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Andrew Nicholson ging bei den Trainings individuell auf die Reiter ein.
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Top-Artikel

Nicholson forderte und motivierte CC-Kaderreiter

22.01.2019 11:39
von  Tamara Acklin //

Der neuseeländische Top-CC-Reiter Andrew Nicholson kam für ein erstes Kader-Geländetraining drei Tage in die Schweiz. Nach einer Standortbestimmung über fallende Hindernisse folgte ein Indoor-Crosstraining.

Kürzlich unterrichtete einer der erfolgreichsten Vielseitigkeitsreiter die Deutschschweizer Kaderpaare in Winterthur. Er stellte mit einfachen Mitteln Übungen auf, um sich ein erstes Bild der Pferde und der Reaktionen der Reiter zu machen. Aufgewärmt wurde über vier regelmässig auf der Vol­te verteilte Steilsprünge. Da erkannte er bereits Qualitäten und Mühen und ging sehr individuell auf die einzelnen Paare ein. «Habt keine Angst vor Fehlern, wir sind hier, um zu üben», nahm er den Reitern die ers­te Nervosität. «Er hat mich fast ermutigt, Fehler zu machen und mal etwas auszuprobieren, denn während eines Geländeritts läuft auch nicht immer alles nach Plan. Nicht von Beginn weg Angst haben, etwas nicht optimal hinzukriegen, sondern unbeschwert und mit Konzentration das Beste aus den Situationen machen», resümierte Nadja Minder.

Rhythmus und viel Bein

«Unsere Pferde machen kaum Geländetrainings in England, weil wir ein so grosses Prüfungsangebot haben. Vor einer grossen Prüfung mache ich mit meinen Pferden genau das hier. Die Pferde werden überrascht sein, mal gehts links, mal rechts, mal geradeaus», läutete er die nächste Übung ein. Nach einem Oxer folgte auf gebogener Linie links respektive rechts eine aus Stangen gebaute Ecke, oder es ging geradeaus auf ein höheres, schmales Element in relativ weiter Dis­tanz. Wichtig war ihm, dass die Reiter frühzeitig auf das nächste Element schauten und nach der versammelnden Anfangsübung einen erhöhten Rhythmus ritten. «Lasst die Pferde galoppieren, wir trainieren Cross, verliert den Schwung nicht in den Wendungen. Bringt eure Position hinters Pferd, um nicht vor seiner Bewegung zu sein», erkannte er die kleinsten Fehler und ging auf jeden Einzelnen ein.

Die Schweizer Vielseitigkeitsreiter wie Eveline Bodenmüller (o.) waren begeistert von den Trainings mit dem Neuseeländer.

«Jeder Galoppsprung muss geritten werden, insbesondere der erste nach der Landung. Vorwärtsreiten heisst die Devise», nahm Eveline Bodenmüller mit.

Reiterposition, Schulter kontrollieren

«Nach einer Galoppstrecke stehe ich in der Anreitphase des nächsten Hindernisses bewusst mit meinem Gewicht in die Steigbügel, um sicherzustellen, dass ich die Beine am Pferd und somit das Pferd vor mir habe. Dadurch wird ein leichter, nötiger Kontakt zum Pferdemaul erzeugt. Dann suche ich die perfekte Linie und erst dann kümmere ich mich um die Distanz. Nicht zuerst ziehen und bremsen, das kos­tet Zeit», erläuterte er stets Situationen des Geländereitens. Nach einem imitierten Graben in Form eines Bidets, das als In-Out nach einem Steilsprung folgte, ging es auf scharfgebogener Linie auf die Ecke. Er erklärte geduldig und konkret, worauf zu achten war: «Ihr müsst stets die Schulter kontrollieren, vergesst die Nachhand. Das äussere Bein weiter vorne zu nutzen, kann dabei helfen.» Am Samstag folgte ein analoges Training in Bern für die vorwiegend welschen Kaderpaare. Caroline Gerber meinte zum ersten Trainingstag: «Es wäre mir nicht in den Sinn gekommen, in einer Halle so vorwärtszureiten, aber es war super, um uns aus unserer Komfortzone zu holen. Ich habe gelernt, die Hindernisse mehr auf mich zukommen zu lassen und mehr nach Gefühl und mit mehr Bein zu reiten.» Camille Guyot merkte sich: «Wie wichtig es ist, in Wendungen auf die Schultern zu achten, den Rhythmus beizubehalten, vorwärtszureiten und zwischen den Hindernissen zu arbeiten.»

Grundtempo und Position

Zum Abschluss folgte ein Crosstraining in der grossen IENA-Halle über feste Hindernisse. Nach wenigen Hindernissen zum Einspringen folgte ein technischer Ge­ländeparcours über schmale Elemente auf gebrochener Linie, wiederum einer fallenden Ecke, die präzise angeritten werden musste, einem absichtlich weit und schräg gestellten In-Out aus der Ecke, um die Reiter zu testen, wie sie reagierten, wenn ihre Pferde einen zusätzlichen Galoppsprung hinzufügten – was fast alle taten. Er verlangte hohen Grundrhythmus und lockte die Reiter damit aus ihrer Komfortzone. «Das erhöhte Grundtempo machte die technischen Anforderungen noch schwieriger. Es hat mir und meinen Pferden gutgetan», so Carla Brunner.

V. l.: Equipenchef Dominik Burger, Dressur- und Springtrainer Ernst Wettstein, Andrew Nicholson, Sportchef Heinz Scheller.

«Das gefragte technische Niveau war hoch, aber gut, um die Saison einzuläuten», meinte Robin Godel. «Der erste Galoppsprung muss nach vorne geritten werden», nahm Tiziana Realini mit. «Er korrigierte meinen Sitz, sodass ich mein Pferd besser vor mir behalten konnte», resümierte Salome Lüdi. Die Reiter waren sich einig: Nicholson war sehr engagiert, mit viel Herzblut dabei und vermittelte den Reitern Sicherheit. Er konnte sich gut auf die einzelnen Pferde einstellen und man spürte, wie sehr er diesen Sport lebt und liebt. «Ich erhoffe mir, dass wir ihn für den Schweizer CC-Sport gewinnen und damit eine langfristige Zusammenarbeit aufbauen können», freute sich Jasmin Gambirasio auf die nächsten Trainings. Auch Roxane Gonfard verspricht sich viel von der Zusammenarbeit: «Er ist ein ausgezeichneter technischer Reiter. Er wird uns viel helfen können, denn wir haben gute Pferde, die meisten von uns sind aber noch unerfahren auf hohem Niveau.» Geforderte, aber zufriedene Reiter, Equipenchef und ein hochmotivierter Trainer freuen sich auf das nächste Training am 1./2. Februar.

Ein Interview mit dem neuen CC-Coach Andrew Nicholson finden Sie in der PferdeWoche Nr. 3 vom 23. Januar.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 3/2019)

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