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Max E. Ammann
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Standpunkt

Erstmals international 1909 in Luzern

02.10.2018 11:45
von  Max E. Ammann //

109 Jahre ist es her, seitdem die Schweizer Springreiter 1909 beim ersten Luzerner Concours Hippique erstmals international mitreiten durften. Neun Jahre zuvor, 1900, hatten sich die verschiedenen Renngesellschaften der Schweiz zum SRG zusammengeschlossen, aus dem über die Jahrzehnte der heutige SVPS entstand.

In jenem Gründungsjahr 1900 des Schweizer Pferdesportverbandes wurden in Yverdon die ersten Spring- und Dressurprüfungen ausgetragen. Dass es neun Jahre dauerte, bis 1909 der Schritt zu einem internationalen Anlass gemacht wurde, entspricht den parallelen Entwicklungen in den Nachbarländern, allerdings mit Schweizer Sorgfalt und Gemächlichkeit. Der erste Luzerner Concours Hippique von 1909 dauerte nur zwei Tage. Erstaunlicherweise nicht über ein Wochenende, sondern Sonntag, 18. Juli, und Dienstag, 20. Juli 1909. Je zwei Springen standen auf dem Programm der zwei Tage.

Offiziere und Herrenreiter

In den Ausschreibungen wurde definiert, wer teilnehmen durfte: Offiziere und Herrenreiter. Für die Letzteren gab es drei Kriterien:
• Mitglieder anerkannter Parforce-Jagdgesellschaften
• Inhaber von Herrenreiterlizenzen in- und ausländischer Renngesellschaften und
• Herren, welche von zwei Offizieren zur Lizenzerteilung vorgeschlagen wurden.
Als Erbauer der mehrheitlich permanenten Hindernisse holte man den bekannten französischen Springreiter Louis de Champsavin. Er fiel, als französischer Offizier, 1916 in Verdun. Das Teilnehmerfeld war an diesem ersten Luzerner Concours von 1909 noch bescheiden: ein Dutzend Franzosen, ein halbes Dutzend Italiener, einige Belgier und der deutsche Rot­rock Paul Heil. Die Franzosen hatten die damals übliche Mischung: einige Offiziere in Uniform, die damals dominierenden Berufsreiter François de Juge Montespieu, Henry Leclerc und René Ricard sowie reiche Besitzer, die ihre Pferde in den leichten Prüfungen selber ritten, sie im Hochspringen oder dem Championat dann den Profis überliessen.

Grosse Schweizer Namen

Aus der Schweiz waren verbürgt fünf Offiziere am Start, alles grosse Namen im Schweizer Pferdesport:
• Major Henri Poudret, Kommandant des Eidgenössischen Kavallerieremontendepot, spä­ter EMPFA, heute NPZ
• Lt. Ernest Haccius, in den Zwischenkriegsjahren Kommandant des Depots
• Lt. Charles von der Weid, der ebenfalls erfolgreiche Bruder des späteren Olympiareiters Henri
• Lt. Werner Fehr, der Olympiareiter von 1924 und 1928 und
• Lt. Oscar Sallmann, der Vater des kürzlich verstorbenen Kutschensammlers Robert Sallmann aus Amriswil.

Italienischer Sieg im GP

Bereits im ersten Springen konnten die Schweizer überzeugen: Hinter dem französischen Berufsreiter De Juge Montespieu auf Silver King belegten gleich drei Schweizer die Ehrenplätze: Zweiter Lt. Sallmann auf Bande vor Lt. Von der Weid auf Furka und Major Poudret auf Cork. In der schweren Springkonkurrenz an diesem ersten Tag startete kein Schweizer. Erstaunlicherweise blieben sie auch am zweiten Tag fern. Im Handicapspringen waren keine Schweizer Starter, ebenfalls nicht im abschliessenden Hochspringen. Nach seinem Sieg im Eröffnungsspringen gewann De Juge Montespieu mit Jubilée auch das Hochspringen über 2.15 Meter. In der schweren Springkonkurrenz, die heute als erster Luzerner GP bezeichnet wird, siegte der italienische Prinz Capece Zurlo. Das Handicapspringen schliesslich gewann mit René Ricard ein französischer Berufsreiter.

1910 bereits über drei Tage

In einem Bericht über diesen ersten Luzerner Concours von 1909 wird vermerkt, dass die SBB das Gesuch der Veranstalter um eine Reduktion der Transportkosten der Pfer­de ablehnte. Ein Logenplatzbillett kostete zwölf Franken, ein Tribünenplatz acht Franken. Für nur einen Franken erwarb man ein Stehplatzbillett. Der Anlass brachte einen Verlust von 2000 Franken, der vom Luzerner Kurkomitee gedeckt wurde. 1910 kam es zum zweiten internationalen Concours Hippique Luzern, nun bereits über drei Tage. Die Billette waren von zwölf auf 15 und von acht auf zehn Franken verteuert worden, auch ein Stehplatz kostete nun eineinhalb Franken. Offiziere zahlten nur die Hälfte.

Pfyffer, Müller und Hauser

Der Concours Hippique von Luzern verdankt sein Entstehen drei Männern: dem Hotelier und späteren Oberstdivisionär Hans Pfyffer von Altishofen, dem Krienser Geschäftsmann und Rennstallbesitzer Emanuel Müller und dem Luzerner Hotelier Oscar Hauser, der sein Grundstück am See als Turnierplatz zur Verfügung stellte. Hans Pfyffer von Altishofen war Besitzer des heute noch bestehenden Grand Hotel National in Luzern. Seine Familie besass auch ein Hotel in Rom, das Excelsior an der Via Veneto, das von seinem Bruder geführt wurde. Während seiner regelmässigen Besuche in Rom besuchte Pfyffer die schon damals populären Reitturniere, in der Kavallerieschule in Tor di Quinto und in der Stadt (noch nicht auf der Piazza di Siena, wo erst ab 1922 geritten wurde). Nach der Rückkehr vom Rom-Besuch im Frühsommer 1908 kontaktierte er Emanuel Müller, den Gründungspräsidenten des Rennclubs Luzern, der seit 1899 Rennen auf der Allmend durchführte. Der Krienser Rennstallbesitzer vom eins­tigen Grosshof war interessiert. Als Dritten fanden sie den Hotelier Oscar Hauser, dessen Familie seit 1861 den Schweizerhof führte und am See, an der Halde, ein Grundstück besass, wo die Familie in der heute zum Restaurant umfunktionierten Villa die Sommer verbrachte. Dieses Grundstück, nun Hausermatte genannt, beherbergte von 1909 bis 1976 den Concours Hippique, der zumindest in den Zwischen­kriegsjahren zu den wichtigsten CSIOs des Jahres gehörte.

Amazonenspringen

PS: die Luzerner schrieben bereits 1910 einen Damenpreis aus. Aber Amazonen waren keine am Start – vielmehr war es ein reines Offiziersspringen. Erst 1913 wurde es zum Amazonenspringen: Nur sechs Pferde waren am Start, drei davon geritten von Frau Major Willmer aus Deutschland im Damensattel. Mit den drei Pferden, trainiert von Paul Heil, belegte sie die drei ers­ten Plätze. Die einzige Schweizerin war Elisabeth Walter mit Daisy, der Stute ihres Bruders, Lt. Georges Walter. Sie ritt im Herrensattel und war die Nichte des ers­ten erfolgreichen Schweizer Dressurreiters, Adolphe Mercier, der zu jener Zeit in Luzern als Spring­reiter am Start war.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 39/2018)

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