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Max E. Ammann
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Standpunkt

45 Jahre FEI Fahrsport

24.02.2015 13:09
von  Max E. Ammann //

Es war Ende Juni/anfangs Juli 1969, beim CHIO Aachen, der damals noch neun Tage dauerte. Ich traf überraschend Jakob Ruckstuhl, den grossen alten Mann des Schweizer Fahrsports. Zwar gehörte zum schon damals vielfältigen Programm Aachens auch ein Viererzugwettbewerb um den Talbot-Preis. Aber diesen besuchte eher die schreibende Tochter Monika als der Vater Jakob.

Bei einen Gespräch erfuhr ich vom Vater den Grund für seine Anwesenheit in Aachen: Die FEI hatte zu einer Sitzung von Fahrinteressierten eingeladen, die die Möglichkeit der Aufnahme des Fahrsports in die FEI prüfen sollten. Die Öffentlichkeit wusste davon nichts. Für die FEI, damals noch in Brüssel domiziliert, waren zu jener Zeit Kommunikation oder Marketing Fremdwörter. Dank dem Gespräch mit Jakob Ruckstuhl wurde die Neuigkeit verbreitet.

In den 60er-Jahren war der Wunsch der Fahrsportgemeinde, mit der FEI verbunden zu sein, immer grösser geworden. 1968 erhörte FEI-Präsident Prinz Philip die Rufe. Er machte den hoch geachteten Col. Mike Ansell zum Präsidenten einer Fahrkommission und dieser rief zu einer Sitzung während des CHIO Aachen 1969. Zwei Monate nach Aachen, am 8. und 9. September, traf man sich erneut, diesmal in Bern. Neben Col. Ansell gehörten Jakob Ruckstuhl und Peter Bracher aus der Schweiz, Wilhelm Schäfer, Franz Lage und Emil Sirrenberg aus Deutschland, Franz Haydon und Bernhard Mills aus Gross­britannien, Jack Pemberton aus Kanada, Philip Hoffman aus den USA, Heinrich Lehrner aus Österreich und einige weitere zur 16 Personen umfassenden Gruppe. Drei Monate später nahm die Generalversammlung der FEI in Madrid den Fahrsport als vierte Disziplin auf - als erste nicht-olympische Disziplin.

Vielseitigkeit als Basis

Zu jener Zeit gab es in Europa und den USA drei Arten von Fahrwettbewerben: Dressurprüfungen, Hindernisfahren und Marathonfahren. Diese wurden bereits in den 50er-Jahren gebündelt: In Aachen zum Talbot- Preis; in Hamburg zum Deutschen Fahrderby.

Mit einem Seitenblick auf die Vielseitigkeit, mit Dressur - Gelände - Springen, waren sich die Aachener Sitzungsteilnehmer bald darüber einig, auch beim Fahr­reglement auf die Teilprüfungen zu setzen: Dressur - Marathon - Hindernisfahren.

1970 wurde das neue Reglement dreimal getes­tet. Zuerst bei zwei nationalen Veranstaltungen in Windsor (GBR) und den USA, dann, im Juli 1970, beim ersten CAI im Rahmen des CSIO Luzern. 1971 wurde erstmals um Championatsehren gefahren: Bei der Europa­meisterschaft in Budapest. 1972 folgte die ers­te Weltmeisterschaft im deutschen Münster.

Zu jener Zeit konzentrierte sich der FEI Fahrsport auf die Viererzüge. Sämtliche FEI-Championate der 70er-Jahre waren für die Vierspänner. 1972, 74, 76, 78, 80 fuhr man fünfmal um den WM-Titel, 1971, 73, 75, 77, 79, 81 sechsmal um EM-Medaillen.

Die Schweiz war in diesen Pionierjahren des FEI-Fahrsports an vorderster Front beteiligt, darunter 1974 als WM-Veranstalter in Frauenfeld, und 1981 als sechs­ter und für viele Jahre letzter Organisator einer Vierspänner-EM in Zug.

Es gab auch WM und EM-Medaillen für die Schweiz: August Dubey wurde 1972 erster Weltmeister und 1973 auch noch Europameister. Christian Iseli war WM-Zweiter 1974 und Robert Doudin EM-Zweiter 1973. In den Mannschaftswertungen gab es WM-Silber 1972 und 1974 sowie EM-Gold 1973. Dubey war jedes Mal dabei, Doudin zweimal und Hermann Mast 1972 in Münster.

Zu erwähnen ist, dass die Schweizer Viererzugfahrer bereits in den Vor-FEI-Jahren zu den Bes­ten gehörten: August Dubey gewann zwischen 1966 und 1971 viermal den Talbot-Preis in Aachen, Fritz Rothacher 1969 und 1970 zweimal. Seither gab es noch einen Schweizer Sieg im Talbot-Preis: 1978 durch Ulrich Lehmann.

Ausweitung

In den 70er-Jahren drängten auch die Zweispänner, dann die Einspänner zur FEI. Den Zweispännern gewährte die FEI 1983 ein "Open" Championship im italienischen Montemaggiore, das man, aufgrund der Teilnehmer aus allen grossen Fahrnationen, ohne Zweifel als erste Zweispänner-WM bezeichnen kann. Heiner Merk wurde Dritter in Montemaggiore; mit Kirchmeier und Eigenmann gab es dort auch Mannschaftssilber für die Schweiz. Diesem ers­ten FEI Zweispänner-Championat wurde die Vierspänner-EM geopfert, die erst vor einigen Jahren wiederbelebt wur­de.

Beim zweiten FEI Zweispänner-Championat, 1985 in Sandringham - auf dem Gelände des königlichen Schlosses - wurde Heiner Merk im Einzel Zweiter und holte sich zusammen mit Werner Ulrich und Arthur Zaugg den Mannschaftstitel.

Diese Schweizer Erfolge der 70er- und frühen 80er-Jahre blieben mehrere Jahre ohne Nachfolge. Erst 1992 gewann Hanspeter Rüeschlin bei den Vierspännern in Riesenbeck WM-Einzel Silber und Werner Ulrich 1998 in Rom den WM-Titel. In Riesenbeck 1992 gab es auch Mannschaftssilber für Rüesch­lin, Merk und Iseli. Bei der Zweispänner-WM wurde Werner Ulrich Zweiter 1989 in Balaton und gar Weltmeister 1991 in Zwettl. Mit der Mannschaft holten sich Scherrer, Meister und Hänni Zweispänner-Bronze 1995 in Poznan. Seither gewann 2009 Beat Schenk die Einzel-Silbermedaille als einzigen Schweizer Podesterfolg.

Bei den Einspännern dauerte es noch länger, bis man um FEI-Championatsmedaillen fahren durfte. Die erste WM fand 1998 im österreichischen Ebbs statt. Die Ponys folgten 2003 in Karlstetten, ebenfalls Österreich. Für die Mannschaftswertung der Pony Championate fand die FEI Fahrkommission, aus Angst vor einer Inflation von Mannschafts­titeln, die Lösung einer Gesamtmeisterschaft, mit Einbezug der Resultate der Ein-, Zwei- und Vierspänner pro Nation.

Bei den Einspännern gab es in acht Austragungen seit 1998 drei Schweizer Medaillengewinne: 2012 Einzel-Silber durch Barbey - im gleichen Jahr auch Mannschaftssilber und 2014 Mannschaftsgold. Barbey und Risch waren beide Male dabei.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 7/2015)

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