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Max E. Ammann
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Standpunkt

Bald 40 Jahre Spruce Meadows

30.09.2014 13:32
von  Max E. Ammann //

Beim kürzlichen CSIO5* Calgary zwang ein Temperatursturz von 20 Grad mit Schneefall zur Absage des ersten Turniertages. Man sprach von einer einmali­gen Ange­legenheit. Das stimmt. Aber das Wetter hat beim grossen Turnier in Spruce Meadows, im Süden Calgarys, immer eine Rolle ge­spielt. Weniger der Schnee als oft mörderische Winde.

Für die europäischen Besucher war das keine Überraschung. Denn bis zu den Rocky Mountains ist es nur eine gute Autofahrstunde, und so schön Ausflüge nach Lake ­Louise oder Banff auch sind, mit schlechtem Wetter muss man immer rechnen.
Von einem grossen internationalen Reitturnier in Calgary, im fernen Wes­ten Kanadas, hörte man erstmals während den Olympischen Spielen von 1976 in Montreal respektive Bromont. Im Juni 1976 habe es auf einem ehemaligen Farmgelände, genannt Spruce Meadows, einen nationalen Anlass gegeben – im September 1976, fünf Wochen nach den Olympischen Spielen, sollte es international weitergehen. Ein weiteres Jahr später, im September ritt man erstmals um Nationenpreis-Ehren in Spruce Meadows.

Ein Traum-CSIO

Da war Spruce Meadows bereits zum Begriff geworden. Bis dahin hatte man Calgary als Heim der Stampede gekannt, einer der grossen Rodeo-Veranstaltungen Nord­amerikas. Nun redete man von einem neuen Traum-CSIO.
Die Initianten von Spruce Meadows, das Ehepaar Ron und Marg Southern – das sein erstes Geld mit Mobilunterkünften für die Ölarbeiter Kanadas machte, hatte sich in Europa, vor allem in Hickstead, umgesehen und in Spruce Meadows entsprechend grosszügig geplant. Bald redete man von Calgary als dem Hickstead des reichen Mannes.
Dieser Ausspruch wurde um 1990 überholt, als Poncho Romo im mexikanischen Monterrey eine noch grosszügigere Anlage baute und zu den jährlichen CSI die besten Europäer und Amerikaner einflog. Nun hiess es: Monterrey ist das Calgary des reichen Mannes. Monterrey ist seither wieder verschwunden.
Ron und Marg Southern waren die Ersten, die mit Konsequenz und erheblichem finanziellen Aufwand ihr Turnier aktiv weltweit bekannt machten. Jahr für Jahr wurden Meinungsbildner zum Masters, dem September-CSIO eingeladen: Ein Dutzend europäische und US-amerikanische Journalisten sowie mit dem Pferdesport verbundene Führungspersönlichkeiten. Sie, zusammen mit den Reitern, verbreiteten in den 80er- und 90er-Jahren die enthusiastischen Meldungen über den Grossanlass im fernen Kanada.

Pioniere bei der Sponsorenbetreuung

In den ersten Jahren war noch alles familiär. Das Ehepaar Southern kam persönlich zum Flughafen, um den Gästen kanadische Hüte aufs Haupt zu drücken und den Schlüssel zum Leihwagen zu überreichen. Parken durfte man noch vor dem gossen Hauptgebäude auf den Spruce Meadows Areal, und praktisch jeden Abend gab es einen Anlass, der die Reiter und die Gäste mit dem OK vereinigte.
Die Southerns waren Pioniere in der Sponsorenbetreuung. Sehr bald hatte das Turnier zwei Hauptgeldgeber: Die Bank of Montreal für den Nationenpreis, die kanadische Zigarettenmarke Du Maurier für den Grossen Preis. Beim letzteren näherte man sich beim Preisgeld bereits in den 90er-Jahren der Million-Dollar-Marke. Die Sponsoren wurden nicht nur routinemässig betreut, sondern in der Arena, bei Siegerehrungen oder anderen Gelegenheiten, regelrecht gefeiert. Mit zur finanziellen Stabilität von Spruce Meadows trägt auch bei, dass die Southerns bereits bei der Gründung Mitte der 70er-Jahre mit einer Stiftung im zweistelligen Millionenbetrag das Überleben der Aktivitäten absicherten.

Nächste Generation

Heute werden in Spruce Meadows alljährlich ein halbes Dutzend Freiluft- und noch mehr Hallenanlässe durchgeführt. Als Nachfolger von Ron und Marg, beide über 80 Jahre alt, wird das Unternehmen jetzt von deren Töchtern Nancy und Linda geführt. Beide waren internationale Spring­reiterinnen. Linda, verheiratete Heathcott, ritt gar 1996 für Kanada bei den Olympischen Spielen in Atlanta. Nancy war die ehrgeizige der beiden heute rund 50-jährigen Schwestern, Linda die talentiertere. Heute führt Nancy das Familienunternehmen ATCO, Linda die Aktivitäten von Spruce Meadows. Erwähnenswert, dass sich die Southern-Familie immer um die Zucht gekümmert hat und vor allem mit dem Hannoveranischen Zuchtverband enge Beziehungen pflegte.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 39/2014)

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