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Equipenchef Andy Kistler.
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Optimismus trotz verpasster Olympiamedaille

25.10.2016 14:50
von  Peter Wyrsch //

Das Hauptziel, der Gewinn einer Olympiamedaille, wurde in Rio de Janeiro verpasst. Sowohl im Teamwettbewerb, aber vor allem im Einzelklassement mit dem entthronten Titelverteidiger Steve Guerdat (vierter Platz) schrammte die Schweiz an Olympiaedel­metall vorbei. Wie beim Nationenpreisfinal in Barcelona blieb letztlich «nur» der sechste Platz. Dennoch strahlt Equipenchef Andy Kistler für 2017 Optimismus aus. Er hat zwei Ziele im Visier: eine EM-Medaille Ende August in Göteborg und die erneute Final-teilnahme und damit der Verbleib in der Spitzenliga in der Nationenpreisserie.

Das Duo Andy Kistler/ Thomas Fuchs wird auch in der EM-Saison 2017 die Geschicke der Schweizer Elite leiten. Thomas Fuchs bleibt entgegen ursprünglicher Absicht weiterhin technischer Coach der bes­ten nationalen Springreiter. Das freut Kistler, der im Gespräch Bilanz von 2016 zog und auf die kommende Saison vorausblickte. Die Planung hiefür hat bereits begonnen.

«PferdeWoche»: Der Rückblick fällt zwiespältig aus. Das Primärziel, der Gewinn einer Olympia-Teammedaille, wurde verpasst.

«Andy Kistler»: Das ist richtig. Unser Traum erfüllte sich nicht. Wir waren im ersten Umgang des Final­tages mit acht Punkten nicht gut genug. Wenn man trotz Nullfehlerritten von Romain Duguet mit Quorida de Treho und Martin Fuchs mit Clooney zwei Umgänge mit je acht Punkten akzeptieren muss, ist man schon ziemlich weit weg vom Ziel, zumal gleich deren vier Länder den ers­ten Umgang fehlerlos beendet hatten. Es fehlte aber auch das Glück. Steve Guerdat stand mit Nino im Einzelfinal im Stechen nahe an einer erfolgreichen Titelverteidigung, ehe das Malheur in der Barrage am ersten Hindernis passierte und nurmehr der vierte Rang resultierte. Aber man darf nicht vergessen, dass Steve, diesmal mit Corbinian, erneut Weltcupsieger wurde und wir in dieser Saison erstmals die Nationenpreise in Falsterbo und Calgary gewonnen haben. Mit dem vierten Platz in der Qualifikation der Nationenpreisserie erreichten wir trotz des Ausrutschers am heimischen CSIO in St. Gallen (sechster Platz) die Finalteilnahme problemlos.

Ist die Spitze in der Schweiz breiter geworden?

Wir hatten selten ein so breites Team. Uns standen fünf Top-Paare für Rio zur Verfügung. Ich hatte die Qual der Wahl. Insgesamt wurden 17 Reiter in Nationenpreisen eingesetzt. Da gelangen unserem Team 23 Nullfehlerritte und sieben Doppelnuller, also insgesamt 37 Blankorunden. Davon alleine drei durch Janika Sprunger, Paul Estermann und Werner Muff am Fünfstern-Nationenpreis in Falsterbo, deren zwei durch Steve Guerdat und Martin Fuchs in Rotterdam und am Schluss der Saison am Dreistern-CSIO in Rabat glückten auch Nadja Peter Steiner und Pius Schwizer fehlerfreie Umgänge. Wir sind nahe an der absoluten Weltspitze. Um ganz vorne zu sein, fehlte uns ganz wenig oder ein Quäntchen mehr Wettkampfglück.

Das Elitekader ist um drei Reiter von 15 auf 18 aufgestockt worden und auch das Espoirkader wurde ergänzt.

Wir haben im EM-Jahr bewusst die Schere etwas weiter geöffnet. Mit Fanny Queloz, welche die SM-Qualifikationen überragte, Philipp Züger und erstmals Adrian Schmid wurde das Elitekader aufgestockt. Mit Aurelia Loser, Fiona Meier und Emilie Stampfli wurde das Espoirkader ergänzt. Niemand stieg aus dem Elitekader ab. Alle können sich in der neuen Saison mit Resultaten beweisen, auch Reiterinnen und Reiter ausserhalb des Kaders.

Sie hatten aber auch Enttäuschungen, Tiefpunkte und teils herbe Kritik zu verkraften.

Man kann es in meiner Funktion nie allen recht machen und alle zufrieden stellen. Ich hatte einige schwierige Entscheide zu treffen, besonders bei der Nomination der Einzelreiter für den Final in Rio. Und bereits zuvor, als ich Paul Estermann mitteilen musste, dass er der fünfte und damit überzählige Olympiareiter sei, fiel mir die Bekanntgabe äusserst schwer. Im bin im Sternzeichen der Waage geboren und versuche, ausgewogene Lösungen zu finden. Zudem ist es mir ein grosses Anliegen, offen, ehrlich und anständig zu kommunizieren und Entscheide auf der sachlichen und nicht auf der persönlichen Ebene zu fällen. Ich habe mir im Nachhinein auch viele Gedanken über etwaige Versäumnisse gemacht. Man kann und soll immer versuchen, dazu zu lernen und sich zu verbessern.

Kein Schweizer Reiter rangiert mehr in den Top Ten der Weltrangliste. Demensprechend sind – zum Beispiel im Weltcup – weniger Startplätze möglich.

Es ist unser Bestreben, wieder einen oder zwei Reiter in die Top Ten zu bringen. Steve Guerdat hat mehrere Spitzenpferde dazu. Vor allem mit Nino, Corbinian und Bianca kann er weit vorstossen. Und Martin Fuchs ist derzeit so gut beritten wie kaum je zuvor.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 42/16)

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