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Hinrich Romeike erzählte unterhaltsam seine Geschichte
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Vom Zahnarzt zum Olympiasieger

27.11.2018 11:20
von  Tamara Acklin //

Die CC-Familie traf sich zum CC-Forum in Wangen an der Aare. Zu Gast war Doppelolympiasieger
Hinrich Romeike, der 2008 in Hongkong mit seinem legendären Holsteinerschimmel Marius Mannschafts- und Einzel-gold gewann.


Romeike berichtete über seinen Werdegang vom Amateur und praktizierenden Zahnarzt zum Weltklassereiter. Mit 15 war er ein Jahr in einem Internat in England: «Ich lernte dort alles fürs Leben. Ich lief erst zu lässig und langsam, wo­raufhin noch eine Strafrunde folgte. Ich rate Ihnen: Wenn Sie etwas tun, tun Sie es richtig.» 20-jährig war Romeike Deutscher Vizemeister, entschied sich daraufhin jedoch, Zahnarzt zu werden: «Bei uns sind alle Zahnärzte, mein Gross­vater gründete vor 90 Jahren eine Praxis», erzählte er mit viel Witz und Charme. Er ritt also fortan nebenbei und gründete eine Familie mit drei Kindern.

Marius der Wunderschimmel
«Marius fiel sozusagen vom Himmel. Auf dem Rückweg vom Skiurlaub rief mich der Züchter an und bot ihn mir fünfjährig zur Probe an. Nach drei Tagen war er gekauft.» Das Resümee nach zwei Jahren: «Ge­lände klappt, aber in Dressur und Springen geht noch was. Ich fragte Georg Otto Heyser für Dressur und Karsten Huck fürs Springen. Ich wollte nicht an der Spitze ankommen und merken, nicht alles dafür unternommen zu haben, und fuhr abends spät nach der Arbeit ins Training.»
Den Deutschen wurde die olympische Goldmedaille 2004 nachträglich aberkannt, weil Bettina Hoy die Startlinie im Springen zweimal durchritten hatte. «Erst weigerte ich mich, die Medaille zu­rückzugeben, da ich mir sagte, dass ein Zahnarzt von hier nie mehr so eine Chance bekommt.» Er fing sich und hinterfragte seine Leistung: «Ein Springfehler aufgrund meines Blackouts kostete mich Bronze. Ich fragte mich, was passieren müsste – falls ich noch eine Chance kriegen würde – damit ich die Medaille ‘wiederbekomme’?» Er schmiedete einen Plan. «Ich öffnete keine Post mehr, schaute nicht mehr fern, verzichtete ein Jahr lang auf den Zucker im Kaffee – ich hasse Kaffee ohne Zucker – um mir zu beweisen, dass ich stark genug bin. Selbst mein fünfter Rang an der WM in Aachen reichte mir nicht, ich wollte meine Medaille zurück.»

Es gibt keine Ausreden!
Er schaffte die Nominierung und flog mit Marius 2008 nach Hongkong. Nach der Dressur an siebter Stelle gelegen, führte er nach dem Gelände die Ranglis­te an. «Ich hatte nur dieses eine Pferd, nicht so viel Routine wie Profis, aber wenn man sich Zeit lässt, ist ganz vieles möglich.» Im ers­ten Springen fiel eine Stange, was dennoch Mannschaftsgold bedeutete. Eine zweite blieb auf dem Rand der Auflage liegen – wäre sie gefallen, wäre er nicht fürs Einzelspringen zugelassen gewesen. Zwischen den Springen duschte er, zog dieselben Kleider wieder an – bis auf ein trockenes Hemd, das ihm neue Energie gab. «Ich wollte es dem nachmaligen Sieger, der nicht ich sein werde, möglichst schwierig machen», dachte er sich. Er blieb fehlerfrei und schrieb Geschichte. «In Hongkong erlebte ich: Erstens gibt es keine Zufälle, zweitens gibt es keine Kleinigkeiten, drittens liegt es nie an anderen, sondern immer an sich selber. Es gibt keine Ausreden!»

«Hopp Schwiiz»
«Ich bin beeindruckt von der Stimmung in diesem Raum und eurer Jugendarbeit. Ich habe ein gutes Gefühl, was die Schweiz in den nächsten Jahren leisten kann. Da müssen sich ein paar warm anziehen», schloss er unter tosendem Applaus.

 

Patrizia Attinger räumte gross ab
(ta) Nach einem kurzen nationalen Rückblick und einem internationalen Über­blick, der eine steigende Anzahl Dreisternstarts aufwies, wurde über die Reglementsänderungen und die neue Grundausbildung Pferd orientiert. Dominik Burger informierte, dass bereits neun Paare formal für die EM 2019 qualifiziert sind. Für die Schweiz gibt es drei Möglichkeiten, sich einen Platz für die Olympischen Spiele in Tokio zu sichern: Die Mannschaft muss die EM unter den besten beiden der noch nicht qualifizierten Teams beenden, die Serie der Nationenpreisturniere gewinnen oder über Einzelqualifikationen, jedoch nur zwei Reiter pro Land.

Beste Reiterin nach SVPS-Rankingpunkten Patrizia Attinger.

Im Jahresdurchschnitt aller Dreisternstarts fiel auf, dass vor allem im Gelände Verbesserungspotenzial besteht. Burger machte die freudige Mitteilung, dass das Leitungsteam in Verhandlungen mit dem Neuseeländer An­drew Nicholson, einem der weltbesten Geländereiter, steht, um ihn als Trainer für die Schweiz zu gewinnen.
Patrizia Attinger hatte kaum mehr eine Hand frei für all die Champagnerflaschen, die sie bei den Ehrungen entgegennehmen durfte. Sie war beste Reiterin nach SVPS-Rankingpunkten, ihr Hilton, im Besitz von Denise Egger, erfolg­reichs­tes Pferd und auch im Swisseventing-Dreisterncup hatte sie die Nase vorne. Die Jahreswertung im «B&M»-Juniorencup gewann Caitlin Moore vor Carmen Wittleder und Nana Viktoria Mazotti. Letztere entschied den Final für sich. Im WPR-Elite-Juniorencup realisierte Nadja Minder mit Violetta und Kabuga einen Doppelsieg. Im Veranstaltercup landete der CC Aarau vor dem CC Bern im Sommer und dem CC Bern im Herbst.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 47/18)

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