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Max E. Ammann
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Standpunkt

Die Ursprünge der FEI

30.07.2019 13:35
von  Max E. Ammann //

In den 70er-Jahren besuchte ich erstmals die FEI, die damals noch im Brüsseler Stadtteil Uccle ihren Geschäftssitz hatte. Es war eine bescheidene Angelegenheit. Die beiden einzigen FEI-Angestellten, Robert Michels und Nadine Borenbergen, arbeiteten zu 50 Prozent für den belgischen Pferdesportverband in einer Büro-gemeinschaft. Der FEI-Generalsekretär, der Chevalier de Menten de Horne, war gleichzeitig – während 25 Jahren – Präsident der belgischen FN.

Die FEI zog 1952 von Frankreich nach Brüssel um, als der Belgier Moermans als Nachfolger von Georges Hector zum FEI-Generalsekretär gewählt worden war. 1956 ersetzte dessen Landsmann De Menten den pensionierten Moermans. Seit ihrer Gründung 1921 war die FEI in Frankreich zu Hause. Offiziell in Paris, de facto aber in der Wohnung von Kommandant Hector in Nizza an der französischen Riviera. Im Estrich des Hauses in Uccle durfte ich die wenigen Dokumente studieren, die seinerzeit von Hector nach Brüssel gesandt worden waren. Wie bescheiden das damalige FEI-Archiv war, zeigte sich 1978, als das FEI-Sekretariat von Brüssel nach Bern umzog. Abgesehen von den aktuellen Unterlagen kam mit dem treuen Robert Michels nur gerade eine grössere Schachtel mit den früheren Ausgaben des FEI-Bulletins, zwei Filmrollen und einigen Dutzend Dokumenten nach Bern.

Wer gründete die FEI?


Bei meinen Nachforschungen einige Jahre zuvor in Uccle fand ich immerhin einige Dokumente, die etwas Licht in das Dunkel der FEI-Gründung von 1921 und der darauffolgenden Jahre brachten. Als die FEI 1971 ihr 50-jähriges Jubiläum begangen hatte (nicht gefeiert), bestand die ganze FEI-Geschichte aus dem sehr rudimentären Text, der in den damaligen FEI-Reglementen abgedruckt war. Ungeklärt war damals die Frage: Welche Länder haben damals, 1921, die FEI gegründet? Gehörte die Schweiz dazu? Der Verband der Schweizerischen Renngesellschaften (SRG) war zwar der FEI offiziell erst 1923 beigetreten, dies nach einem Beschluss der «ordentlichen Jahresversammlung der delegierten Kommissäre des SRG» vom 24. April 1922 in Bern. Aber man wuss­te, dass die Schweiz bei der IOC-Tagung im Mai 1921 in Lausanne, an der die FEI gegründet wurde, zumindest teilgenommen hatte. Die IOC-Tagung vom 28. und 29. Mai 1921 in Lausanne war von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der modernen Olympischen Spiele, einberufen worden, um das sportliche Regelwerk, das im Jahr zuvor, bei den Nachkriegsspielen in Antwerpen, nicht befriedigt hatte, zu verbessern. Die zwei Tage führten zur Gründung mehrerer internationaler Sportverbände und zu verbesserten Reglementen. Für die reitsportlichen Interessen reisten Delegierte aus zehn Nationen an, darunter die Schweiz. Sie entschieden, die drei bereits 1912 in Stockholm angebotenen Disziplinen Dressur, Springen und Vielseitigkeit beizubehalten, den Voltigiersport, 1920 erstmals im Programm, wieder fallen zu lassen und Polo unter gewissen Voraussetzungen als olympische Disziplin weiterzuführen. Interessanterweise entschieden sich die Pferdesportfachleute in Bezug auf das Voltigieren gegen den Baron de Coubertin, der mit den Voltigierwettbewerben einen Schulterschluss zwischen den Reitern und den Turnern herstellen wollte. Die Delegierten der zehn Reitsportländer befürworteten auch die Gründung eines internationalen Verbandes. Diese Gründung sollte erst am nächsten Tag erfolgen, um den Delegierten Gelegenheit zu geben, sich zu Hause zu vergewissern, ob ein Mitmachen erwünscht sei.

Frankreich, Schweden, die USA und Japan

Als sich die Reitsportdelegierten am 30. Mai 1921 wieder trafen, hatten nur vier Länder die Vollmacht, der Gründung beizustimmen: Frankreich, Schweden, die USA und Japan. Den sechs anderen Ländern wurde eine Frist bis zum 25. Juni 1921 gewährt, um nach Konsultationen innerhalb ihrer nationalen Verbände ihre Bereitschaft zu einem FEI-Beitritt zu geben. Nur Belgien, Italien und Norwegen waren dazu in der Lage. Polen, die Niederlande und die Schweiz liessen nichts von sich hören. Die Schweiz war zweifellos handicapiert durch das schwerfällige Vorortsystem, das alle Entscheide an die nächste Delegiertenversammlung verwies.
Am 24. November 1921 trafen sich in Paris die vier Gründungsländer, die drei seither dazugekommenen sowie neu Dänemark zur konstituierenden Generalversammlung. Zu den Delegierten an dieser ersten FEI-GV gehörten solche damals bekannte internationale Reiter wie De Trannoy, Kraft, Kirkebjerg, Merchant, Di Pralermo, Von Rosen und Lewenhaupt. Mit Frankreich als Tagungsort, mit Paris als Organisator der nächsten Olympischen Spiele von 1924 und mit dem schon damals dominierenden französischen Generalsekretär Kommandant Hector war es nicht verwunderlich, dass ein Franzose zum ers­ten FEI-Präsidenten gewählt wurde, der Baron du Teil. In den nächsten Jahrzehnten kam dann der FEI-Präsident immer aus dem Land der nächsten Olympischen Spiele. Dies führte zum absurden Zustand, dass der FEI-Präsident von 1931 bis 1935, US-General Guy Henry, an keiner FEI-Versammlung dabei war. Als Waffenchef der US-Kavallerie hatte er keine Zeit für Reisen über den Atlantik.

Aufnahme der Schweiz 1923

Erstaunlich auch, dass das erste FEI-Bureau, mit nur drei Mitgliedern, de facto ein ziviler Vorstand war. Baron du Teil hatte zwar im Ers­ten Weltkrieg als Offizier gedient und Generalsekretär Hector trug seinen  militärischen Titel Kommandant mit Stolz. Aber beide vertraten das zivile Frankreich und der FEI-Vizepräsident, der Belgier Ad Dupuich, hatte keine Verbindungen zum Militär. Dies geschah in einem internationalen Pferdesport­umfeld, in dem die Generäle und Obersten dominierten. Die Schweiz wurde, zusammen mit Frankreich, an der FEI-GV in April 1923 aufgenommen, die Niederlande, Polen und Spanien 1924. Damit hatte die FEI im Jahre der Olympischen Spiele von Paris 13 Mitglieder. Grossbritannien trat 1925 bei, Deutschland wurde 1927 aufgenommen. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hatte die FEI 30 Mitglieder, das Büro war auf sieben Personen erweitert worden.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 30/19)

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