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Ondrej Velek freute sich über den Sieg mit Blingless im längsten Jagdrennen der Schweiz.
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Verpatzte Chance

08.05.2018 11:53
von  Willi Bär //

Weil das Geläuf durch unsachgemässe Bewässerung eine gefährliche Stelle aufwies, kamen am Sonntag in Dielsdorf viele Pferde erst gar nicht an den Ablauf. Blingless und Cabaleiro gewannen gegen zwei respektive drei Gegner die Hauptereignisse.

Ein tolles Programm, herrliches Wetter und so viele Zuschauer wie in Dielsdorf schon länger nicht mehr – es deutete alles auf ein Turffest hin und dementsprechend gross war die Vorfreude. Doch sie wich bald Entsetzen und Ärger. Der beeindruckende Sieg von Roi des Cieux geriet im ersten Rennen fast zur Nebensache, weil die Kräuliger-Stute Pearl Cross im ersten Bogen weg­rutschte und ihr Jockey Clément Lheureux im Gras landete. Im zweiten Rennen verlor in der gleichen Kurve die Stute Elaine den Boden unter den Hufen. Ihre Reiterin Nadia Burger blieb regungslos auf der Bahn liegen, sodass das Rennen
abgebrochen werden muss­te. Nun begab sich die Rennleitung in Begleitung einiger Reiter auf die Bahn, um sich die gefährliche Stelle anzusehen. Nach langen Beratungen entschied man sich, die Stelle durch Ausstecken zu umgehen, wodurch von der Bahn im Bogen nur noch ein schmaler Schlauch übrig blieb.

Die Starterfelder lichten sich

Nach eineinhalb Stunden Pause, während der sich das erstaunlich gleichmütige Publikum den Verpflegungs- und Getränkeständen zugewandt hatte, ging es dann weiter, doch mit drastisch reduziertem Bestand. Von den 47 Pferden, die in den restlichen fünf Rennen hätten antreten sollen, wurde rund die Hälfte von ihren Trainern oder Besitzern zurückgezogen. Darunter Aushängeschilder wie Samurai, Nimrod oder Filou. Bebel war bereits zuvor als Nichtstarter gemeldet worden. Damit verlor die Veranstaltung viel von ihrem sportlichen Reiz. Das Ärgerliche an der Geschichte: Das Desaster ist nicht auf unbeeinflussbare äussere Einflüsse zurückzuführen, sondern es ist selbst gemacht. Eine wunderbare Gelegenheit, um für den Rennsport Werbung zu machen, wurde so vertan. Immerhin sollen die beiden gestürzten Reiter ohne grössere Verletzungen davongekommen sein, was vor allem im Fall von Nadia Burger alles andere als selbstverständlich war.

Blingless wiederholt Vorjahressieg

Wie toll das Ganze hätte werden können, zeigte sich nach der Pause. Auch mit den reduzierten Feldern und ohne einen Teil der ­Favoriten bekam man packenden Rennsport geboten. Im nominellen Hauptereignis, dem mit 30000 Franken dotierten Jagdrennen um den Grossen Preis der Stadt Zürich (4300 Meter), galoppierte das Dreiergrüppchen lange dicht beieinander. Schweiz-Debütant Horus de Pompadour führte vor Blingless und dem ebenfalls neu aus Frankreich gekommenen Dastary d’Airy. Während der Animator in der Endphase zurückfiel, setzte sich mit Blingless ausgerechnet das Pferd durch, das zuvor als Erstes in Nöten zu sein schien. Doch früh von seinem Reiter Ondrej Velek unterstützt, konnte der von Claudia Schorno trainierte Zehnjährige den vor einem Jahr errungenen Titel erfolgreich verteidigen.

Kräuliger-Siege durch Cabaleiro und Le Colonel

In den klassischen 2000 Guineas (1600 Meter, 20000 Franken) wurde der in der Schweiz nach vier Starts noch ungeschlagene Zantario als Favorit gehandelt. Im Unterschied zu den früheren Auftritten gelang es dem von Nicolas Guilbert gerittenen Fuchshengst diesmal nicht, die Führung zu übernehmen, weil die flink gestartete Just Approve (Dennis Schiergen) diese für sich beanspruchte. Auf der Zielgeraden zog Zantario dann an der sich beherzt wehrenden Stute vorbei. Der Schützling von Chris­tina Bucher sah aus wie der kommende Sieger, ehe er ganz am Schluss vom innen heranrauschenden Cabaleiro noch abgefangen und mit einem Hals Abstand auf den Ehrenplatz verwiesen wurde. Cabaleiro, der die Farben von Anton und Verena Kräuliger trägt, hatte seine Karriere in Frankreich begonnen und erst vor Kurzem eine Boxe bei Andreas Schärer in Dielsdorf bezogen.

Cabaleiro siegte mit Kieran O’Neill in den Bügeln in den 2000 Guineas knapp vor Zantario (Nicolas Guilbert).

Nach einem ganz ähnlichen Muster verlief der Grosse Preis des Rennvereins Zürich (2300 Meter, 15000 Franken). Zambeso (Tim Bürgin) hatte sich im Duell mit Puelo (Nicolas Guilbert) durchgesetzt und schien auf dem Weg zum Sieg zu sein, als sich innen der «Kräuliger» Le Colonel im letzten Moment noch an Martina Stadelmanns Schimmel «vorbeischlich».

Mit den «falschen Pferden» gewonnen

Eigentlich hatte Trainer Miro Weiss Jockey Kieran O’Neill engagiert. Der 30-jährige Ire, der in England lebt, sollte den Favoriten Thomy Dee, GP-St. Moritz-Sieger Nimrod und Footprintinthesand reiten. Da das Rennen mit Thomy Dee annulliert wurde und Miro Weiss Nimrod und Footprintinthesand abmeldete, hätte O’Neill unverrichteter Dinge nach Newmarket zurückkehren müssen. Doch da Clément Lheureux nach dem Sturz im ersten Rennen ausfiel, sprang der Ire kurzfristig als Ersatz für den letztjährigen Champion ein. Daraus resultierte eine unerwartete Win-win-Situation für beide Seiten, denn Kieran O’Neill siegte zuerst mit Le Colonel und eine Stunde später mit Cabaleiro.

Doppelsieg für Erni und Stadelmann

Hatte der von Claudia Erni für Martina Stadelmann trainierte Schimmel Zambeso den Volltreffer noch knapp verpasst, so gab es später doch noch einen Erfolg für das Duo. Notte A Roma gewann unter Nicolas Guilbert das grosse Meilenrennen (15000 Franken) Start–Ziel. Der stets an zweiter Stelle galoppierende Take A Guess (Tim Bürgin) sorgte gar für einen Doppelsieg der Farben von Martina Stadelmann. Gallapagos (Pierre Bazire) wurde nach einem starken Finish Dritter.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 18/18)

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