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Monica Weier-Bachmann
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Monica Weier-Bachmann hat(te) viele Verehrer

15.08.2017 13:52
von  Peter Wyrsch //

«Geliebte kleine Monica. Deine Augen sind so blau wie der Rheinfall, so rot ist dein köstlicher Mund. Herzliche Küsse von...» Diese Worte auf einer Ansichtskarte vom Rheinfall schrieb 1965 nicht etwa der Pferde-Tausendsassa Paul Weier, den das damalige St. Galler Fräulein Bachmann 1971 heiratete, sondern ein heimlicher Verehrer. Die Karte mit diesem Wortlaut hat die zweifache Olympiateilnehmerin und dreifache EM-Medaillengewinnerin der Amazonen speziell in ihrer Erinnerungssammlung aufbewahrt. Die schwärmerischen Zeilen entlocken Monica Weier-Bachmann auch mit 75 Jahren stets ein verzückendes Lächeln. Die mit viel Talent und Einfühlungsvermögen gesegnete Spring­reiterin war einst Paul Weiers grösste helvetische Gegnerin. «Nur in den Springreit-paddocks allerdings», wendet der eloquente bald 83-jährige Paul Weier bezüglich «Gegnerin» ein. «Ja», bestätigt Monica, die auch heute noch viel Wert auf ihre äussere Erscheinung legt und eine attraktive, adrette und schlanke «Seniorin» ist. «Mit Paul habe ich das grosse Los gezogen. Er ist ein lässiger und hilfsbereiter, grosszügiger und netter Mann. Einst war er mein Vorbild und wurde dann mein Mann. Reiterlich haben wir zwar ein anderes Bauchgefühl. Er ist der Ausbildner und Perfektionist, ich war eher die Instinktreiterin mit viel Gefühl und Geduld, vor allem für schwierige und für einige nicht rittige Pferde.» Diese Aussagen bestätigt auch Gemahl Paul, der vielseitigste Schweizer Horseman schlechthin und einzige Schweizermeister in sämtlichen drei olympischen Reitdisziplinen (Con­cours Complet, Dressur, Springen). Der strenge und in seinen Kursen beharrliche Ausbildner und Pferdekenner hat aber auch tiefe innere Werte. Er knüpft und pflegt Freundschaften, mag Geselligkeit, hat Humor und viel Feingefühl. Monica verrät: «Wir sind nun seit 46 Jahren verheiratet. Aber noch immer schenkt mir Paul wöchentlich Rosen.»

Monica und Paul Weier in ihrem Pferdemuseum in Elgg. 

Monica im familieneigenen Museum vor diversen Gebissen und Erinnerungsfotos.

Gemeinsam an Olympia

Privat ergänzen sich die gefühlvolle Monica und der zackige Paul vorbildlich. Sie haben viele gemeinsame Interessen, denen sie nach dem Verkauf ihres Pferdeimperiums an Steve Guerdat und des Gasthofs in Elgg, den sie rund 30 Jahre ebenfalls führten, nun frönen können. «Wenn Paul nicht gerade wieder im Ausland weilt», wirft Monica mit einem Seitenblick auf ihren lachenden Gemahl im heimischen Museum im Kel­lergeschoss ihres Hauses im zürcherischen Elgg ein. Früher konkurrenzierten und duellierten sie sich jahrelang in den Springgärten aller Welt, ritten gemeinsam in der Schweizer Equipe, nahmen zweimal zusammen im Schweizer Team an Olympischen Spielen teil. 1968 in Mexiko sass sie im Sattel von Erbach, er auf Wildfeuer im Einzel und auf Satan im Team. In der Einzelwertung wurde sie Siebte und erhielt ein Olympiadiplom. Ein zweites gab es als Sechs­te mit der Mannschaft. Damals waren im Nationenpreis nur drei Reiter pro Land startberechtigt und es gab kein Streichergebnis. Vier Jahre später figurierten die Weiers erneut gemeinsam in der Mannschaft. Diesmal in München. Sie erneut mit Erbach, er mit Wulf, der viel Potenzial hatte, aber nicht selten und zu Pauls Ärgernis «wasserte». Es resultierte ein fünfter Teamrang und erneut ein Olympiadiplom, das ebenfalls im Museum in Elgg verewigt ist, wie viele Pokale, unzählige weitere Auszeichnungen und Bilder. Bilder von Monica und Paul mit der Familie Knie an Galaabenden der Sporthilfe, Dankesschreiben vom verstorbenen Fredy Knie senior an die befreundete Reiterfamilie Weier, Fotos von einem Duell von Monica zu Pferd gegen Motocrossler Walter Kalberer am CSI St. Gallen oder ein Bilddokument von Monica als Radfahrerin mit Ferdy Kübler während einer Nacht des Schweizer Sports. «Da ist ein Bild von einem Pferd, das wir dem Schah von Persien verkauft haben», weist Monica hin. Der Schah und seine Frau Farah Diba, unter anderem ehemalige iranische Jugendmeisterin im Hochsprung, erwarben den Irländerschimmel Highsbury, mit dem der Schah manch militärische Paraden abnahm.

Monica am Winterconcours St. Moritz mit der Schabracke, die sie als Leichtgewicht früher noch mit Blei füllen musste, damit sie auf das vorgeschriebene Gewicht von 70 Kilogramm kam.

Doppelt aufgefallen

Monica Bachmann wuchs im Quartier Lachen in St. Gallen auf. Die Eltern waren nicht vom Pferde­virus befallen. Papa Erwin, der 1963 mit 58 Jahren an einem Herzinfarkt starb, hatte ein Baugeschäft geführt. Monica interessierte sich mehr für Pferde, hatte aber einen «normalen» Beruf zu erlernen. Sie wurde Bürolistin im elterlichen Hoch- und Tiefbau-geschäft. Zunächst vollamtlich, später halbtags. «Verstolis» (heimlich), wie Monica sagt, habe sie in der Waldau im Quartier mit Pferden erste Bekanntschaften geschlossen. «Ich ritt in Keil-Skihosen und wollte hobbymässig lieber reiten als Hand­orgel spielen.» Sie war ein Reittalent. Eine Frau mit viel Gefühl, Geduld und guten Nerven. Ihre ersten Reitstunden genoss sie in der Waldau und in der St. Galler Reithalle in der Kreuzbleiche. Damals kostete eine Reitlektion fünf Franken. Casino hiess ihr erstes Springpferd. Der französische Fuchs, den der St. Galler Pferdehändler Albert Frei für 1500 Franken vor dem Gang auf die Schlachtbank erlöst hatte, wurde ihr zur Verfügung gestellt. «Mit ihm feierte ich rund 200 Siege in verschiedenen Kategorien.» Die ersten Erfolge blieben nicht verborgen. Der Abtwiler Pferde- und Auto­händler Albert Frei war von Monicas Reitkunst überzeugt. Fortan trainierte sie bei ihm im Stall Ahorn in der Spisegg, den teils Monicas Vater erbaut und den Anfang der 70er-Jahre Markus Fuchs übernommen hatte. 

Die «Truppe» der Olympischen Spiele München 1972 (v. l.): Max Hauri, Hermann von Siebenthal, Monica Bachmann, Kurt Maeder und Paul Weier mit Wulf.

CSI-Debüt mit 16

Mit 16 Jahren durfte sie im Sattel von Casino und einer speziellen Bewilligung des nationalen Verbandes erstmals in St. Gallen am damaligen CSI teilnehmen. Erbach, ihr Olympiapferd von Mexiko und München, konnte sie später von Albert Frei erwerben. Er wurde 24-jährig, Sandro 22. «Vasall, ein wunderschönes Pferd, das unter dem Deutschen Fritz Ligges debütiert hatte, wurde sogar 28», führt Monica an, und Paul ergänzt: «Bei uns wurden viele Pferde alt und wurden nicht verbraucht. Wulf wurde 29-, Irco Polo 30- und Satan sogar 33-jährig.» Wohl kein Zufall! Monica fiel Paul aber nicht nur als starke und graziöse Reiterin auf. Verschiedene Männer hatten auf Fräulein Bachmann ein Auge geworfen. Auch ein gewisser Elgger Offizier. «Paul lud mich Mitte der 60er-Jahre zu einem Mittagessen ins Peter und Paul, einem bekannten Restaurant hoch über der Stadt St. Gallen, ein», erinnert sich Monica an den Anfang ihrer Beziehung. Aus Achtung, Respekt, Sympathie und Schwärmerei wurde Liebe. 1971 wurde in Elgg geheiratet. «Paul kam fast zu spät zum Heiratstermin. Er erschien erst fünf vor vier. Alle warteten, der Fünfspänner war schon minutenlang parat.» «Ich hatte noch gleichentags einen Reitlehrerkurs in Bern», entschuldigt sich Hippologe Paul und lacht. «Es hat zeitlich ja gereicht», fügt er verschmitzt an. 1974 kam Sohnemann Patrick zur Welt. Der gelernte Maschinenmechaniker lebt ebenfalls in Elgg, fand aber wenig Gefallen an Pferden und scheute vor allem die Arbeit mit den Vierbeinern. Sein beruflicher Werdegang führ­te ihn in den Hoch- und Tiefbau.

Monica Weier-Bachmann mit ihrem Olympiapferd Erbach. 

Monica 20 Sekundenvor Paul

Mutig und unerschrocken sei sie gewesen, die Monica Weier-Bachmann, wird von der ehemaligen Konkurrenz berichtet. «In Österreich hat man mich wohl als Respekt und in Anlehnung an meinen uniformierten Mann Frau Major genannt.» Mauern in Mächtigkeitsspringen über­quer­te sie mehrmals über zwei Meter. Ihre bedeutendsten Erfolge feierte sie mit Sandro, Ibrahim und Erbach. «1966 wurde ich mit Sandro erstmals Schweizermeisterin und hatte 20 Sekunden Vorsprung auf Paul mit Wildfeuer, der Zweiter wurde», erzählt Monica stolz. 1967, vor genau 50 Jahren, stand sie am CSIO Rom in der Schweizer Equipe, die erstmals den prestigeträchtigsten Nationenpreis gewann. Die Mannschaft bildeten Monica Bachmann mit Erbach, Paul Weier mit Satan, Frank Lombard mit Page und Arthur Blickenstorfer mit Marianka. Sie verblüfften auf der Piazza di Siena damals auch den neuen FEI-Präsidenten Prinz Philipp. 1970 trug Erbach sie zum zweiten SM-Gold. Mit dem äusserst gehorsamen und aufmerksamen Ausnahmepferd nahm sie zweimal an den Olympischen Spielen teil und gewann 1967 und 1973 auch EM-Bronze bei den Amazonen, die bis 1973 noch eine eigene Kategorie bildeten. Mit Sandro holte sich das damalige Fräulein Bachmann 1966 sogar Silber bei den Springreiterinnen.

Gärtnern und Reisen

Seit 2004 reiten Monica und Paul nicht mehr gemeinsam hoch zu Ross. «Nach einer Halswirbel-operation und Verschleiss­erscheinungen im Körper war Schluss. Aus Vernunftsgründen», erzählt Monica. Geblieben ist die Liebe zu Tieren, zu Pferden insbesondere. Gemeinsam gehen sie aber weiter durchs Leben und frönen gemeinsamen Interessen. Sie werkeln, mähen und säen im Garten oder reisen, gehen fein essen, kredenzen sich eine gute Flasche Wein, entdecken ferne Länder, bestaunen und erforschen deren Sitten und besuchen Touristenattraktionen. So schwamm Monica in ihren Ferien 2011 in Kuba mit Delfinen, was ein Bilddokument festhält. Paul, der Rosenkavalier – Monica, die nicht mit den Wölfen tanzt, sondern mit den Delfinen plantscht.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 32/2017)

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