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Titelverteidiger Springen: Steve Guerdat gewann 2016 mit Corbinian, in diesem Jahr setzt er auf Bianca (Bild).
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Hattrick für Guerdat?

28.03.2017 16:05
von  Florian Brauchli //

Zum zehnten Mal in der Geschichte des Weltcups der Springreiter findet der Weltcupfinal in den Vereinigten Staaten von Amerika statt. Premiere als Austragungsort feiert Omaha im Bundesstaat Nebraska. Steve Guerdat strebt nach seinen Triumphen in Las Vegas (USA, 2015) und Göteborg (SWE, 2016) seinen dritten Sieg in Folge an. Mit von der Partie sind auch Romain Duguet und Martin Fuchs sowie in der Dressur Marcela Krinke Susmelj. Baltimore (1980), Tampa (1989), Del Mar (1992) und Las Vegas (2000, 2003, 2005, 2007, 2009, 2015) hiessen die bisherigen Weltcupfinalorte in den USA bei den Springreitern, Los Angeles (1995) und Las Vegas (2005, 2007, 2009, 2015) bei den Dressurreitern – nun also die Premiere in Omaha. 

«Tor zum Westen»

Omaha, rund 500 Kilometer westlich von Chicago gelegen, ist mit rund 400000 Einwohnern die grösste Stadt im Bundesstaat Nebraska. Nebraska ist rund fünf Mal grösser als die Schweiz und ist grösstenteils von Landwirtschaft geprägt, weshalb er auch den Übernamen «Cornhusker State» (Maisschäler-Staat) trägt. Daneben ist auch die Schweine- und Rinderzucht von grosser Bedeutung. Omaha – Spitzname «Gateway to the West» – liegt am Fluss Missouri und wurde nach dem Indianerstamm der «Omaha» benannt. Berühmtheit erlangte die Stadt durch die Wild-West-Show von Buffalo Bill und als gegen Ende des Zweiten Weltkriegs ein Küstenabschnitt in der Normandie im Zusammenhang mit der Invasion der Alliierten nach ihr benannt wurde. Bekannte Persönlichkeiten der Stadt sind unter anderen Sänger Fred Astaire, Schauspieler Marlon Brando, Bürgerrechtler Malcolm X oder Gerald Ford, 38. US-Präsident von 1974 bis 1977. Die Austragungsstätte der Weltcupfinals ist das «Century Link Center Omaha» (Bild oben), ein Messe- und Kongresszentrum auf einer Fläche von über 90000 Quadratmeter, das 2003 eröffnet wurde. In der Arena, in der auch Basketball- und Eishockeyspiele stattfinden, finden maximal 19000 Zuschauer Platz. Die Arena liegt im Osten der Stadt, direkt am Missouri, dem längsten Fluss der USA.

Format und Preisgeld

Für die Springreiter beginnt der Weltcupfinal am Donnerstag, 30. März, mit der ersten Prüfung nach Wertung C. Tags darauf bestreiten die Konkurrenten ein Springen nach Wertung A mit Stechen. Gemäss Formel startet der beste Reiter aus den ersten beiden Prüfungen mit null Fehlerpunkten. Die Fehlerpunkte der weiteren Konkurrenten entstehen aus den Punkterückständen. Nach einem Ruhetag folgt dann am Sonntag, 2. April, der grosse Final mit zwei Umgängen. Die bes­ten 30 Reiter sind für die erste Runde des Finals zugelassen. Die Top 20 starten dann noch im zweiten, alles entscheidenden Umgang. Ebenfalls in Runde zwei gehen die Nullfehlerritte aus Runde eins an den Start. Total werden für die Springreiter 1,43 Millionen Euro bereitgestellt. Der neue Weltcupsieger erhält 750000 Euro. Die Dressurreiter bestreiten am Donnerstag den Grand Prix, der mit 25000 Euro dotiert ist. Alle Konkurrenten, die im GP die 60-Prozent-Marke erreicht haben, sind in der Kür startberechtigt. Der Weltcupsieger wird mit 250000 Euro belohnt.

Romain Duguet mit Twentytwo des Biches.

Springen – breites Favoritenfeld

Der Weltcupfinal hat meis­tens seine eigenen Gesetze, oft gewannen nicht die hoch gehandelten Favoriten. Den Sieger der Westeuropaliga, Kevin Staut, muss man aber auf jeden Fall auf der Rechnung haben. Der Franzose zeigte sich mit seinen Pferden in sehr konstanter Form – davon zeugen zwei zweite, zwei sechste und ein siebter Platz in den Weltcupspringen. Der US-Amerikaner McLain Ward, aktuell die Nummer vier der Welt, gilt bei vielen seiner Konkurrenten als «ganz heisses Eisen». Der zweifache Teamolympiasieger hat angekündigt, sein Toppferd, die zehnjährige Belgierstute Azur, zu satteln. Ludger Beerbaum bestreitet in Omaha seinen bereits 21. Weltcupfinal. Der deutsche Routinier konnte den Titel im Jahr 1993 auf Ratina holen. Marcus Ehning hat den Final bereits dreimal für sich entscheiden können. Der deutsche Stilist siegte bereits dreimal – 2003 in Las Vegas (USA) auf Anka, 2006 in Kuala Lumpur (MAS) mit Sandro Boy und 2010 in Genf auf Plot Blue und Küchengirl. Weitere Siegeskandidaten sind Gregory Wathelet (BEL), Simon Delestre (FRA), Scott Brash (GBR), Maikel van der Vleuten (NED) und die mit «Heimvorteil» startenden US-Amerikaner Laura Kraut und Todd Minikus.

Martin Fuchs mit Clooney. 

Die Schweizer

Erfreulicherweise konnten sich bei den Springreitern gleich drei Schweizer für den Final qualifizieren. Neben Steve Guerdat, der als Titelverteidiger gesetzt war, schafften es auch Romain Duguet und Martin Fuchs. Der in Muri bei Bern wohnhafte Duguet sammelte mit einem Sieg in Helsinki (FIN), einem zweiten Rang in Lyon (FRA) und einer weiteren Klassierung 43 Punkte. Fuchs musste bis kurz vor Schluss zittern; erst aufgrund des Verzichts des Deutschen Holger Wulschner und seines Pferdes Skipper rutschte er vor knapp zwei Wochen doch noch ins Finalfeld. Steve Guerdat könnte mit dem dritten Sieg in Folge Historisches schaffen. Noch nie siegte ein Reiter dreimal in Folge mit drei verschiedenen Pferden. Nur einem gelang es gar, den Final drei Mal «en suite» zu gewinnen – Rodrigo Pessoa mit Baloubet de Rouet in den Jahren 1998, 1999, 2000. Guerdat setzt auf eine bewährte Strategie. «Als Training habe ich mit Bianca einige kleinere Prüfungen in Oliva Nova (ESP) bestritten. Die frische Luft und die Sonne an der spanischen Mittelmeerküste haben ihr sichtlich gutgetan. Danach waren wir dann noch zur optimalen Vorbereitung in ’s-Hertogenbosch in der Halle.» Dies machte er bereits im vergangenen Jahr mit Corbinian, was am Ende hervorragend klapp­te. Zu den Geheimfavoriten zählt sicher auch Martin Fuchs. Dessen Westfalenschimmel Clooney lieferte in diesem Jahr zuverlässig Nullfehlerrunden am Stück wie kaum ein anderer – eine optimale Voraussetzung.

Dressur – wer schlägt Werth?

Bei den Dressurreitern hat Isabell Werth eine Vormachtstellung eingenommen. Die 47-jährige Deutsche – mit über 30 Medaillen von internationalen Championaten dekotiert – nahm bei fünf Weltcupprüfungen teil – und gewann alle. Dabei kann die «Dressur-Queen» auf eine ganze Armada an Grand-Prix-Pferden zählen. In Lyon (FRA), Stuttgart (GER) und Amsterdam (NED) triumphierte sie jeweils auf der zwölf­jährigen Oldenburgerstute Weihegold. Im heimischen Neu­münster errang sie auf dem bereits 15 Jahre alten Hannoveraner Don Johnson den Sieg und in Göteborg (SWE) führte sie den westfälisch gezogenen Ehrenpreis-Sohn Emilio zum Erfolg. Werth feierte bereits zwei Siege beim Weltcup­final – 1992 in Göteborg (SWE) auf Fabienne und 2007 in Las Vegas (USA) auf Warum nicht. Ihre härtesten Konkurrenten kommen nach der Absage von Titelverteidiger Hans Peter Minderhoud (NED) mit dem CH-Wallach Flirt sowie der Deutschen Jessica von Bredow-Werndl (siehe Seite 48) primär aus den USA. Laura Graves, die den Weltcup in Nordamerika auf Verdades dominierte, ist heiss auf das Podest, ebenso Carl Hester aus Grossbritannien. Zudem gehört der Niederländer Edward Gal – der auf Totilas 2010 in ’s-Hertogenbosch (NED) gewann, zum erweiterten Favoritenkreis.

Marcela Krinke Susmelj mit Molberg.

Die Schweizerin

Marcela Krinke Susmelj hat sich zum vierten Mal in ihrer Karriere für den Weltcupfinal qualifiziert, immer einer ihrer Saisonhöhepunkte. Die Luzerner Tierärztin und ihr routinierter Dänenwallach Molberg harmonieren sehr gut. 2016 erreichten sie in der Finalkür in Göteborg Rang zehn. Auch in diesem Jahr legte die 51-jährige, geborene Tschechin, den Grundstein für die Finalqualifikation mit dem Weltcupsieg in Lipica (SLO). In Neumüns­ter, Stuttgart und Lyon gab es die Ränge vier, sechs und sieben, was ihr total 54 Punkte einbrachte. Nach einer krankheitsbedingten Absage des Turniers in Dortmund ist «Molle» nun wieder fit. «Er hustet nicht mehr und ist vollständig gesund. Wir hoffen, es bleibt so, denn er ist topfit», so Krinke Susmelj. 

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 12/2017)

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