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Skikjöring mit Schlitten.
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Mein erstes Mal – Skikjöring

21.02.2017 14:23
von  Chantal Kunz //

«Was die Profis in St. Moritz können, können wir schon lange», dachte ich mir. Denn schon länger wollte ich Skikjöring mit dem eigenen Pferd ausprobieren. Kurzerhand habe ich mir dann auch ein Skikjöringset besorgt und das Pferd Schritt für Schritt an das «Geschirr» gewöhnt. Als ich dann eine freiwillige Testperson gefunden habe und genug Schnee vorhanden war, ging es los. Vorerst mal mit dem Schlitten, statt Skis.

In St. Moritz sieht man im Moment während drei Wochenenden die Skikjöring-profis über den Schnee flitzen. Mit hohem Tempo galoppieren die Pferde über den gefrorenen See und die Fahrer haben die Leinen fest in der Hand. Immer mehr hat sich die Sportart auch in die Täler geschlichen und viele Reiter in seinen Bann gezogen. Endlich habe auch ich es geschafft und konnte den aus Schweden und Norwegen stammenden Sport testen. Schon letzten Winter habe ich immer wieder davon gesprochen, Skikjöring auszuprobieren. Doch leider hatte es meistens zu wenig Schnee oder wenn genug Schnee auf den Wegen lag, hatte ich keine Zeit. Es war wie verhext. Immer wieder habe ich Bilder gesehen, wie die Pferde Menschen auf Schlitten oder Ski durch den Pulverschnee zogen. «Das macht bestimmt wahn­sinnigen Spass», dach­te ich mir jedes Mal. Dieses Jahr blieb der Schnee dank der eisigen Kälte etwas länger liegen. Also ging ich in den Pferdefachhandel und kaufte mir ein Skikjöringset.

Ein Set besteht aus dem Geschirr und einer langen Leine.

Das Geschirr kann an das Pferd angepasst werden.

Das besteht aus dem «Geschirr»: einem Brustgurt und zwei Riemen, die über Widerrist und Lende gehen und unten mit Längsstreben verknüpft sind, an denen die Leine eingehängt wird. An dieser wird der Schlittler oder Skifahrer gezogen. Bevor es Ernst wurde, habe ich das Ziehen vom Boden aus geübt. Mein Pferd kennt die Doppellonge und macht fast alles mit, was schon gute Voraussetzungen waren. Ich habe der Stute das «Geschirr» angezogen und bin hinter sie gestanden. So weit, so gut. Dann habe ich etwas an der Leine gezogen, damit Druck auf ihrer Brust entstanden ist. So ohne Reiter ist sie dann einige Schritte rückwärts getreten. Dann habe ich sie geführt und eine zweite Person hat Zug auf die Leine gegeben, in dem sie hinter dem Pferd her gegangen ist. Fleissig ist die Stute vorwärts marschiert. «Super, dann können wir es nun wagen», dachte ich mir.

Der grosse Moment

An einem Samstag war es dann so weit, es passte alles. Die Wege waren noch schneebedeckt, das Pferd fit und ich hatte ein «Versuchskaninchen» gefunden. Sorgen, dass das Pferd das Ganze nicht brav mitmachen würde, hatte ich nicht. Die Stute ist sich vieles gewohnt und wir haben ja bereits vorgängig geübt. Meine Stallkollegin hat ihr Pferd ebenfalls gesattelt und ihr Freund, der den Test wagte, nahm seinen neuen Davoserschlitten unter die Arme. Die ersten paar Meter musste er zu Fuss gehen, da wir zuerst von der Strasse weg mussten. Wir waren alle gespannt, wie das Ganze funktionieren würde und freuten uns, an diesem frühen Morgen durch die verschneite Stille zu reiten. Auf dem schneebedeckten Waldweg machten wir uns dann zur Premiere bereit. Ich machte die Leine am «Geschirr» fest und der Freund meiner Stallkollegin setzte sich auf den Schlitten. «Wickle ja nicht die Leine um deine Hand, du musst im Notfall loslassen können», rief sie ihm noch zu. Ganz gelassen kam von ihm die Antwort: «Ja, ja, mach ich. Und jetzt los, ich bin bereit.»

Auch im Galopp hat es geklappt. Der Schlittler muss sich aber gut festhalten.

Der Schlittler muss auf den richtigen Abstand zum Pferd achten.


Also liessen wir die Pferde antreten. Mein Pferd zog den Schlitten, als hätte es nie etwas anderes gemacht. Richtig motiviert legte die Stute sich ins «Geschirr», um zu ziehen. Das Einzige, was für die Tiere ungewohnt war, war das Geräusch der Kufen des Schlittens, die über den Schnee glitten. Doch sie haben sich sehr schnell daran gewöhnt. Wir freuten uns alle sehr, dass es auf Anhieb so gut funktionierte. Nach dem Warmlaufen im Schritt konnten wir schon bald in den Trab wechseln. Die Ohren gespitzt, die Hufe fleissig in den Schnee gedrückt – so trabte mein Schimmel durch die Schneelandschaft. Ein Blick zurück und ich sah den zufriedenen Schlittler.

Sturzflug

Dann lag auch schon die Galoppstrecke vor uns. «Bist du bereit für einen Galopp?», rief ich dem Schlittler zu. «Ja, klar, leg einfach los», antwortete er. Die Kollegin ritt voraus und auch ich liess mein fleissiges Pferd angaloppieren. Der Kontrollblick sagte mir, dass hinten auf dem Schlitten alles in Ordnung war, auch wenn sich der Schlittler ziemlich stark am Seil festhalten musste. So konnten wir den Winter in vollem Galopp geniessen. Doch plötzlich rief es von hinten: «Stopp, ich bin vom Schlitten gefallen!» Es gab einige Stellen, an denen das Kies bereits zum Vorschein kam, was das Lenken des Schlittens sehr schwierig machte. Deshalb kippte der Schlitten und mein mutiger Tester fiel um. Passiert ist aber nichts, denn er landete im weichen Schnee. Da die Zugleinen seitlich am Pferd festgemacht sind, besteht auch nicht die Gefahr, dass das Pferd darauf tritt, sobald der Schlittler die Leine loslässt. Nachdem wir uns wieder sortiert hatten,  nahm er die Leine wieder in die Hand und weiter ging die Fahrt. An einigen Stellen mussten wir eine Strasse überqueren.

Geschafft!

Dazu nahm ich die zusammengerollte Leine auf dem Pferd in die Hand, damit es nicht drauftreten konnte. Zu­rück im Stall waren wir alle, inklusiv meiner Stute, erschöpft, aber überglücklich. Sie bekam dann natürlich auch ein Leckerli extra. Für mich war das Schönste an der ganzen Aktion zu sehen, wie motiviert mein Pferd den Schlitten gezogen hat. Das war eine wahre Freude. Und natürlich das gemeinsame Erlebnis. Auch für meine Stallkollegin war es super, dass ihr Freund beim Ausritt dabei sein konnte. Es muss noch angemerkt werden, dass er morgens um halb acht den Auslauf gemistet hat und auch sonst tatkräftig bei der Stallarbeit mitgeholfen hat. Hut ab. 

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 7/2017)

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