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Die Pferde- und Tierfamilie Maeder mit (v. l.) Kurt, Tochter Gabi, deren Springpferd Qui est-il, Gattin Brigitte und der spanischen Continental-Bulldoggen-Dame Chupita.
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Vom Senkrechtstarter zum Türöffner

24.10.2017 14:04
von  Peter Wyrsch //

Einst war er im Springsattel der Senkrechtstarter. Er nahm 1972 in München mit 20 Jahren als jüngster Schweizer Reitgenosse an Olympischen Spielen teil – und ist dies bis heute geblieben. 1978 beendete «Küde», wie ihn all seine Weggenossen nennen, seine kurze und ­erfolgreiche Profilaufbahn. Er sattelte um und setzte seine beruflichen Prioritäten anders. Der gelernte Kaufmann übernahm mit seinem jüngeren Bruder Beat die Türfachhandelsfirma KMK mit heutigem Sitz in Elgg ZH. Seinem Hobby blieb er als regionaler Amateurreiter treu. Sein erworbenes sportliches Wissen gab er als ehrenamtlicher Spitzenfunktionär in verschiedenen Pferdesportgremien weiter. Kurt Maeder war und ist weiterhin engagierter und kundiger ­Türöffner für so manchen Athleten und Veranstalter. Rückblende: Mit 20 Jahren stand «Küde» Maeder auf dem Olymp, an der Spitze seiner sportlichen Aktivi­tät. Der am 10. September 1952 geborene Sohn des Sägemeisters und Kavalleris­ten Kurt war noch nicht volljährig, als er 1972 in München mit Abraxon zusammen mit Monica und Paul Weier, Max Hauri und Hermann von Siebenthal zur Schweizer Olympiareit­equipe zählte. Im Teamwettbewerb (die Schweiz wurde hinter Deutschland, den USA, Italien und Gross­britannien Fünfte) kam der in Elgg von Paul Weier und dessen gestrenger Mama Mary geförderte Jungreiter noch nicht zum Einsatz. Im Einzel indes durfte Maeder mit seinem Irländer ran. Er zahlte Lehrgeld, totalisierte finale 28 Punkte und klassierte sich an 47. Stelle. Doch der Durchbruch und der Anschluss in die internationale Spitze war für das unerfahrene Paar geschafft. Es folgten im gleichen Jahr auf der Zürcher Hardwiese der ers­te Meistertitel vor Max Hauri mit Haiti und Monica Weier auf Vasall und zahlreiche Aufgebote für internationale Turniere.

«Türöffner» Kurt Maeder. 

Abraxon für 25000 Franken

Der nur 165 Zentimeter grosse Irländerwallach Abraxon war ein «Alleskönner, ein Weltklassepferd. Nervös und zu­nächst schwierig zu führen, aber ein vorsichtiger Kämpfer, der immer besser wurde», wie Maeder sein bestes Pferd, das er je ritt, beschreibt. Papa Kurt, der zunächst mit seiner Familie in Neuenegg im Berner Mittelland hauste, hatte den Irländer sechsjährig für seinen reitbe­geis­terten Sohn gekauft. «Für 25000 Franken», wie Maeder ergänzte. Der Aufwand lohnte sich. Nach Silber mit der Mannschaft und Bronze im Einzel an den Junioreneuropameis­terschaften 1970 in St. Moritz debütierte «Küde» mit Abraxon 1972 beim CSIO in Luzern in der Schweizer Equipe, welche hinter Deutschland und vor der USA den bemerkenswerten zweiten Platz erreichte. Der Weg führte im gleichen Jahr auch an den CHIO Aachen und an den CSI St. Gallen. Der talentierte und zielstrebige Jungspund hatte den Durchbruch geschafft. Später ritt das Paar diverse Male auf das Podest, so zum Beispiel auch an den CSIs in Wien und München. 1976 an den nationalen Titelkämpfen in Zürich gewann der Elgger mit Abraxon SM-Bronze. Mae­ders Resultate erweckten Beachtung und Kauflust etlicher Reitergrössen. Der Deutsche Hans-Günter Winkler, fünffacher Olympiasieger und eins­tiger Vorzeigereiter der nördlichen Nachbarn, wollte Abraxon unbedingt erwerben. Papa Maeder lehnte ab. 

Auf Händen getragen ... Kurt Maeder bei seinem Schweizer­meistertitel 1972 auf der Hardwiese. 

Die «Truppe» der Olympischen Spiele von München 1972 (v. l.): Max Hauri, Hermann von Siebenthal, Monica Bachmann, Kurt Maeder und Paul Weier mit Wulf.

Auch mit Top top

Maeder besass aber neben Abraxon, der 18-jährig wurde und oft Hustenprobleme hatte, ein zweites Spitzenpferd: Es hiess Top of the Morning. Der Brau­ne war ebenfalls ein Irländerwallach, «kompakt, etwas grösser und kräftiger als Abraxon, wur­de zuvor von Markus Fuchs geritten.» Mit ihm wurde Kurt Maeder unter anderem GP-Zweiter in St. Gallen, Wien und München, holte zweimal Meisterschaftssilber (1975 in Yverdon, als Walter Gabathuler mit Harley zu seiner Meis­terschaftsserie mit fünf Titeln in Serie ansetzte, und 1979 in Thun). Mit ihm bestritt der Thurgauer auch die Europameisterschaften 1977 in Wien, die Weltmeisterschaften 1978 in Aachen sowie eine Amerika-Kanada-Tournee.

1972 mit Abraxon im Grossen Preis von Aachen (GER).

Nachtzug nach Lissabon

Der Zwischentitel soll nicht mit dem Roman von Peter Bieri (alias Pascal Mercier) und der Verfilmung des 2013 an der Berlinale Weltpremiere feiernden Schweizer Films verwechselt werden. «Küde» Maeder hat aber ebenfalls eine Zug-Anekdote zu erzählen, die 1972 nach Lissa­bon zum CSIO in der portgiesischen Hauptstadt führte. «Insgesamt waren wir mit der Equipe vier bis fünf Tage im Zug unterwegs. Nach den Reisestrapazen konnten wir aber unsere Pferde nicht in Empfang nehmen. Sie wurden nach Grenzformalitäten nicht freigegeben. Dennoch entschieden wir uns, sie zu übernehmen. Wir führten unsere Pferde zu Fuss quer durch Lissa­bon ins CSIO-Gelände. Dieses abenteuerliche Unterfangen hatte ein grösseres, juristisches Nachspiel, das dank des persönlichen Einsatzes des damaligen Schweizer Botschafters schliesslich diplomatisch gelöst werden konnte.» 

Ruhe geniessen zu Hause in Dingenhart.

Pferdeverbunden

Obwohl er aus eigenem Antrieb vom Profi zum Amateur umstieg, ist die Liebe von Kurt Maeder zu den Pferden geblieben. «Sie stehen auch weiterhin im Mittelpunkt meiner knappen Freizeit», betont der rüstige Pensionär, der Mitte September das Rentenalter erreichte. Einst ritt er in Aachen, St. Gallen, Rotterdam, Wien oder München, heute steigt der passionierte und äusserst fitte Reiter an regionalen Concours in Konkurrenzen bis 115 Zentimeter in den Sattel. Nunmehr aber in Aadorf, Winkel oder Gossau. «Ich habe mit Wodaline eine tolle Stute», erzählt er. Sie ist 14-jährig, Niederländerin und hatte schon zahlreiche Siege und Spitzenplatzierungen aufzuweisen. Bei seinen regionalen Starts wird «Küde» oftmals von seiner auch handwerklich begabten Frau Brigitte und Tochter Gabi begleitet. Sie steigen ebenfalls ambitioniert in den Sattel. Sohn Thomas, der ebenfalls das Brevet erworben hat, ist vom Reitsport weniger fasziniert. Der 29-jährige Filius wohnt dafür, im Gegensatz zu seiner jüngeren Schwes­ter, mit seiner Ehefrau noch im elterlichen Bauernhaus, das Kurts Gattin mit viel Einsatz und Einfühlungsvermögen geschmackvoll um- und ausgebaut hat.

«Küde» vor der Holzbildskulptur des ecuadorianischen Künstlers Ricardo vor seinem Bauernhaus in Dingenhart.

Karriere als Funktionär

Kurt Maeder ist dem Schweizer Reitsport als sachkundiger und diplomatischer Funktionär bis in die heutigen Tage erhalten geblieben. 1979 konnte er vom Schweizerischen Verband für Pferdesport (SVPS) als TK-Mitglied verpflichtet werden. Seit 1978 ist er auch Vorstandsmitglied im VSCR (Verband Schweizerischer Concoursreiter), ist Chef des Schweizer Cups und war zeitweise sogar Interimspräsident. Er ist seit 1992 auch Vorstandsmitglied der Swiss Team Trophy (STT) und präsidiert seit acht Jahren den Ostschweizer Concoursclub (OCC). Beruflich steht er mit seinem Bruder Beat in Elgg der Firma KMK (Kurt Mae­der Kollbrunn) vor, die Ende 1989 von Kollbrunn nach Elgg dislozierte und die zwischenzeitlich jährlich über 30000 Türen vertreibt. Ab November dieses Jahres gedenkt der umtriebige Macher, etwas kürzer zu treten. Bereits ist die dritte Generation der Mae­ders in die Firma integriert und übernimmt immer mehr Verantwortung. «So habe ich vielleicht etwas mehr Zeit für die Familie, unsere fünf Pferde, unser Pony Sancho und unsere Continental – Bulldogge Chupita», wirft Mae­der lächelnd ein. Zeit, um auch den wunderschönen Garten und die formidable Aussicht in Dingenhart in der Gemeinde Matzingen zu geniessen, einen Sprung in den Schwimmteich zu machen oder mit seinen zahlreichen Freunden ein gutes Glas Rotwein zu trinken. Mit Vorliebe kredenzt der Spanienliebhaber einen exzellenten Tropfen spanischen Weins und geniesst genüsslich edle kubanische Zigarren. Auch die Liebe zu Spanien teilt der geschätzte Pferdeliebhaber mit seiner Frau Brigitte, der es vor allem Andalusien, dessen Speiserezepte und Rebberge und -sorten angetan hat.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 42/2017)

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