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«Patchwork»-Familie Ott (v. l.): Malin (mit Lorina), Chiara (mit Hund Cayo), Andreas mit Niah (und Hund Angel), Cian (mit Shetty Lucian), Melanie und Csilla (mit Garryndruig Bready). Es fehlen Andreas Töchter Elin und Merel.
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Säuliämter «Patchwork»

12.03.2019 13:35
von  Peter Wyrsch //

Gestatten: Andreas Ott, diplomierter Bauingenieur, Amateurspringreiter aus Mettmenstetten, Leiter und Besitzer von 15 Hektaren grossen Landwirtschafts- und Pferdebetrieben im Zürcher Säuliamt. Der 52-jährige gelernte Feinmechaniker lebt in zweiter Ehe mit Melanie zusammen und ist Vater vierer Töchter. Mit seiner ersten Ehefrau Corina hat der umtriebige Andreas drei Töchter: Elin, die am 15. April 20-jährig wird, Merel (18) und Malin (14). Mit Melanie ist er stolzer Vater der 18 Monate jungen Niah. In die «Patchwork»-Familie Ott sind auch Melanies Kinder, Sohnemann Cian (6), Csilla (11) und Chiara (18) integriert. Töchter, Familie(n), Pferde, züchten, reiten und bauen halten Ott auf Trab.

Andreas Ott mit Melanie.

Er ist irgendwie ein Tausendsassa: Morgens oder in heissen Sommertagen am Nachmittag arbeitet der diplomierte Bauingenieur im eigenen Büro mit 15 Angestellten in Mettmenstetten. Die zweite Tageshälfte widmet er seinen Pferden und seinem Zuchtbetrieb und Ausbildungsstall in Rossau und/oder seinem Pensionsstall Ghei, der ebenfalls zu Mettmenstetten gehört. Das ottsche Bau- und Pferdeimperium ist zentralisiert. Auch die Wege der drei Töchter aus erster Ehe von Andreas Ott sind kurz. Sie wohnen bei ihrer Mama Corina in Obfelden, das nur zwei Dörfer weiter liegt. Corina ist zu 50 Prozent Niederländerin, daher wohl auch die in unseren Breitengraden unüblichen und speziellen Vornamen Elin, Merel und Malin. Den Namen Elin fanden die Otts wäh­rend des CSIO Falsterbo in Schweden in einem Kinderbuch. Der Vorname Malin (bekannt ist die schwedische Springreiterin Malin Baryard-Johnsson) hat ebenfalls schwedische Herkunft, Merel stammt aus dem Holländischen.

Jugendliebe neu entflammt

Mit seiner zweiten Ehefrau Melanie war Andreas Ott schon im Teenageralter verbandelt. «Er war meine Jugendliebe», gesteht die blonde Melanie, die nebst dem Haushalt und ihrer vier Nachkommen noch zu 40 Prozent als «Business Consultant» in einer bekannten Unternehmungsfirma arbeitet. «Dann haben sich unsere Wege getrennt. Wir heirateten beide andere Partner, ehe beide Beziehungen scheiterten.»

Andreas Ott ist in zweiter Ehe mit seiner Jugendliebe Melanie verheiratet.

Zusammen fanden sie wieder nach 23-jähriger Trennung. Melanie, Klein Niah auf dem Schoss, erzählt die wunderbare Geschichte mit einem Lächeln auf den Lippen: Sie wollte ein Pferd kaufen und interessierte sich für die Stute Lady Lennox. Der Deal scheiterte, stattdessen verliebten sich An­dreas und Melanie wieder ineinander. Inzwischen ist die Patchwork-Familie seit rund drei Jahren vereint.

Pferdevirus übertragen

Andreas Ott, der in Steinhausen im Kanton Zug aufgewachsen ist, kam früh in seiner Jugend mit Pferden in Kontakt. Papa Peter Ott, der im Mai 80-jährig wird, ist ebenfalls Bauingenieur und vom Pferdevirus infi­ziert. Er erwarb in Rossau ein 1850 erbautes und nunmehr unter Denkmalschutz stehendes Haus mit einstigem Kuhstall und drei Pferdeboxen. «Papa war ein Kavallerist. Als 14-Jähriger nahm ich meine ersten Reitstunden bei Paul Hürlimann, dem Olympiamilitaryreiter 1972 in München. Ivano hiess mein ers­tes Pferd, das ich unter Anleitung Hürlimanns selber ausbildete. Mit ihm war ich einst bester Schweizer Springreiter an der Junioren-EM und bin bis zu Fünfstern-Grand-Prix an CSI-Turnieren geritten», erinnert sich Andreas Ott.

Andreas Ott in seinem Ingenieurbüro in Steinhausen.

Papa Peter Ott ist befreundet mit der Architekten-Familie Theiler, mit den CSI-Zürich-Gründern Urs und Rolf Theiler, vor allem aber mit deren verstorbenem Vater Georges. Dieser war aus Übergewichtsgründen «aufs Pferd» gekommen ... Zusammen schmiedeten sie Turnierpläne. Peter Ott war eingeweiht – und schliesslich jahrzehntelang Stallchef des CSI Zürich.

Der spezielle Lord

Bei Sohnemann Andreas stellten sich sportliche Erfolge frühzeitig und schön regelmässig ein, nachdem der ehemalige Eishockey-Junior beim EV Zug dem Pferdevirus verfallen war. Mit Winston wurde er 1991 in Poliez-Pittet Vierter der Schweizer Meisterschaft, in der damals Lesley McNaught erstmals triumphierte. 1992 klassierte er sich als GP-Zweiter am CSI in Bratislava (SVK). Damals zahlte sich erstmals das Training bei Thomas Fuchs aus. Auch 2012 an der SM in Schaffhausen schrammte Ott als Vierter im Sattel von Loxy de la Réselle CH knapp an einer Medaille in der Elite vorbei.

Andreas Ott auf Loxy de la Réselle CH am CSIO5* St. Gallen.

Verblüfft hat der Säuliämtler, der trotz Talent, Fleiss und Ambitionen stets Amateur geblieben war, aber vor allem mit dem selbst ausgebildeten Holsteiner Schimmelhengst Lord Lennox. «Einer meiner grössten Erfolge war bestimmt der GP-Sieg im Millenniumjahr in Modena, der GP-Triumph 2000 in Ascona oder der zweite GP-Rang 2001 in Madrid.» Erfolge, die im In- und Ausland nicht unbemerkt blieben. So verkaufte der gewiefte Händler und Züchter Lord Lennox 2002 für eine damals immense Summe mit einigen Nullen nach Deutschland ins Gestüt Famos, für das unter anderem auch Markus Beerbaum oder Marc Ostendorf ritten. Aufgefallen ist der ehrgeizige Pferdesportler, der während 30 Jahren dem Elitekader angehörte und etliche Nationenpreise bestritt, aber auch mit dem als Fohlen gekauften und selbst ausgebildeten Rapphengst Loxy de la Réselle CH, einem Nachkommen von Lord Lennox. Am Mercedes-CSI Zürich beispielsweise war er 2013 als Sechs­ter in der Classic, dem Weltcupspringen, nach einem geringen Zeitfehler im Normalparcours bester Einheimischer und unmittelbar vor Olympiasieger Steve Guerdat mit Nino des Buissonnets, seinem Goldpferd von London, klassiert. 

Verkäufe reinvestiert

Andreas Ott blieb immer selbstständig, von keinem Mäzen oder Sponsoren abhängig. «Ich bin und war stets Realist», wirft der Zürcher mit den vielen Arbeitsfeldern ein. So verkaufte er wiederholt seine Spitzenpferde. Zu erwähnen sind Lord Lennox, Cassino, Unit of Colors, Landos oder auch Loxy de la Réselle, den er zusammen mit Lord Lennox, Winston und Ivano als seine Lieblingspferde nennt. Käufer von Loxy de la Réselle war nicht irgendwer, sondern der König von Marokko. «Ich habe die jeweiligen Verkaufssummen reinves­tiert», verrät Ott. «Ich habe für mich, aber auch für meine Töchter Pferde gekauft.»

Elin in Papas Fussstapfen

Zwei der drei Töchter von Andreas Ott aus erster Ehe reiten mit Begeisterung und Erfolg. Vor allem die 20-jährige Elin ist in Papas Fuss­stapfen getreten. Die ehemalige Schülerin der Sportschule Cham, die im Juni ihre KV-Ausbildung abschliesst und anschliessend Profireiterin werden möchte, wurde letztes Jahr in Wädenswil mit der Holsteinerstute Nanu ihres Papas erstmals Schweizermeis­terin der Jungen Reiter. Ein Erfolg, der einst auch Papa Andreas geglückt ist. «Mein Vorbild ist denn auch mein ‘Pa’. Ich bilde mich aber auch gelegentlich mit Jessica Kürten weiter», erzählt die zielorientierte Teenagerin. «Nanu ist mein Lieblingspferd. Ich reite sie erst seit April 2018, also noch kein ganzes Jahr. Wir verstehen uns immer besser, was vor allem ein dritter Rang am CSI Salzburg von Mitte Dezember über Parcourshöhen bis 150 Zentimeter verdeutlichen.» Elin, die als Absicherung zum Sport die zweijährige Berufserfahrung im Personalwesen aufweisen kann, hat derzeit wenig Freizeit. Der Lehrabschluss steht bevor und daheim in Rossau warten nebst Nanu auch Ekina, mit der sie die EM der Junioren 2016 in Mill­street (IRL) bestritt und die wieder in den eigenen Stall zurückgekehrt ist, und die verheissungsvolle Zangersheider Schimmelstute Ok­lahoma darauf, bewegt und gefördert zu werden.

Ein Jahr Pause

Ein Jahr lang wandte sich Elin vom Sport und den Pferden ab. «2017 machte ich Pause. Schule, Lehre, andere Aktivitäten und regelmässiges Training waren mir zu viel. Doch ich spürte, dass mir die Pferde und der Concourssport fehlten. So stieg ich im April 2018 wieder voll und mit Begeisterung ein. Ich erkannte, dass Pferde und Sport meine Lebensinhalte sind und ich mir vorstellen könnte, einst Papas Pferdebetrieb in Ross­au zu übernehmen.» Der «Säuliämtler Sports Award», ein Pokal mit einem «Holzsäuli», und der Schweizermeistertitel im Nachwuchs könnten am Anfang einer verheissungsvollen Karriere stehen.

Aktuelle Schweizermeisterin bei den Jungen Reitern: Elin Ott mit Nanu II.

Talent, Fleiss, Eifer und gute Pferde sind vorhanden. Elin nachahmen möchte auch ihre jüngste Schwester Malin, die Schülerin der zweiten Sekundarklasse. Mit Lorina, der 14-jährigen Inländerstute von Lord Lennox, und Castella weist sie schon etliche Topklassierungen, Siege und Podestplätze national und international über 110 und 115 Zentimeter auf. Einzig Merel hat dem Pferdesport 2015 den Rücken gekehrt. Sie war einst auch im nationalen Juniorenkader und nahm an zwei Europameis­terschaften teil, konzentriert sich aber nun auf ihre Ausbildung als Restaurationsfachfrau.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 10/2019)

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