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Erster Sieg für Wouter Devos (BEL) und Tonik Hero in einem Vierstern-GP.
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Überraschungssieg für Wouter Devos

17.07.2018 15:49
von  Kirstin Burr //

Wouter Devos (BEL) verhinderte mit seinem Sieg im Grossen Preis, dass alle Siege in den Weltranglistenspringen in die Schweiz gingen. Rang zwei belegte Nicolas Deseuzes (FRA) vor Niklaus Rutschi (SUI). Elian Baumann gewann die zweit­wichtigs­te Prüfung des Turniers. Pius Schwizer feierte insgesamt drei Siege,zwei davon in den Weltranglistenspringen. Maureen Wahl sorgte im Grand Prix
der Amateure für einen weiteren Schweizer Erfolg.


Spannender Sport wurde den zahlreichen Zuschauern am Sonntagnachmittag geboten. Der Grosse Preis über 155 Zentimeter hielt einige Klippen für die 40 qualifizierten Paare bereit. Eine davon war die Zeit, an der Romain Duguet mit Calder als erster Starter scheiterte; er wurde Zehnter. Laura Renwick aus Grossbritannien verpasste auf Major Delacour das Stechen um gerade einmal sieben Hundertstelsekunden. Sie wurde Achte vor dem Italiener Massimo Regina. Elian Baumann (SUI) und Campari Z zeigten eine tolle Runde, doch ausgerechnet am letzten Sprung fiel die Stange. Sie belegten Rang elf. Pius Schwizer wurde seiner Favoritenrolle gerecht und zeigte die erste Nullrunde, Teamkollege Niklaus Rutschi und der Franzose Niklaus Deseuzes folgten ihm direkt im Anschluss mit ebenfalls blitzsauberen Runden. Danach mussten sich die Zuschauer lange gedulden, bis es bei Wouter Devos endlich mit der nächsten Nullrunde klappte. Am Ende gesellten sich noch Vorjahressiegerin Barbara Schnieper und Titouan Schumacher (FRA) sowie Derin Demirsoy (TUR) dazu.

Niklaus Rutschi und Carassina wurden Dritte im GP.


Pius Schwizer eröffnete das Stechen mit About a Dream. Aber schon ein Fehler an Sprung zwei machten alle Siegeschancen zunichte. «Ich musste riskieren, um die anderen unter Druck zu setzen. Da kann schnell ein Fehler passieren. Aber ich bin trotzdem zufrieden. About sprang super und ich hatte ein tolles Wochenende», meinte der aktuelle Schweizermeister nach seiner Runde. Teamkollege Niklaus Rutschi ging mit Carassina nicht auf volles Risiko, blieb aber zur Freude der Zuschauer fehlerfrei und wurde am Ende Dritter. «Ich bin selbst überrascht, dass Carassina so gut war. Sie ist letzte Woche in Albführen ihren ersten Dreistern-GP gegangen und jetzt hier doppelnull. Jetzt, wo ich gesehen habe, was sie kann, bin ich doch etwas enttäuscht, nicht mehr riskiert zu haben. Aber ich wollte einfach schauen, wozu es reicht, ohne es zu übertreiben. Sie ist ja erst neun Jahre alt und dank ihren Besitzern Hans Peter und Agnes Furler habe ich ein schnelles, vorsichtiges Pferd für die Zukunft im Stall.» Als Nächster betrat Nicolas Deseuzes mit Quilane de Lezeaux die Bahn. Der Franzose ist kein Unbekannter in Crans, gewann er doch schon einige Springen hier in den letzten Jahren. Und tatsächlich legte er los. An Sprung zwei klapperte es, doch alles blieb liegen und er konnte sich knapp vor Rutschi einreihen. «Ich bin sehr glücklich. Quilane war verletzt und ist noch nicht so lange wieder zurück. Daher ist der zweite Platz etwas Besonderes für mich», freute sich Deseuzes.
Wouter Devos und Tonik Hero bewiesen dann, dass es noch schneller geht und übernahmen die Führung, die ihnen dann auch keiner mehr streitig machen konnte. Titouan Schumacher und Atome Z patzten am gleichen Sprung wie Schwizer, aber der Franzose drückte weiter aufs Gas und konnte sich so Rang fünf sichern. Auch Derin Demirsoy wollte dieses Mal im Stechen fehlerfrei bleiben. Doch er kam mit Harry K zu doll in die zweifache Kombination und der Einsprung fiel. Als letzte Starterin kam Barbara Schnieper, die ihren Vorjahressieg gerne wiederholt hätte. Es sah gut aus, aber dann riss Cicero F eine Stange am Aussprung der Kombination. «Ein wenig bin ich natürlich enttäuscht, aber Rang vier in einem Vierstern-GP, so gut war ich noch nie. Das ganze Wochenende lief nicht so gut hier, daher ist das doch ein sehr versöhnlicher Abschluss. Und eine Bestätigung meiner Leistungen vom Vorjahr», sagte Schnieper.
Wouter Devos dagegen konnte sein Glück gar nicht fassen: «Wir haben zwar schon GPs auf Zwei- und Dreisternniveau gewonnen, aber noch nie einen Vierstern. Das ist unser grösster Erfolg. Wenn mir das heute Morgen jemand gesagt hätte, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Ich habe Tonic seit er fünf Jahre alt ist. Er ist mein bes­ter Freund. Wir haben eine besondere Verbindung. Letztes Jahr haben einige Leute zu mir gesagt, dass er ja schon alt sei und es abwärts gehen würde. Aber im Gegenteil! Er ist in der Form seines Lebens.» Der Belgier arbeitet ansonsten gemeinsam mit seinem Bruder in der Obstfirma seiner Eltern: «Pieter ist für den Verkauf zuständig, daher kann er viel über das Telefon regeln und so auf die ganzen Turniere fahren. Für mich ist das schwieriger, daher bin ich meistens nur in Belgien unterwegs. Hier zu sein, ist fast wie Ferien für mich.»

Baumanns Bestätigung
Elian Baumann und Campari Z bestätigten nach dem Sieg im GP von Ligniéres ihre gute Form. In der zweitwichtigsten Prüfung, dem Springen über 150 Zentimeter am Freitag, liessen sie die Konkurrenz hinter sich. Es war ein selektiver Kurs, in dem es viele Fehler an den beiden Kombinationen gab und auch die Zeit eine entscheidende Rolle spielte. So kamen sieben Paare mit einem Zeitfehler ins Ziel. Darunter auch Martina Meroni mit Rock de Vains.

Grosser Erfolg für Elian Baumann und Campari Z: Sieg in der 150er-Prüfung.

Zwölf der gestarteten 74 Paare blieben ohne Fehler. Bronislav Chudyba (SVK) verzichtete zur Schonung seines erst achtjährigen Pferdes Frederiks auf das Stechen. Der Brite Robert Smith setzte mit Cimao E die erste Marke, die aber sofort vom Belgier Chris­tophe Vanderhasselt und Identity Vitserol unterboten wurde. Simone Wettstein ging mit Crystal IV auf Nummer sicher und zeigte eine schöne Nullrunde. «Ich habe Crystal seit er fünf ist. Damals war er sehr schwierig und wir hatten viele Probleme. Dann lief es sehr gut, bis er Probleme durch den Beschlag bekam. Jetzt klappt es wieder gut. Seit diesem Jahr bestreiten wir die schwereren Prüfungen und er war zum Beispiel im GP von Zug und Vittel platziert. Er war super heute», strahlte die Thurgauerin. Baumann gab mit Campari dagegen richtig Gas und übernahm die Führung. Die sollte ihm auch keiner mehr streitig machen.

Rang zwei im GP für Nicolas Deseuzes und Quilane de Lezeaux.


Nicolas Deseuzes und Quilane de Lezeaux waren langsamer und wurden Vierte. Lokalmatadorin Aurelia Loser belegte nach einem Fehler Rang acht mit ihrem Hengst Romando de l’Abbaye. Baumann freute sich über seinen grössten Erfolg seit seinem Sieg im GP von Humlikon 2015: «Mein Ziel war eigentlich nur, mich für den GP zu qualifizieren, da es gestern noch nicht so gut lief. Ich wollte nur sicher auf null gehen. Es hat mich überrascht, dass es dann zum Sieg gereicht hat. Campari sprang super. Pius hat mir noch Tipps gegeben, was ich von Sprung eins auf zwei machen soll und welche Dis­tanz ich ‘abtraben’ soll. Das wollte ich zuerst gar nicht machen, aber im Parcours drin machte ich es dann trotzdem und das war gut.» Camparis Besitzerin Riccarda Wenger, die den Wallach meistens selbst reitet und bewegt, hatte vor Freude Tränen in den Augen.

Die entscheidende Wendung
Am Samstagmittag fand eine weitere Weltranglis­tenprüfung statt. In dieser über 145 Zentimeter blieben 21 der gestarteten 64 Paare fehlerfrei. Darunter waren zur Freude der einheimischen Zuschauer auch die beiden Crans- Montana-Repräsentanten Aurelia Loser und Laurent Fasel sowie die weiteren Schweizer Pius Schwizer, Marc Röthlisberger, Jean-Maurice Brahier, Jordan Schoch, Olivier Bujard, Edwin Smits und Martina Meroni. Der Beginn des Stechens verzögerte sich um einige Zeit durch einen Hubschraubereinsatz. Entgegen aller Gerüchte war dies nicht ein Promi, der eingeflogen wurde, sondern ein Rettungseinsatz auf der nahegelegenen Downhillstrecke. Jordan Schoch musste den Parcours auch noch einmal verlassen und auf seinen Stechauftritt warten, als der Helikopter wieder kam, um den Patienten zu bergen. Pius Schwizer war der einzige Reiter, der mit Balou Rubin auf den vorletzten Sprung derart eng wendete, dass kein anderer die Chance hatte, seine Zeit zu schlagen.

Pius Schwizer und Balou Rubin gewannen zwei Weltranglistenspringen.

«Solche engen Wendungen liegen ihm. Er wird dann erst richtig wach. Balou ist sehr sensibel und vorsichtig. Er ist sehr schreckhaft beim Abreiten und im Stall, aber im Parcours ist er voll da und kämpft immer mit. Bei so vielen Startern im Stechen habe ich gedacht, ich muss es versuchen. Hopp oder top und es hat geklappt.» Rang zwei ging an Aurelia Loser und Samira L: «Es ist einfach schön, zu Hause gut zu sein. Meine ganze Familie und Freunde sind da zum Zuschauen. Letztes Jahr lief es hier nicht so gut und heute der zweite Platz. Es fühlt sich an, wie ein erster. Wir wissen alle, wenn Pius im Stechen und null ist, dann ist es fast unmöglich, ihn zu schlagen. Daher bin ich auch nicht das letzte Risiko eingegangen. Samira ist einfach toll gesprungen und hat wieder für mich gekämpft. Sie ist mein Lieblingspferd, weil sie so einen fantastischen Charakter hat.» Rang drei ging mit Marc Röthlisberger und Cavaluna ebenfalls in die Schweiz. Jean-Maurice Brahier (Sole Mio Km CH) und Laurent Fasel (Mala Noche CH) blieben ebenfalls fehlerfrei und wurden Sechster und Achter.

Schwizer Siege
Am Donnerstag gewann Pius Schwizer sowohl das Weltranglistenspringen über 145 Zentimeter als auch die 140-Zentimeter-Prüfung. Mit Balou Rubin liess er der Konkurrenz in der ersten Qualifikation zum Grossen Preis keine Chance. «Die Sprünge waren für den ersten Tag schon sehr mächtig, normalerweise ist es ja am ers­ten Tag eher etwas leichter. Rolf Lüdi weiss, wie er die Reiter testen kann und spielt mit den Farben und Distanzen. Man muss einen Plan haben und genau wissen, was man macht, wenn man landet. Überlegt man es sich erst zwei Galoppsprünge danach, ist es zu spät. Aber es war ein perfekter Kurs für Balou mit den engen Wendungen», erläuterte Schwizer. Rang zwei ging an Robert Smith mit Ilton. Rang drei an Edwin Smits und Dandiego B Z. Simone Wettstein und Chrystal IV wurden Achte. In der 140er-Prüfung war Schwizer mit Caruso Enrico eine halbe Sekunde schneller als der Franzose Julien Anquetin auf F. Der Kanadier Braden James wurde Dritter mit Zumba.

Wahls erster GP-Sieg
Auch im Grossen Preis der Amateure gab es einen Premierensieg. Die Schweizerin Maureen Wahl konnte mit Carlina Z, die im Vorjahr noch mit Wahls Extrainerin Joelle Brahier Hillerau in Crans-Montana am Start war, ihren ersten GP gewinnen. Seit einem Monat ist Wahl bei Frédérique Fabre Delbos im Stall und auch diese war stolz auf den Erfolg ihres Schützlings. Wahl war überglücklich: «Carlina ist einfach ein so tolles Pferd und hat fantastisch mitgemacht.» Auch ihre Konkurrentinnen im Stechen, Julie Ducret und Susi Quattro, haben mit Alain Jufer einen prominenten Trainer. Beide Paare patzten im Stechen, doch Wahl war über fünfeinhalb Sekunden schneller.

Erster GP-Sieg für Maureen Wahl und Carlina L in der Amateurtour.

Rang drei belegte der Junior Gus­tave Angeloz auf Quidam de Luxe M.
Organisator François Besençon zeigte sich zufrieden: «Der Schritt von drei auf vier Sterne war richtig. In den letzten beiden Jahren kamen 65 Prozent der Starter aus der Schweiz, dieses Jahr nur 32 Prozent. Statt 14 Nationen sind 21 hier. Das ist toll. Das Turnier ist eine sehr gute Werbung für Crans-Montana und die Region, vor allem durch den kostenlosen Eintritt kommen auch viele Touristen einfach zum Zuschauen, das weckt Interesse am Reitsport. Durch die Übertragung von Clipmyhorse.tv und Grandprix.tv erreichen wir Zuschauer in ganz Europa. Wir sind stolz darauf, das grösste Bergturnier zu sein. Die Reiter sind sehr zufrieden, der einzige Kritikpunkt war, dass sich nur 40 Paare für den GP qualifizieren konnten. Wir wollten eigentlich nur 60 Reiter im Vierstern starten lassen, aber durch die wenigen Amateure mussten wir das Kontingent aufstocken und hatten daher 74 Reiter. Das soll sich im nächsten Jahr wieder ändern. Aber auch wir müssen wirtschaftlich denken.»

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 28/2018)

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