liegt aber auf der Hand, dass für solche Personen ein Brevet, wo kleine Sprünge gefordert werden, zu schwierig ist. «Einerseits könnten durch eine Grundbildung dieser Personen Unfälle verhindert werden, andererseits ist es positiv für alle Reiter. Personen, die ein Teil ihrer Freizeit mit Pferden verbringen, sollten sich auch ausbilden lassen können, den sicheren Umgang mit dem Pferd lernen und üben und die Verhaltensregeln im öffentlichen Raum anwenden», sagt Heidi Wolf, Präsidentin der Grundausbildungskommission (GAKO) des SVPS. Ein weiterer Punkt, der für eine Veränderung spricht, ist, dass das Niveau für eine Wettkampfteilnahme mit dem Brevet zum Teil zu gering ist. Dies variiert natürlich von Reiter zu Reiter. Ein Brevet kann vor Jahren absolviert worden sein, wenn danach aber kein Reitunterricht genommen wurde, ist das Niveau entsprechend tief. Ein Brevet zu haben garantiert also noch kein reiterliches Können, wobei natürlich eine Grundbildung da ist. Wenn diese aber sehr lange nicht genutzt oder vertieft wird, stagniert das Wissen oder geht wieder verloren. Ein dritter Punkt, welcher zu einer Änderung drängt, sind die nicht vorhandenen Weiterbildungsmöglichkeiten für «Nicht-Wettkampfsportler». Die Inhalte des bisherigen Brevets entsprächen zu wenig den Anforderungen, um an Wettkämpfen teilzunehmen, sagt Heidi Wolf. Damit ist zum Beispiel die Anzahl Hindernisse, die Linienführung, die Hilfengebung bei Dressurlektionen, das Verhalten auf dem Abreitplatz, Anmeldeverfahren und Infos zu den Reglementen gemeint. Auch in den anderen Tests gibt es Mankos. So wird der Goldtest nur im Klassischen Reiten angeboten, kann auch als Prüfung für Springlizenz ausgeschrieben werden und ist dementsprechend sehr anspruchsvoll für Reitschulbetriebe mit Schulpferden.  

Klare Ziele stehen im Fokus

Nun sollen die Ausbildungsstufen überarbeitet und angepasst werden. Das Ziel dieses Projektes ist der Aufbau einer Pferdelobby, einer gesamtschweizerischen Lösung zur Ausbildungsstruktur und eine Motivation für Nicht-Wettkampf-Interessierte zur Grundausbildung. Zudem soll das Projekt das korrekte und sichere Verhalten im öffentlichen Raum, die Sensibilisierung gegenüber der Öffentlichkeit, die Ethik und den Tierschutz fördern. Ein solches Projekt erfordert Zusammenarbeit. Dazu sind Arbeitsgruppen gebildet worden. In diesen Gruppen arbeiten Mitglieder der Grundausbildungskommission des SVPS, Regionalverbände, Disziplinverantwortliche des SVPS, Freizeitreiterverband, Parelli Schweiz und weitere an der Anpassung des Brevets. «Ich bin sehr froh über diese Zusammenarbeit, denn sie bringt einen regen Austausch und verschiedene Meinungen mit sich», so Wolf.

Die Neuerungen kurz zusammengefasst.

Das neue Konzept

Neu gibt es drei Stufen der Ausbildung des SVPS, beginnend bei der «Grundausbildung Pferd Schweiz». Diese ist gegliedert in zwei Teile. Einerseits in Theorie, Umgang mit dem Pferd, Bodenschule und Führen im öffentlichen Raum und andererseits dem Reiten oder Fahren inklusiv Reiten/Fahren im öffentlichen Raum. Wer nur den ersten Teil abschliessen möchte, kann dies neu mit dem Attest machen. Wer die gesamte Grundaus­bildung erfolgreich ab­schliesst, erhält das Diplom. Das Diplom wiede­rum berechtigt zur Teilnah­me am Brevet und später an der Lizenz. Neu können sämtliche Reitweisen zusammen die «Grundausbildung Pferd Schweiz» absolvieren. Die Beurteilungskriterien werden dementsprechend angepasst. Die weiterführende Bodenschule sei für die einen oder anderen Personen noch etwas befremdlich, sagt Heidi Wolf. Sie ist aber überzeugt, dass das Sinn macht und eine Bereicherung für die Grundausbildung ist. Die zweite Ausbildungsstufe stellt in Zukunft das Brevet dar. Es wird vorerst «Kombiniert» – also Dressur, Springen und CC – sowie in den Disziplinen Dressur, Springen, Fahren, Western, Gangpfer­de  und Reiten im öffentlichen Raum angeboten. Die Brevets dienen der Weiterbildung und der Zulassung für den Wettkampfsport in der entsprechenden Disziplin. Sie sind gezielte Vorbereitungen für Starts an offi­ziellen Prüfungen. Die dritte Stufe ist die ­Lizenz. Diese Prüfungen bleiben soweit gleich, ausser, dass eine kombinierte Lizenz (Dressur, Sprin­gen, CC) von der zuständigen Disziplin CC erarbeitet wird. 

Vorgehen

Der SVPS arbeitet nun daran, die Unterlagen der «Grundausbildung Pferd Schweiz» und der verschiedenen Brevets zu erstellen und zu übersetzen. Durch die Änderungen müssen auch die Richtlinien und Weisungen für die Brevets sowie für die neue Grundausbildung überarbeitet beziehungsweise erstellt werden. Ausserdem werden Organisatoren, Ausbilder und Experten geschult, damit diese auf dem aktuellsten Stand sind. Dieses Jahr läuft noch alles wie gehabt und das neue System tritt am 1. Januar 2019 in Kraft.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 01/2017)

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