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Dr. agr. Salome Wägeli, Betriebsleiterin NPZ
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«Wir leben in einer gläsernen Pferdewelt»

16.05.2017 15:40
von  Werner Schönenberger / Fotos: privat/Werner Schönenberger/Katja Stuppia //

Salome Wägeli hat die Entwicklung des Nationalen Pferdezentrums Bern (NPZ) in einen modernen, vielseitigen Pferdebetrieb weitergeführt. Teamgeist, Qualität, Kompetenz und Innovation hat sich das NPZ auf die Fahne geschrieben. Fahnen­trägerin ist seit einem Jahr Salome Wägeli, eine ausgezeichnet ausgebildete und international vernetzte Agrarwirtschafterin mit Zusatzausbildung in Pferdewissenschaften. In den vergangenen zwölf Monaten hat sie vieles unternommen, um das traditionsreiche Pferdezentrum für die Bevölkerung und die Jugend attraktiver zu machen. Gleichzeitig liess sie die Wurzeln des NPZ – die Leistungen rund um das Pferd in der Armee – weiter wachsen.

Salome Wägeli betont: «188 Jahre hat die EMPFA und 19 Jahre meine Vorgänger die Entwicklung hier beeinflusst.» Hochgesteckte Ziele sind ihr wichtig, um im gesättigten Pferdemarkt überleben zu können. Wirtschaftlich steht das NPZ als privatwirtschaftliche Genossenschaft heute auf breitem und solidem Fundament. Die Partnerschaften mit dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) als gröss­ten Kunden und Vermieter und mit der Burgergemeinde Bern als Landbesitzer werden gepflegt. Salome Wägeli möchte die Standortgarantie sichern, Lobbyarbeit für das Pferd leisten und für Bevölkerung und Stadt Bern eine Wertsteigerung erreichen. «Wir möchten wieder Bestandteil der Berner Stadtkultur werden», sagt die 32-jährige Ostschweizerin ganz klar. Dazu sind aber auch der Unterhalt und die Erneuerung der denkmalgeschützten Anlage wichtig.

Die Berner Jugend soll im NPZ vermehrt ihren Spass mit Ponys und Pferden finden.

Das Leitungsteam im NPZ leistet ganze Arbeit (v.l.): Werner Ulrich, Esther Tinguely, Salome Wägeli, Beat Wampfler und Fritz Schmid.

Spagat in der Pferdebranche

Für Wägeli sind die Entwicklungen in der Pferdebranche ihr täglich Brot. In ihrem Kopf stecken viele Ideen, wie sie die Pferdewelt verbessern möchte. Vieles wäre zu verändern, doch machen will sie nur, was sie richtig und ganz professionell umsetzen kann. So konzentriert sie sich auf das Wesentliche, das zeitgemäss und wirtschaftlich tragbar ist. Die Pferdebranche hat ihre Lobbyarbeit in der Vergangenheit stark vernachlässigt und muss deshalb immer mehr um ihre Rechte und Akzeptanz kämpfen. «Das Pferd ist in der Gesellschaft besser positioniert als Reiter und Fahrer», sagt sie. Damit will sie auch ausdrücken, wo verstärkter Handlungsbedarf besteht. Das NPZ will sich auch der sozialen Verantwortung in der Pferdebranche stellen. «Wir leben in einer gläsernen Pferdewelt», betont sie. Alle Handlungen um das Pferd müssen ethisch vertretbar sein. Dabei müssen wir differenziert mit dem Pferd umgehen. Das Pferd kann heute ein Arbeitstier oder ein Kinderersatz sein. Ein Spagat, der nicht nur hohe Ansprüche an die Pferde stellt, sondern auch immer mehr mit der Selbstverwirklichung des Menschen in Verbindung steht. «Schwierige und doch spannende Aufgaben», meint Salome Wägeli. Sie erwähnt auch immer wieder die positiven Einflüsse, die Pferde auf die Entwicklung von Kindern haben können. «Der Umgang mit Pferden fördert Rücksicht, Verantwortungsbewusstsein und Sozialverhalten. Das Pferd kann aber auch als Management-Lehrmeister gute Dienste leisten», ist sie überzeugt.

Unterhalt und Erneuerung der denkmalgeschützten Gebäude und des Paddocks im NPZ sind für sie eine wichtige Arbeit.

Als Präsidentin und Gründerin der Schweizer Jungzüchter leistete sie wertvolle Aufbauarbeit.

Ausbildung für eine bessere Pferdewelt

«Um die gläserne Pferdewelt bewusst zu machen, haben wir im vergangenen Jahr erstmals alle unsere Nachbarn ins NPZ eingeladen. Wir haben auch ein Programm für sechs- bis zehnjährige Kinder entwickelt und dazu erstmals wieder Ponys gekauft. Ziel ist es, eine grosse NPZ-Familie zu werden, die in Bern ihre Freizeit mit dem Pferd verbringen kann», wünscht sich Wägeli. Auch sozial engagiert sich das Personal im NPZ laufend mehr, indem es Ausbildungsplätze für Lernschwache und Arbeits­praktikastellen schafft. «Wir möchten uns noch mehr in der Ausbildung engagieren, indem wir uns zum Zentrum für höhere Berufsbildung in den Pferdeberufen entwickeln», schwebt der ambitionierten Betriebsleiterin vor. «Wir sind uns sicher: Die Schweizer Pferdewelt braucht noch mehr gut ausgebildete Leute.»
Salome Wägeli hat auch weiterhin einen Lehrauftrag an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL in Zollikofen, wo sie für «Wirtschaft und Recht rund ums Pferd» lehrt. Zusätzlich unterrichtet sie am Inforama in Zollikofen auch die angehenden Spezialisten der Pferdebranche.
In den sozialen Medien ist die verstärkte Öffentlichkeitsarbeit im NPZ offensichtlich. Es gibt kaum einen Tag, an dem das NPZ nicht mit Kurzinformationen und attraktiven Bildern seine Fans erfreut. Salome Wägeli hat so einen Draht zu jungen und pferdeverrückten Menschen gefunden, deren Interessen sie kennen und befolgen will.

Die Liebe zum Pferd erbte sie von ihrem Vater Hanspeter Wägeli.

Salome Wägeli als junge Trompeterin in der Reitermusik Elgg.

Die Jugend bestimmt die NPZ-Zukunft

Salome Wägeli freut sich riesig auf das Jubiläum «20 Jahre NPZ» am 17. Juni 2017. «Das gibt ein tolles Fest. Auch auf die Show bin ich schon heute ganz stolz, denn alle Teilnehmer sind unter 20 Jahren. Ganz nach dem Motto: Wir feiern mit unserer Zukunft.» Bereits fanden auch die ers­ten Sitzungen für die ers­te nationale Hunde- und Pferdeausstellung der Schweiz «CanChaval» von Mitte November 2018 in Bern statt. Dabei war sie von der Dynamik und vom Organisationsgrad des Kynologischen Verbandes SKG (Verband der Hundehalter) beeindruckt. «Da können wir noch viel lernen und uns auf eine tolle Messe freuen», schwärmt sie voller Begeis­terung. Auch nach diesen Fest- und Messeanlässen kommt Wägeli nicht zur Ruhe. Die Arbeit des NPZ muss sich in zwei Jahren im harten Wettbewerb der Pferdebranche durchsetzen, wenn der militärische Bundesauftrag erstmals offen nach WTO-Richtlinien ausgeschrieben wird. Bis dahin wartet noch viel Arbeit auf die klein gewachsene Visionärin.

Pferdevirus im Blut

Der Erfolg von Salome Wägeli kommt nicht von ungefähr. Mit 19 Jahren zog sie für ihr Studium ins Ausland. Neun Jahre hat sie im Ausland gelebt. Sie ist anpassungsfähig und offen für verändernde Situationen. Diese Zeit hat sie geprägt beim Umgang mit verschiedenen Lebenskulturen. Als Lohn für die harte Arbeit erhielt sie den Doktortitel in Agrar- und Lebensmittelmarketing, den Master in Agribusi­ness, den Bachelor in Pferdewissenschaften und die Ausbildung zur EU-Besamungswartin.
Die wahre Heimat von Salome Wägeli ist aber der elterliche Hof in Buch bei Frauenfeld geblieben. Hier im Seebachtal hat sie ihre Jugendzeit erlebt. Hier wuchs sie mit Pferden auf und lernte im Stall, in den Rebbergen und auf den Tabakfeldern anzupacken. Ihr Vater Hanspeter Wägeli war 20 Jahre lang Präsident des Reitvereins Seebachtal und 30 Jahre lang Präsident der Zuchtgenossenschaft Liliental. Durch ihn erhielt sie Einsicht in die Verbandsarbeit und in politische Gremien. Auch von ihrem Grossvater Jakob Wägeli, er war ein begeisterter Dragoner, bekam sie viel Pferdeblut vererbt. Geprägt wurde sie auch von Paul Weier in den vielen Ausbildungskursen des OKV. Von ihm hat sie viel in der Mensch-Pferd-Beziehung gelernt. «Doch nichts war so schön wie die Erlebnisse mit den eigenen Fohlen», meint sie rückblickend.

(Erschienen in der PferdeWoche 1Nr. 9/2017)

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