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Peder Fredricson, Springreiter, Schweden
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«Gold an der Heim-EM wäre fantastisch»

29.11.2016 14:41
von  Florian Brauchli //

Peder Fredricson gewann an den Olympischen Spielen von Rio de Janeiro Silber in der Einzelwertung – für viele eine Überraschung. Der 44-jährige Südschwede sammelte bereits viele Erfahrungen und Erfolge, nun hat er aber im braunen Schwedenwallach All In den perfekten Partner gefunden, um grosse Titel zu gewinnen. Neben dem Reitsport ist Fredricson aber auch ein talentierter Grafiker, der schon zahlreiche Reitsportlogos kreiert hat.

«PferdeWoche»: Peder Fredricson, in der Schweiz sind Sie noch nicht so bekannt wie zum Beispiel Ihr Landsmann Rolf-Göran Bengtsson. Wie sind Sie zum Reitsport gekommen?

Peder Fredricson: Ich habe mit fünf Jahren mit dem Reiten begonnen. Mein Vater war Tierarzt und mein Bruder und ich haben uns schon immer für Pferde interessiert. Wir sind auf einem Bauernhof aufgewachsen und haben dort unsere Ponys geritten. Meine Faszination galt aber lange dem Eventing. 

In der Vielseitigkeit haben Sie auch Ihre ersten olympischen Erfahrungen gesammelt, oder?

Das stimmt, ich habe 1992 als Vielseitigkeitsreiter an den Olympischen Spielen in Barcelona teilgenommen. Ich war erst 20 Jahre alt und hatte nicht viel Erfahrung auf diesem Niveau. Es war eine Riesengeschichte, dort teilnehmen zu dürfen. Ich war nicht so gut vorbereitet und musste wirklich kämpfen.

Wieso haben Sie dann zum Springreiten gewechselt?

Ich habe damals vor 15 Jahren mit «H&M» einen neuen Sponsor erhalten und sie meinten, dass sich Springreiten besser eignen würde, um die Kleidermarke zu repräsentieren. 

Fredricson (l.) auf dem Olympiapodest zusammen mit Nick Skelton (M.) und Eric Lamaze.

In Rio haben Sie nun bereits ihre zweite olympische Silbermedaille gewonnen. Was war das für ein Gefühl?

Es hat sich fantastisch angefühlt. Die erste Medaille holte ich mit dem schwedischen Team 2004 in Athen. Dort war ich als Springreiter noch ziemlich unerfahren. Nun war ich besser vorbereitet und auch bereit für solch einen grossen Anlass. Auch durch die Erfahrungen meiner Frau und meines Bruders wuss­te ich besser, worum es bei Olympischen Spielen geht. Dazu hatte ich in Rio ein wirklich sehr gutes Pferd.

Einige «Insider» hatten Sie als Geheimfavoriten auf der Liste. Haben Sie mit einer Medaille gerechnet?

Ich wusste, ich habe eines der besten Pferde der Welt. Ich war mir sicher, wenn ich nicht zu viele Fehler mache, habe ich die Chance auf eine Medaille.

Wie haben Sie sich für diesen Höhepunkt Olympia vorbereitet?

Man braucht ein gutes Sys­tem und ein gutes Team um einen herum. Ich habe nicht viel anders gemacht. Was man in der Arena macht, ist immer dasselbe, egal ob an Olympischen Spielen oder bei einem «normalen» Turnier. Das Wichtigste ist, nicht zu viel zu verändern, nur weil es ein Grossanlass ist.


Was fühlt sich besser an – eine Teammedaille oder Edelmetall in der Einzelwertung?

Das sind schon zwei verschiedene Erfahrungen. Klar haben wir nach meiner Einzelmedaille alle zusammen gefeiert, alle haben sich mit mir gefreut. Die gemeinsame Freude nach einer Teammedaille ist vielleicht aber noch etwas grösser. Wenn du eine Einzelmedaille gewinnen willst, gibt es einfach viel weniger Platz für Fehler. Wenn du gute Mannschaftskollegen hast, können Fehler auch kompensiert werden.

Wie würden Sie Ihr Silberpferd All In beschreiben?

Er ist ein zehnjähriger Belgierwallach, den ich von Nicolas Philippaerts gekauft habe, als er sieben war. Ich wusste damals schon, dass er ein tolles Pferd wird. Er ist sehr wach und smart.

Ist er – wie man sagt – das Pferd Ihres Lebens?

Ja, dass man kann definitiv sagen.

Auch Ihre Frau Lisen und Ihr Bruder Jens haben bereits an Olympischen Spielen teilgenommen. Sie sind eine richtige Pferdesportfamilie.

Ja, das stimmt. Meine Frau hat aktuell zwar mit dem Springreiten aufgehört, aber sie hat auch schon an zwei Olympischen Spielen teilgenommen. Aktuell sucht sie junge Pferde und bildet diese aus. Wir betreiben zusammen den Sportstall „Grevlunda“ in Österlen, rund eine Stunde östlich von Malmö.

Sind Ihre Kinder auch begeistert von Pferden?

Nein, momentan noch nicht. Mein mittlerer Sohn ist sehr fussballbegeistert. Er will der neue Zlatan Ibrahimovic werden.

Welches Pferd hätten Sie gerne einmal in Ihren Stall?

Das ist schwierig. Ein Pferd ist immer auch gut wegen seines Reiters. Die Kombination muss stimmen. Es gibt so viele, die unter ihrem Reiter fantas­tisch aussehen wie beispielsweise Rolf-Göran Bengtsson und Casall. Aber ich wüsste nicht, ob ich Casall gleich reiten könnte, wie Rolf es tut. 

Schweden-Clique (v. l.): Peder Fredricson (M.) mit Ehefrau Lisen und Rolf-Göran Bengtsson.

Welches ist Ihr Lieblings­turnier?

Als Schwede muss ich fast Falsterbo sagen. Es ist fantastisch, dort zu starten. Alle Freunde sind da und die Atmosphäre ist toll. Aber ich mag auch Göteborg und englische Turniere wie London oder Hickstead. Das liegt vielleicht daran, weil ich als Vielseitigkeitsreiter viel in England unterwegs war. Generall mag ich es, verschiedene Länder zu besuchen, überall ist die Atmosphäre wieder anders und ganz speziell.

Was wissen Sie über die Schweiz?

Ihr habt guten Käse, gute Messer, gute Schokolade und gute Tennisspieler. Daneben natürlich auch gute Reiter wie Steve Guerdat, einer der besten der Welt. Und Kühe!

Ihr grösstes Hobby ist Zeichnen und grafische Kunst. Wie kam es dazu?

Schon als kleiner Junge hat mich das Zeichen und Malen interessiert. Ich habe dann eine Grafikerschule besucht und es hat mich nie mehr losgelassen.

2014 haben Sie einen vom Weltreitsportverband FEI ausgeschriebenen Wettbewerb zur Neugestaltung der Disziplinenlogos gewonnen.

Ja, das stimmt. 2012 wurde ich nicht für die Olympischen Spiele nominiert, also hatte ich in diesem Sommer etwas Zeit. Ich habe einfach mal ein biss­chen herumgespielt und dann meine Vorschläge eingeschickt.

Waren Sie überrascht, als ihr Design von der FEI ausgewählt wurde?

Nein, nicht wirklich (lacht). Ich wusste ja nicht, was die anderen gemacht hatten, aber ich fand meine Vorschläge schon gut. Als sie ausgewählt wurden, war ich schon stolz darauf, aber heute mache ich mir keine Gedanken mehr darüber.


Sie designen auch Logos für internationale Reitturniere?

Ja, zum Beispiel dasjenige der «Sweden International Horse Show» in Stockholm, die gerade letztes Wochenende stattgefunden hat. Es ist ein blaues Pferd mit Flügeln wie Pegasus. Es ist schon cool, wenn man die eigenen Logos jedes Jahr wieder über­all sieht.

Wie kamen Sie auf diese Idee?

Ich hatte die Pegasus-Idee schon länger im Kopf und eines Abends kam meine Frau ins Zimmer, schaute die Skizzen an und sagte, ich soll doch das Pferd von vorne zeichnen. 30 Sekunden später war das Logo fertig. So sieht es viel dynamischer aus.

Wie viele Logos haben Sie schon gezeichnet?

Oh, das sind schon viel zu viele. Es ist für mich ein wunderbarer Ausgleich zum Reiten. Ich bin wäh­rend dem Zeichnen völlig bei mir, in einer ganz anderen Welt.

Nun sind Sie auch für den Titel «Sportler des Jahres» in Ihrem Heimatland vorgeschlagen worden. Was bedeutet Ihnen diese Nominierung?

Es fühlt sich sehr komisch an, weil ich mich eigentlich nie mit anderen Sportlern vergleiche. Es ist aber schön, dass die Menschen unseren Sport wahrnehmen und auch wertschätzen, was wir machen. Es ist sicher eine gute Sache für den Springreitsport in Schweden.

Als was würden Sie arbeiten, wenn Sie nicht Profireiter geworden wären?

Ich hätte mein anderes Hobby zum Beruf gemacht und würde als Grafiker arbeiten.

Welche Ziele streben Sie als Nächstes an?

Das grösste Highlight folgt ja bereits nächstes Jahr mit der Europameisterschaft in meiner Heimat Schweden. Seit ich All In habe, habe ich mich noch mehr auf den Sport fokussiert und dies zahlt sich mittlerweile aus. An der EM in Göteborg Gold zu gewinnen, wäre fantastisch und ich hoffe, mein Pferd ist dann in Topform.

Fredricson kann auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. 

 

 

 

 

 

 

 

 

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 37/2016)

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