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Max E. Ammann
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Standpunkt

Auf zum Weltcupfinal in Las Vegas

09.12.2014 12:50
von  Max E. Ammann //

Im April nächsten Jahres werden, so kann man hoffen, drei Schweizer Springreiter beim 37. Weltcupfinal in Las Vegas ­teilnehmen. Mit ihnen werden Besitzer, Freunde und andere Supporter die Spielerstadt in der Wüste Nevadas besuchen. Für Sie nachstehend einige Informationen, Merkwürdigkeiten und Tatsachen über Las Vegas.

Es ist nach 2000, 2003, 2005, 2007 und 2009 der sechste Weltcupfinal in Las Vegas. Austragungsort war und ist das Thomas & Mack Center, das Heim der «Rebels», der Basketballmannschaft der University of Nevada. Gebaut wurde das Thomas & Mack Center 1983 und in der ers­ten Bauphase finanziert von den beiden Bankiers Thomas und Mack. An der Eröffnung sangen Frank Sinatra, Dean Martin und Diana Ross. Seit 1984 werden jeweils anfangs Dezember die Rodeo Finals im Thomas & Mack ausgetragen.
Als Ende des letzten Jahrhunderts die Planung für den ersten Las Vegas Weltcupfinal begann, wurde bald realisiert, dass die Verantwortlichen des Rodeo-Finals weit grössere Kenntnisse der Organisation eines Hallenanlasses in einer Stadt voller Veranstaltungen hatten als die bekannten Macher der Springsportszene in den USA. Als ich Robert Ridland, ehemaliger Olympiareiter und heute Equipenchef der US-Springreiter, seit Jahren Organisator grosser Freiluftturniere in Kalifornien, fragte, für wen er seine Turniere organisierte, antwortete er freimütig: für die «Exhibitors», also die Teilnehmer, die mit ihren Mel­de- und Startgeldern und den exorbitanten Stall- und Futterkosten jedes amerikanische Reitturnier finanzieren. Denn zahlende Zuschauer gibt es bei den US-Turnieren nur wenige – Sponsoren noch weniger.
Shawn Davis, ehemaliger Rodeo-Weltmeister und dann Verantwortlicher des Rodeo-Finals, antwortete entgegengesetzt: Er organisiere die Rodeo-Finals für die zahlenden Zuschauer, die zehn Tage lang die 19000 Sitze des Thomas & Mack Centers bis zum letzten Platz füllen. Shawn Davis machte dann auch die Weltcupfinals in Las Vegas zum Publikumserfolg.

Weltcupfinal und «Disney on Ice»

Neben den Spielen der Rebels College Basketballmannschaft, den Rodeo-Finals und dem nun sechs­ten Weltcupfinal der Springreiter finden in der Thomas & Mack Arena auch Konzerte statt sowie, in den Wochen vor dem Weltcupfinal, die Revue «Disney on Ice». Verantwortlich für die obigen Veranstaltungen ist die gemeinnützige Firma «Las Vegas Events» (LVE). LVE wurde 1982 gegründet mit der Aufgabe, hochklassige Veranstaltungen nach Las Vegas zu bringen, einerseits um damit Tou­ris­ten und damit Hotel- und Casinogäste anzuziehen, andrerseits, um den Namen Las Vegas als «Entertainment Capital of the World» zu bestätigen oder gar zu erhöhen. Finanziert wird Las Vegas Events von den Hotelcasinos, mittels eines Zuschlags auf den Zimmerpreisen.
Wie oben angedeutet: Las Vegas ist die Stadt der Hotelcasinos. Zumindest auf dem Las Vegas Boulevard, dem «Strip» – oder der Sündenmeile – wie es früher hiess, wo rund 50 Hotelpaläste stehen. Allen ist gemeinsam, dass man sich den Weg durch Spielautomaten bahnen muss, um ins Zimmer zu gelangen.

«Vegas» sticht Reno aus

Jahrzehntelang stritten sich die Städte Las Vegas und Reno um den Vorrang als grösste Spielerstadt der USA. Heute ist entschieden: Reno ist zur Bedeutungslosigkeit abgesunken: Las Vegas dominiert. In den Jahrzehnten bis in die frühen 90er-Jahre teilten sich Las Vegas und Reno den zweifelhaften Ruhm von Sündenorten. Die Besitzverhältnisse der Hotels waren Grauzonen, man redete von Kriminalität, Bandenkriegen, Lug und Betrug. In den 90er-Jahren wandelte sich Las Vegas, währenddem Reno an Bedeutung verlor. Heute ist Las Vegas Grössenwahn im positivsten Sinne, Glanz und Glitter.
Von den grossen Hotels der Sündenjahre ist nicht mehr viel zu sehen. Das Sands, 1952 als erst siebtes Hotel auf dem «Strip» eröffnet, schloss 1996 und wurde einige Jahre später abgebrochen. Der legendäre Howard Hughes war bis 1981 Besitzer des Sands, wo Frank Sinatra und Sammy Davis Junior sangen. Heute steht dort der Neubau des Venetian Hotel mit seinen 19 Res­taurants und 80 Geschäften. Auch das Desert Inn, das angenehmste der Hotels am «Strip», wurde abgebrochen. Im Jahre 2000, anlässlich des ersten Weltcupfinals in Las Vegas, tagte dort die Springkommission der FEI. Das Desert Inn war angenehm, weil es so untypisch war: viel kleiner als die andern Paläs­te, und die Spielautomaten und die Spieltische waren in einem separaten Raum. An der Rezeption war man davon verschont. Grund für die Schliessung und den Abbruch war, dass der Casino-Teil des Hotels zu klein war, um je einen Profit abzuwerfen.

Hotels für jedes Budget

Dies weist auf die Struktur der Hotelcasinos hin. Die Hotels dienen nur dazu, Spieler nach Las Vegas zu bringen. Noch in den 90er-Jahren waren die Zimmerpreise in den Strip-Hotels äusserst bescheiden; man machte das grosse Geld an den Spieltischen und Spielautomaten und subventionierte damit indirekt die Hotelzimmer, die dazu dienen, die Spieler länger in Las Vegas zu halten. Zu erwähnen ist, dass es neben den 50 Gross-Hotels am Las Vegas Boulevard in Las Vegas über 200 weitere Hotels gibt, mit heutigen Zimmerpreisen bis hinunter zu 24 Dollars.

Bellagio und MGM Grand

Für den Weltcupfinal 2015 bietet Las Vegas Events zwei Hotels an: The Bellagio ist das VIP-Hotel, das MGM Grand beherbergt die FEI-Offiziellen und die Reiter. Beide gehören zu den Top-Hotels in Las Vegas. Das MGM Grand wurde in den 90er-Jahren gebaut, als sich Las Vegas vom anrüchigen Spielerparadies zur Unterhaltungskapitale mauserte. Das 30-stöckige Hotelcasino wurde 1993 eröffnet und war, mit 6852 Zimmern, das grösste Hotel der Welt. Präsident und CEO des MGM Grand war Bob Maxie, der dann während der ersten fünf Weltcupfinals in Las Vegas ihr Präsident war. Die Bau- und Einrichtungskos­ten vom MGM Grand betrugen 1.1 Milliarden Dollar.
Bob Maxie erzählte uns, wie die Eröffnung des MGM-Hotelpalastes ablief. Als Eröffnungsstar wollte man Barbra Streisand. Sie sollte nicht nur bei der Eröffnung singen, sondern danach einige Wochen lang die Hauptattraktion des MGM Grand auf der hauseigenen Bühne sein. Man traf sich zu Vertragsverhandlungen: die MGM- Grand-Spitze und Barbra Streisand mit ihrem Agenten. Barbra Streisand verlangte als Gage eine Million Dollar. Die MGM-Oberen strahlten: das war weniger, als sie budgetiert hatten. Dann präzisierte Barbra Streisand: Sie wolle eine Million Dollar pro Song. Die MGM-Grand-Oberen schluckten leer, dann akzeptierten sie. Barbra Streisand sang 17 Songs und kassierte 17 Millionen. Das Bellagio wurde 1998 auf dem Gelände des abgerissenen Dunes Hotel gebaut. Bauherr war Steve Wynn, der damals als Immobilienkönig von Las Vegas galt. Es kos­tete 1.6 Milliarden Dollar und galt, mit seinen 2500 Zimmern, als das Non­plusultra des Luxus. 8000 Angestellte nehmen sich der Gäste an. Im Jahre 2000 wurde Bellagio von der Firma übernommen, der auch das MGM Grand gehört.

Caesar’s, Mirage und Mandalay Bay

Neben dem riesigen MGM Grand und dem luxuriösen Bellagio gehö­ren auf dem «Strip» der Caesar’s Palace, das Mirage, New York-New York oder das Luxor zu den grossen Hotel-Namen. Dazu das über zehnstöckige Mandalay Bay, das einige Stockwerke untervermietet hat. Auf diesen Stockwerken gibt es Zimmer des Four Seasons Hotel, mit separater Luxus-Rezeption, aber mit Zugang zu allen Einrichtungen des Mandalay Bay wie zum Casino und zwei Dutzend Restaurants. Beim Final 2003 wurde ich von einem Möchtegern-Turnierveranstalter zu einer Besichtigung der Orleans-Arena im The Orleans an der Tropicana Avenue eingeladen. Er wollte dort, im Hotel, ein Hallen-Reitturnier durchführen. Es wurde nichts daraus, zu mächtig war die Konkurrenz von Las Vegas Events. Aber eindrücklich doch, wie, versteckt im Hotelpalast, eine Halle verfügbar war, die gross genug gewesen wäre, ein Reitturnier durchzuführen.
Jedes dieser Hotels offeriert Liveunterhaltung. Im Hotel Mirage waren es jahrelang die weissen Tiger von Siegfried und Roy, bis 2003 der Letztere von einem Tiger gebissen und schwer verletzt wurde. Las Vegas ist aber auch Treffpunkt vieler Prominenter. Beim ersten Weltcupfinal im Thomas & Mack, 2000, traf ich gleich drei Hollywoodgrössen: den Regisseur Steven Spielberg, den Schauspieler Charles Bronson und Jennifer O’Neill, bekannt vom Film «Summer of ‘42».

Kultur

Abgesehen von den Unterhaltungsprogrammen und den Restaurants in den Hotelcasinos und natürlich den unzähligen Verkaufsläden und Shoppingcenters bietet Las Vegas wenig. Es gibt einige Museen, darunter eins für den einst beliebten Entertainer Liberace. Das Kunstmuseum, in einem Neubau von 1997, präsentierte um die Jahrtausendwende eine prominente amerikanische Kunstsammlung, mit vielen Klassikern von den Impressionisten bis zu den Kubisten und Surrealis­ten. Aber fast jedes Gemälde war eine Fälschung. Ob der Sammler bewusst diese Fälschungen gekauft hatte, oder hereingelegt worden war, bleibt offen: Aber selbst Bill Steinkraus und ich, die die Ausstellung zusammen besuchten, erkannten von Weitem, dass keine echten Monets und Renoirs an der Wand hingen. Seit 2009 ist das Kunstmuseum Las Vegas mangels Geld geschlossen. Zu empfehlen sind Ausflüge. Am Nächsten ist der Hoover Dam, etwas weiter der Grand Can­yon. In Nevada herrscht Wüs­tenklima, trocken und – im Sommer – des Öfteren extrem heiss, also nicht das tropische, feuchte Klima der Ostküste der USA. Las Vegas ist eine Reise wert, dies nicht zuletzt, weil es für die Schweizer Springreiter ein gutes Pflaster ist: Bereits beim ersten Final  in Las Vegas 2000 gab es, hinter Rodrigo Pessoa, zwei Podestplätze für Markus Fuchs und Beat Mändli. 2007 siegte dann Beat Mändli und Steve Guerdat wurde Dritter.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 49/2014)

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