Suche
Smart Horse Stable
Previous Next
Aktuelle Themen

Spitzensport beginnt im Stall

09.05.2017 12:50
von  Karin Rohrer //

Ein gesundes Turnierpferd, welches bis ins hohe Alter die Freude an der Arbeit nicht verliert, und Reiter, die ihr Wissen stetig erweitern. Diesen Fokus haben Rebekka Blumer und Manuela Witt im Auge. Dass die Kombination von möglichst artgerechter Haltung und Spitzensport realisierbar ist, beweisen sie auf der neuen Anlage Smart Horse Stable im luzernischen Richenthal.

Im November 2015 begannen die Bauarbeiten und im Juli 2016 bezogen die ersten Pferde die hellen Boxen mit integrierter Entmistungsanlage. Alle 16 Boxen haben einen permanenten Auslauf von 24 Quadratmeter und speziell ist die Bodenbeschaffenheit. «Wir haben Sand gewählt, weil dieser Untergrund für Gelenke, Bänder und Sehnen sowie die Bewegung im Allgemeinen gut ist und die Pferde sich gerne darauf hinlegen zum Schlafen», erklärt Rebekka Blumer. Von den Ausläufen gibt es einen direkten Zugang zu zwei grossen Sandpaddocks, auf welchen die Pferde in kleinen Gruppen Sozialkontakte pflegen können. Die luftige Stallgasse ist breit und bietet genügend Platz für die Sattelcaddys, welche zu jeder Box gehören. Somit hat jeder Pensionär seinen Sattel, Zaumzeug, Pad und die wichtigsten Utensilien schnell zur Hand. Von der Stallgasse aus hat man Einblick in die Reithalle, welche mit Reiningboden und automatischer Beregnungsanlage versehen ist. Stangen, Dual-Material und Panels sind für Trail- oder Roundpentrainings vorhanden. Im grossen Reiterstübli mit Sicht in die Reithalle, praktisch mit Küche ausgestattet, finden bis zu 30 Personen Platz, womit auch an die geplanten Theoriekurse gedacht wurde.

Die helle Reithalle ist mit einem speziellen Reiningboden ausgestattet und wird automatisch bewässert.

Im grossen Reiterstübli können auch Theoriekurse/Vorträge organisiert werden, inklusivem Blick in die Reithalle.

Langjährige Freundschaft

Der ganze Betrieb ist bis ins Detail «horse-smart». Die Abläufe im Stall sind so konzipiert, dass sie von einer Person erledigt werden können und die Pensionäre profitieren von grosszügigen Platzverhältnissen im und um den Stall herum, welcher fünf Minuten von den Autobahnzufahrten Reiden und Dagmersellen entfernt ist. «Ich wollte meine Pferde nach den eigenen Vorstellungen unterbringen und die Haltung mit idealen Trainingsbedingungen kombinieren. Manuela Witt und ich kennen uns seit 15 Jahren und irgendwann entstand die Vorstellung, unseren Traum gemeinsam zu realisieren», blickt Blumer zurück. Die 47-jährige Manuela Witt wohnt in Wangen bei Olten und arbeitet als Trainerin und Reitlehrerin auf der Anlage, gibt aber auch extern Kurse, sogar im Ausland. In Hamburg aufgewachsen, fing sie gleich nach der Schule an, mit Pferden zu arbeiten, bildete sich bei vielen in- und ausländischen Trainern weiter und kam vor ungefähr 25 Jahren durch die Liebe in die Schweiz. Ihrem Lebenspartner Marco Barmettler gehört ein Turnierpferd und zurzeit hat Manuela Witt, die den Titel «AQHA Professional Horseman» trägt, einige Jungpferde zur Ausbildung im Stall.

Erfahrungen weitergeben

In der Westernszene ist die mehrfache Europameisterin und Futurity-Gewinnerin seit 20 Jahren zu Hause. Für Hobbys nebst dem Reiten bleibt der engagierten Pferdefrau wenig Zeit. Ihr Know-how in allen Wes­ternreitdisziplinen (ausser Reining) wird geschätzt und auf der Anlage werden Kurse mit nationalen und internationalen Trainern und Tierärzten/Therapeuten organisiert, auch Trainingsgruppen mit Schwerpunkt Reining sind geplant. «Uns liegt am Herzen, dass man hier von den Besten der Besten lernen, Meinungen und Rat einholen und den Austausch pflegen kann; auch Verbands- oder Reitstil übergreifend. Die Reiter und Pferdebesitzer sollen sich fortbilden können, denn heute reitet man Pferde einfach anders als vor 20 Jahren», erzählt Witt, während sie ihre Hunde, einen Border Collie und einen Boston Terrier, streichelt. Manuelas Leitsatz lautet «Great things never come from comfort zones».

Rebekka Blumer und Manuela Witt beim Brunnen, welcher nach einem Ausritt gerne als Tränke benutzt wird.

Die Ausläufe können geöffnet werden, womit der Zugang zum Gruppenpaddock gegeben ist.

Flair für Wildpferde

Rebekka Blumer arbeitet im eigenen Betrieb für Seminar- und Kongressorganisation im medizinischen Bereich und wohnt in Richenthal. Die 49-Jährige ist im Zürcher Unterland aufgewachsen und hatte schon als Jugendliche ein Flair für den Westernsattel. Einerseits mag sie die Performance­prüfungen im Westernreiten, andererseits lässt sie es im Reining gerne «mal krachen» und betitelt diese Disziplin gerne als ihre Leidenschaft. Deshalb ist sie mit beiden Stuten, die ihr gehören, in der Turniersze­ne unterwegs und schätzt die Vielseitigkeit der Wes­ternreiterei. In ihrer Freizeit engagiert sich Rebekka Blumer für die International Takhi Group (ITG) – Freunde des Wildpferdes. Diese Vereinigung sichert die Wiederansiedlung des Przewalski-Urwildpferdes (Takhi) in der Mongolei. Ihr Lebenspartner reitet auch und vier imposante Walliser Schwarznasenschafe gehö­ren zum «Streichelzoo» von Rebekka Blumer. «‘Smart Horse Stable’ soll ein Kompetenzzentrum werden für das Pferd, aber auch für die Reiter. Ein Pferdebesitzer investiert viel Geld in seine Passion, da soll er im Stall zufrieden sein und mit dem Pferd eine funktionierende Partnerschaft aufbauen können», meint die Stalleigentümerin.

Heu «à discrétion»

Die gute Seele im Stall ist Klaus Steiner. Der Angestellte kümmert sich um Pferde- und Stallpflege und ist «ein Pferdemann mit Herz», wie Witt den Stallmeister gerne nennt, welcher gerade am Auffüllen der «PortaGrazer» ist. Ein ausgeklügeltes, staubfreies Fütterungssys­tem, welches den Pferden erlaubt, auch in der Box in natürlicher Haltung zu fressen, steht 24 Stunden zur Verfügung und kann bei Bedarf für sehr gute Futterverwerter mit Stroh gemischt werden. Auch auf den Sandpaddocks oder Winterweiden stehen «PortaGrazer», damit die Pferde rundum Zugriff zum Heu haben. «Das Kraftfutter bekommen die Pferde zweimal täglich in bruchsicheren Eimern am Boden, um auch hier eine natürliche Fresshaltung zu ermöglichen», ergänzt Rebekka Blumer. Die Pensionäre schätzen das schöne Ausreitgebiet und sonntags findet oftmals ein gemeinsamer Stallausritt statt.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 18/2017)

[...zurück]