Erst seit 2013 existiert der Verein Arbeitsreitweise Schweiz – Equitation de Travail Suisse (ARSETS) mit dem Ziel, die Disziplin «Working Equitation» in der Schweiz zu etablieren und zu fördern. Das neu gegründete Nationalkader war am Wochenende erstmals an einem internationalen Turnier in Hohentengen (GER) am Start und schlug sich beachtlich, gleichzeitig wurden die EM-Selektionen bekannt gegeben.
Sie sind Pioniere. Schweizer Pioniere in einer Sportart, die es weltweit noch gar nicht lange gibt und die in der Schweiz erst seit ungefähr drei Jahren überhaupt Beachtung findet. «Working Equitation» heisst sie, stammt ursprünglich aus den südlichen Ländern Italien, Frankreich und Spanien, später kam Portugal dazu und existiert in dieser Form erst seit 2008. «Working Equitation» entstand aus den traditionellen Arbeitsreitweisen Südeuropas und soll die Eignung des Pferdes für die Arbeit im Feld demonstrieren. Dazu gehören Gehorsamkeit, Rittigkeit und Durchlässigkeit in der Dressur und im Arbeitsparcours. Wendigkeit und Schnelligkeit sind im sogenannten Geschwindigkeitsparcours gefragt. Nervenstärke und ein Mitdenken sind bei der Rinderarbeit grundlegend.
Oben: Für die EM nominiert: Therese Kropf und ihr Holländer-Wallach Varenne Lalan.
Unten: Zweiter Rang in der Rinderarbeit: Alexandra Stoller mit dem 19-jährigen Buddy.
Ein sogenanntes «Working Equitation»-Turnier setzt sich in der Masterklasse (S) aus vier Teilprüfungen zusammen. Sie bestehen aus einer Dressurprüfung (in der S-Klasse einhändig geritten), einem Trailparcours, der einmal auf Stil und ein zweites Mal auf Zeit geritten wird, sowie der Rinderarbeit (siehe auch Box auf der nächsten Seite). In den tieferen Klassen wird die Rinderarbeit noch nicht verlangt.
Obwohl viele spanische Pferderassen bei der «Working Equitation» zu sehen sind, sind die Turniere offen für alle Rassen und Reitweisen und stellen eine gute Abwechslung für Sport- und Freizeitpferde dar.
Frau der ersten Stunde in der Schweiz ist Alexa Häusler, die 2011 gemeinsam mit einer Kollegin erstmals ein «Working Equitation»-Turnier besuchte und sofort fasziniert war von der Rittigkeit der Pferde und den Aufgaben, die sie in scheinbarer Leichtigkeit mit ihren Reitern lösten. In dieser Zeit kaufte die Schweizerin ihren ersten Lusitano. «Selbstverständlich benötigt man keinen Spanier, um an «Working Equitation»-Turnieren teilnehmen zu können, aber ich war seit jeher begeistert von diesen ausdrucksstarken Pferden», erklärt sie. Gemeinsam mit weiteren Reiterinnen entschied man sich im Jahr 2013, den Verein Arbeitsreitweise Schweiz (ARSETS) zu gründen, um so die Grundlagen «Working Equitation» in der Schweiz zu fördern, zu schaffen. Alexa Häusler ist die erste Präsidentin des noch jungen Vereins.
Oben: Im Galopp über die Brücke: Im Speedtrail machte Elke Seitz-Friedli mit Arwen Plätze gut und wurde im L Gesamtvierte.
Unten: Mit Übersicht: Teamchefin Fränzi Zeller und Condo di San Martino wurden in der L-Klasse ebenfalls Vierte.
Ein portugiesischer Nationaltrainer
Ungefähr zur selben Zeit nahmen die Pionierinnen Kontakt zur portugiesischen «Working-Equitation»-Koryphäe Bento Castelhano auf, mit der Bitte, sie mit seinem Wissen in Kursen zu unterstützen. Der Portugiese willigte ein – und wurde wenig später gar zum Schweizer Nationaltrainer ernannt.
Seither trainiert Bento Castelhano regelmässig mit den Schweizern. Organisierte man vor zwei Jahren ein erstes Turnier in der Schweiz, waren es letztes Jahr bereits zwei und dieses Jahr stehen deren fünf auf dem Programm – nun auch die ersten mit Prüfungen bis zur Masterklasse. Bis anhin war es gar nicht möglich, in der Schweiz eine Prüfung der Masterklasse zu reiten, weil schlicht noch niemand auf diesem Niveau war, erklärt Alexa Häusler.
Auf dem Weg
Mit der Gründung des Nationalkaders im Hinblick auf die Europameisterschaften im Mai in München näherte man sich im Winter Schritt für Schritt dem S-Niveau mit dem Ziel, am Osterwochenende in Hohentengen eine erste Prüfung in der Masterklasse bestreiten zu können. «Uns ist natürlich bewusst, dass wir eigentlich noch nicht so weit sind, aber wir betrachten die EM als weiteren Schritt auf unserem Weg und blicken eher in Richtung WM 2018», sagt Alexa Häusler.
Hochstehend: Einhändiger Sidepass mit Garocha. Carène Riedo zeigt, wie es geht.
Nationaltrainer Bento Castelhano sieht dies genauso. «Wir müssen international Erfahrungen sammeln und uns langsam an dieses Niveau angleichen», erklärt er und fügt an: «Ich bin sehr zufrieden mit den Schweizer Reiterinnen. Sie leisten einen grossen Effort. Nicht nur reiterlich, auch finanziell und zeitlich.» Es mache ihm deshalb grossen Spass, mit ihnen zu arbeiten. «Ich blicke zuversichtlich in Richtung Weltmeisterschaften 2018, bis dann werden wir ein schlagkräftiges Team haben.»
Grosse Nachfrage
Nicht nur an der Spitze tut sich einiges in Sachen «Working Equitation». Letztes Jahr wurden in der Schweiz sage und schreibe 80 Kurse mit insgesamt 730 interessierten Teilnehmern organisiert. Dieses Jahr stehen noch mehr Kurse auf dem Programm. «Die Nachfrage und das Interesse sind enorm», so Alexa Häusler, «und es macht grossen Spass, diese neue interessante Sportart in der Schweiz mitzuentwickeln.»
In Hohentengen liessen die Schweizerinnen in Teildisziplinen bereits ihr Können aufblitzen. In der Rinderarbeit klassierte sich Alexandra Stoller mit Buddy auf dem zweiten Rang. Im Dressurtrail verpasste Frauke Matter mit Cholito eine Klassierung der besten sechs als Siebte nur hauchdünn und im Speedtrail war es erneut Alexandra Stoller, die sich als Fünfte unter die Klassierten einreihte. Im Gesamtklassement war Frauke Matter mit Cholito als beste Schweizerin auf dem zehnten Platz zu finden.
Im Rückwärtsgang: Frauke Matter mit ihrem Cholito im Dressurtrail.
Auch in den L-Prüfungen waren mit Franziska Zeller auf Condo di San Martino und Elke Seitz-Friedli auf Arwen zwei Schweizerinnen am Start. Beide begeisterten mit mehreren Klassierungen in den Teilprüfungen und einem ex aequo geteilten feinen vierten Platz im Gesamtklassement. Franziska Zeller ist zudem Teamchefin des Kaders.
(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 12/2016)
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