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Ballentritt, auf der Weide zugezogen. Die frische Wunde wurde ausgeschoren und ausgewaschen.
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«High-Tech» oder Hokuspokus?

18.10.2016 13:31
von  Veronika Linsmayer //

Was ist ein Laser eigentlich? «Laser» ist eine Abkürzung für «Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation» – also eine «Lichtverstärkung durch angeregte Aussendung von Strahlen». Im Gegensatz zu chirurgischen Lasern sind die «Low-Level-Laser» – auch Kaltlaser oder Therapielaser genannt – schwächer und erzeugen keine für den Körper schädliche Wärme.

In der Humanmedizin werden Therapielaser in den verschiedensten Situationen erfolgreich eingesetzt. Sei es in der Behandlung von Wunden, in der Sportmedizin und Orthopädie, in der Neurologie, der Dermatologie oder der Zahnmedizin. Auch ihr Einsatz in der Tierheilkunde nimmt seit Mitte der 80er-Jahre stetig zu. Bei der Pferdetherapie werden Laser unter anderem zur Wundheilung, Gewebsregeneration, Entzündungshemmung, zur Schmerzlinderung oder bei verschiedenen Hautproblemen eingesetzt. Der Laser kann sowohl bei akuten als auch bei chronischen Leiden eingesetzt werden. Licht kann heilen – das ist bereits seit Jahrtausenden bekannt. Aber nicht jeder Anteil des Lichtspektrums wirkt heilend. Gewisse Anteile des Lichtspektrums, zum Beispiel UV-Licht, sind auch schädlich für den Körper. Ein Laser, der zu Therapiezwecken eingesetzt wird, bündelt ausschliesslich die für Heilungsprozesse effektivsten Anteile des natürlichen Lichts. 

Der Ballentritt am dritten Tag. Bis dahin wurde die Wunde täglich gelasert.

Aber wie funktioniert das nun, mit dem Licht und der Heilung? Jede Zelle besitzt mehrere Mitochondrien. Diese kleinen Zellorgane sind die Kraftwerke der Zellen. Sie sind es, die den Zellstoffwechsel vorantreiben und der Zelle die Energie zur Verfügung stellen, die benötigt wird, um einwandfrei funktionieren zu können. Sie stellen also die Energie bereit, die unser Körper für alle grundlegenden Lebens­prozesse be­nötigt. Insbesondere bei Heilungsprozessen ist ihre Arbeit entscheidend. Stellen diese Mitochondrien nicht genügend Energie zur Verfügung, ist die ganze Zelle lahmgelegt. Der Stoffwechsel der Zelle wird verlangsamt und die Selbstheilungskräfte der Zellen sind stark reduziert. Es kommt zu verzögerter oder schlechter Heilung, zu Entzündungen und Durchblutungsstörungen. An dieser Stelle setzt der Low-Level-Laser an – er liefert den Mitochondrien Laserlicht mit einer definierten Wellenlänge, was zu einer sogenannten Photobiostimulation führt. Das aufgenommene Laserlicht (Photonen) kann von den Mitochondrien direkt in Zellenergie (ATP) umgewandelt werden. Durch diese zusätzlich gewonnene Energie wird der Stoffwechsel angeregt und natürliche biologische Prozesse werden aktiviert. Bei standardisiert gemessenen wissenschaftlichen Versuchen an Hefezellkulturen betrug die durchschnittliche Steigerung der Energieproduktion 150 Prozent.

Die Wunde am siebten Tag. Die Wunde hat bereits begonnen, sich von aussen her zu schliessen. Die Wunde ist gut durchblutet, es hat sich keine Entzündung gebildet.

Die Low-Level-Laser-Therapie ist sehr risikoarm und hat den Vorteil, dass sie für das Tier schmerzfrei und nahezu nebenwirkungsfrei ist. Die Nebenwirkungen beschränken sich bei korrekter Anwendung auf eine verstärkte Durchblutung, leichte Hautrötungen oder Müdigkeit und Schwitzen. Alle diese Nebenwirkungen sind aber als therapiefördernd zu werten und verschwinden auch nach einigen Stunden wieder. Natürlich gibt es auch Gegenanzeigen für den Einsatz eines Lasers. So dürfen Pferde mit akuten Infekten, Tumoren, trächtige Stuten ab dem sechsten Monat, die Therapie am Auge, Pferde mit Herzleiden und solche mit Sonnenbrand nicht mit Lasertherapie behandelt werden. Einige Beispiele aus der Praxis, in denen die Lasertherapie erfolgreich eingesetzt wird, sollen das breite Einsatzspektrum des Lasers veranschaulichen.

Die Wunde am zwölften Tag. Sie heilt weiter komplikationslos zu und kann nun offen gelassen werden. Sie wurde auch nicht weiter gelasert, da sich nur noch neue Haut bilden musste.

Wundheilung

Das Pferd wurde mit einem Ballentritt vorgestellt, welchen es sich am Tag zuvor auf der Weide zugezogen hat. Die Wunde konnte nur schlecht versorgt werden, da das Pferd sehr unkooperativ auf Berührungen reagierte. Der Ballentritt wurde drei Tage lang täglich gelasert, zusätzlich wurde nur ein trockener Hufverband angelegt, dass kein Schmutz in die Wunde kommen konnte. Nach den ers­ten drei Tagen wurde die Wunde für eine weitere Woche jeden zweiten Tag gelasert. Nach zwei Wochen konnte die Wunde offen gelassen werden und die Lasertherapie wieder eingestellt werden, da sich nur noch neue Haut bilden musste.

Sehnenschaden

Das Pferd wurde mit einer deutlichen Fesselträgerzerrung hinten vorgestellt. Neben den vom Tierarzt verabreichten Entzündungshemmern und der vorgeschriebenen Bewegung auf hartem Boden wurde der Fesselträger anfangs zweimal wöchentlich gross­flächig gelasert. Nach vier Wochen wurden die Intervalle mit der Lasertherapie auf einmal in der Woche vergrössert. Beim Kontroll­ultraschall durch den Tierarzt, welches mit einem speziellen Ultraschallgerät, das die Strukturen farbig abbildet und die Möglichkeit gibt, die Gewebedichte zu berechnen, durchgeführt wurde, zeichnete sich eine deutliche Verbesserung ab und das Pferd konnte bereits drei Monate nach dem Fesselträgerschaden wieder mit der Trabarbeit beginnen.

Verstopfte Talgdrüsen

Dieses Pferd wurde uns mit mehreren verstopften Talgdrüsen in der Gurtenlage vorgestellt. Aufgrund der ungeschickten Lage dieser verstopften Talgdrüsen verursachten diese immer wieder Probleme. Die Talgdrüsen wurden über vier Tage hinweg intensiv gelasert. Eine Woche nach der Behandlung waren alle verstopften Talgdrüsen deutlich reduziert. Zwei weitere Wochen später, in denen keine weitere Behandlung mehr stattgefunden hat, waren alle verstopften Talgdrüsen nicht mehr sichtbar und sind seither auch nicht mehr wieder aufgetreten.

Low-Level-Laser-Therapie eines sogenannten Triggerpunktes. Das Pferd geniesst die Behandlung sichtlich und entspannt sich.

Triggerpunktbehandlungen

Viele Pferde leiden unter sogenannten Triggerpunkten. Triggerpunkte sind Punkte im Muskel, die durch starke Verspannungen nur noch schlecht durchblutet sind und sehr schmerzhaft sein können. Oft werden diese Punkte auch Stresspunkte genannt. Der Low-Level-Laser fördert die Durchblutung im Muskel, die bei diesen Triggerpunkten aufgrund der starken Verspannung gestört ist. Durch die vermehrte Durchblutung wird die Verspannung gelöst und der Muskel kann wieder in seinem vollen Umfang schmerzfrei funktionieren. Diese Anwendung kann alleine oder in Zusammenhang mit einer osteopathischen Behandlung angewendet werden.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 41/2016)

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