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Die Futtermenge muss an den individuellen Bedarf eines jeden Pferdes angepasst werden.
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Individueller Energiebedarf

11.01.2011 14:01
von  Corinne Hanselmann //

In den kalten Wintermonaten brauchen Pferde mehr Energie, um die Körpertemperatur aufrecht zu erhalten. Aus diesem Grund sollte den Vierbeinern bei tiefen Temperaturen mehr Futter, und dadurch mehr  Energie zur Verfügung ­ste­hen. Verschiedene Punk­te müssen dabei beachtet werden, die «Pferde­Woche» zeigt Ihnen diese auf.

Eine Herde Robustpferde steht auf der Weide, es schneit stark, aber die Tiere sehen zufrieden aus. Sie frieren nicht, denn ihr dickes Winterfell – und damit ein ausgeklügeltes Isolationssystem zur Regulierung der Körpertemperatur – schützt sie gut vor dem kalten Weiss, das vom Himmel fällt.

Liegt viel Schnee, müssen die Pferde ihr Futter auf der Weide erst einmal ausgraben, indem sie den Schnee zur Seite scharren.

Natürlich sind nicht alle Vierbeiner gleich gut vor dem winterlichen Wetter geschützt. «Ein Pferd be­nötigt immer dann mehr Energie, wenn sein Fellkleid nicht optimal für die aktuelle Witterung ist. So braucht zum Beispiel ein Isländer dann mehr Energie, wenn er mit seinem dicken Fell im milden Herbst, Winter oder Frühjahr schwitzt», erklärt die Fütterungsexpertin Brigitta Wichert vom Institut für Tierernährung der Universität Zürich. «Araber hingegen frieren oft, wenn es feucht ist oder regnet. Gegen Kälte sind sie recht gut geschützt.»
Die Isolationswirkung des Fells kann bei sogenannten «Nordpferden» (zum Beispiel Haflinger, Fjord- oder Islandpferde) bis doppelt so hoch sein wie bei «Südpferden» (Araber, Warmblüter oder Quarter Horses).
Pferde, die kein richtiges Winterfell bilden können – etwa durch frühes Eindecken – frieren zweifelsohne viel früher und nicht erst, wenn das Thermo­meter tiefe Minustemperaturen anzeigt. Ebenso Pferde, die verschwitzt und somit nass im Stall stehen.
Auch die Haltung (Offenstall- oder Boxenhaltung) spielt eine entscheidende Rolle. Bei Minus­tem­pe­ra­turen benötigen Pferde aber grundsätzlich mehr Energie, um die Körpertemperatur zu halten.

Der Leistung anpassen


Das wichtigste Grundfutter ist auch im Winter Raufutter, also Heu oder Silage. Dabei ist auf eine gute Qualität zu achten. «Es ist unmöglich, pauschal zu sagen, ab welcher Temperatur Pferde mehr Futter benötigen, da viele im Winter auch erheblich weniger arbeiten müssen», so Brigitta Wichert. «Der Energieverbrauch berechnet sich immer aus dem Erhaltungs- und dem Leis­tungsbedarf, der von der Witterung und der Arbeit beeinflusst wird.» Leichtfuttrige Pfer­de, die nicht viel arbeiten müssen, können den Energiebedarf oft durch etwas mehr Raufutter decken und benötigen noch immer kein Kraft­futter. Bei schwerfuttrigen Pferden, die sonst schon grosse Mengen an Raufutter erhalten und nicht mehr fressen können, muss die Tagesration energiedichter werden. Das heisst, bei gleicher Kilo-Menge muss durch Kraftfutter oder Öl ein höherer Energiegehalt erreicht werden. Denn die maximale Trockensubstanzaufnahme wird je nach Rasse auf rund zwei bis zweieinhalb Prozent des Körpergewichts geschätzt. Dies sind bei einem 550-Kilo-Warmblüter rund 11 bis 14 Kilogramm.

Pferde, die auch im Winter strenge Arbeiten verrichten, haben einen deutlich höheren Energiebedarf als Pferde, die vorwiegend im Auslauf herumstehen.

Besondere Aufmerksamkeit sollte älteren Pferden geschenkt werden. «Wenn ein ‘Senior’ sonst schon mehr Futter benötigt, um sein Gewicht zu halten, ist es wichtig, dass dieser nicht erst dann mehr Energie in Form von Futter erhält, wenn die Temperaturen deutlich fallen, sondern schon im Fellwechsel», erklärt Brigitta Wichert. «So kann er sich ein paar Reserven anlegen». Zusätzlich kann man dem Pferd eine Decke anziehen, damit es weniger Energie zum «Heizen» verbraucht.

Wichtige Zusatzstoffe

Nicht vergessen werden darf der Mineralstoff- und Vitaminbedarf des Vierbeiners. Die Futterexpertin erklärt: «Vor allem zum Ende des Winters hin sollten dem Pferd Vitamine in Form von Zusatzfutter zugefüttert werden, wenn es nicht bereits ausreichend grosse Mengen an mineralisiertem Kraftfutter bekommt. Denn der Vitamingehalt im Heu nimmt während der Lagerungszeit deutlich ab». Im Pfer­de­körper kommen zahl­reiche sogenannte «Mengen- und Spurenelemente» vor (ob ein Stoff ein Mengen- oder ein Spuren­element ist, hängt von der Menge ab, die im Körper vorkommt). Die wichtigsten Mengenelemente in der Ernährung des Pferdes sind Kalzium, Magnesium, Phosphor, Natrium, Chlor, Kalium und Schwefel. Zu den Spurenelementen gehö­ren Eisen, Kupfer, Zink, Selen, Jod, Mangan und Kobalt. Im gesamten Stoffwechsel übernehmen die-se Elemente wichtige Funktionen wie Skelettaufbau, Muskelarbeit, Über­tragung der Nervenimpulse, Schutz der Haut oder Blutbildung. Für die ausreichende Versorgung mit Salz sollte den Vier­beinern stets ein Leckstein angeboten werden.
Wer seinem Pferd etwas Gutes tun will, bringt ihm im Winter regelmässig frisches Saftfutter wie etwa Äpfel, Karotten oder auch einmal eine Banane mit. Dies bietet eine willkommene Abwechslung zum Raufutter. Darin sind auch wichtige Vitamine enthalten, welche im Organismus vielseitige Wirkungen, beispielsweise als Bausteine von Enzymen entfalten und die Funktionsketten im Stoffwechsel aufrecht­erhalten.
Zur Ergänzung ist Mash auch immer gern gesehen. Dies ist eine leicht verdauliche «Mahlzeit» aus Weizenkleie, Leinsamen und Hafer, die mit heissem Wasser angerührt und lauwarm verfüttert wird.


«Ältere Semester» oder Pferde mit wenig Winterfell kann man mit einer Decke vor Kälte und Nässe schützen.

Futterzustand im Auge behalten

Der äusserliche Futterzustand des Pferdes sollte regelmässig kontrolliert werden, besonders im Winter. Die Rippen sollten nicht sicht-, aber tastbar sein und der Vierbeiner sollte auch sonst einen guten, gesunden Eindruck machen. Haut und Hufe sollten in Form, Konsistenz und Farbe unauffällig sein. Die Futterzusammensetzung und -verwertung, insbesondere der Mineralstoffe, haben einen grossen Einfluss auf den Zustand des Haarkleides. Auch diesem sollte grosse Beachtung geschenkt werden, denn
es hat eine enorm wichtige Bedeutung für das Tier: Es dient als schützende «Jacke» mit erstaunlichen Anpassungs- und Regulierungsfähigkeiten.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 1/2011)

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