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Max E. Ammann
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Standpunkt

Fahren in Aachen – 1. Teil (1924 bis 1956)

04.09.2018 13:26
von  Max E. Ammann //

Als 1925 das erste Aachen stattfand, gehörte, neben Springen und Dressur, auch das Fahren zum Angebot. Aachen war also nie, wie jahrzehntelang in der Schweiz pferdesportliche Anlässe bezeichnet wurden, eine Springkonkurrenz, sondern ein Reit- und Fahrturnier. Das Fahrangebot des Aachen von 1925, ein Zweitageanlass vom 1. und 2. August, war bereits umfassend – sechs Fahrprüfungen standen auf dem Programm: Einspänner, Zweispänner, Tandem, Mehrspänner und zwei Wettbewerbe für Ackergespanne.

Die Ackergespanne wurden 1926, nun bereits ein viertägiges Aachen, weggelassen. Dafür kam eine Marathonfahrt dazu. Sie führte über 20 Kilometer vom Elisenbrunnen in der Innenstadt über Landstrassen zu­rück ins Reitstadion in der Soers. Ein F.H. Müller-Alberts aus Siegen gewann. Ausser Konkurrenz fuhr der Geheimrat Georg Talbot, der Besitzer der gleichnamigen Wagonfabrik, zu dessen Ehren die Gesamtwertung der Aachener Fahrprüfungen seit 1957 Talbot- Preis genannt wird.
1927 gewann mit der Baronin von der Decken eine Frau die Viererzugprüfung. 1928 wurde die 20-Kilometer-Marathonfahrt zur grossen Gebrauchs­prüfung erweitert. Es gab drei Noten: Stadtsicherheit, drei Kilometer im Mitteltrab auf der Chaussee (15 km/h), und eine Eignungs- und Verfassungsprüfung. 1929 siegte erneut F.H. Müller-Alberts. Auf Platz drei die ungarische Sensation, Rittmeis­ter Tibor von Pettkó-Szandtner mit vier Schimmeln, der den Sonderpreis als bester Fahrer zugesprochen erhielt.

Drei Tage Marathon
1930 führte die Marathonfahrt über drei Tage, mit Tagespensen von 35, 38 und 24 Kilometern. Zwölf Viererzüge nahmen teil, zehn englische und zwei mit Juckeranspannung. Fünf davon stellte die Reichswehr, die dann auch die beiden ersten Plätze belegte. Für 1931 dehnte man die dreitägige Marathonfahrt von 97 auf 210 Kilometer aus – wovon 88 Kilometer bereits am ers­ten Tag. Vier Faktoren wurden bewertet (Fahren, Verkehrsverhalten, Verfassung, Zeit auf der Schnellstrecke von zehn Kilometern). Diesmal siegte der nunmehrige Major von Pettkó mit seinen Schimmeln – im Juckergeschirr. Emil Koch aus Siegen, bei seinem ersten Start überhaupt, gewann 1931 die Abteilung englische Anspannung, und wiederholte die Siege 1932, 1933, 1934 und 1935.
1936 fiel die Marathonfahrt aus, aber im Stadion in der Soers lief das ganze Fahrprogramm ab, mit Ein-, Zwei-, Vier-, Fünf- und Mehrspännerprüfungen sowie einem Wettbewerb für Tandem und Random. 1937 führte der Marathon wieder über drei Tage, mit täglich 50 Kilometer über Kleve, Straelen, Heinsberg. 1938 führte der Marathon, nun Dauerfahrt genannt, über 50 Kilometer ins belgische Spa, wo ein Hindernisfahren ausgetragen wur­de. Sieger wurde der erfahrene Major Stein von der Kavallerieschule mit seinen Trabern.
1938 nahmen erstmals vier ausländische Gespanne teil: aus England eine «Mailcoach» der «Royal Horse Artillery» (Oberst Walsh) und ein Viererzug mit vier weissen Shettys, gefahren von einer Frau, Daphne Sams. Dazu der Dauergast, jetzt Oberstleutnant von Pettkó und aus Jugoslawien vier Lipiz­zaner mit Hptm. Milivoj Sekulic. 1939, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, siegte der Jugoslawe Sekulic gleich in beiden Abteilungen, mit englischer wie mit ungarischer respektive Land­anspannung. Bei den Ers­teren wurde Geheimrat Talbot Zweiter, bei den Juckergeschirren Major Stein. Nach dem Krieg wurde erst 1949 wieder eine Marathonfahrt durch­geführt. Sie führte über drei Etappen von Aachen über die Trabrennbahn Gelsenkirchen nach Düsseldorf, dann nach Mönchengladbach (Zugwilligkeitsprüfung) zurück nach Aachen (Prüfung der Verkehrssicherheit): Totaldis­tanz 280 Kilometer. Am Start waren zwölf Viererzüge sowie vier Zwei­spänner, zwei Ackergespanne und sechs mit Ponys. Emil Koch, letztmals Sieger 1935, gewann nun 14 Jahre später bei den Privatgespannen. Bei den Staatsgespannen sieg­te ein Herr Rattenhuber vom Gestüt Achselschwang.  1950 und 1951 gab es keinen Marathon – es blieb eine Eignungsprüfung für Vier- und Mehr­spänner, unterteilt in englische und ungarische Anspannung. Es siegten Cornelius Fegter und Prinz Ludwig von Bayern. Am Start waren fünf Viererzüge und drei Sechsspänner. 1952, nun wieder mit Marathonfahrt, wiederholte der Bayernprinz seinen Sieg mit ungarischer Anspannung – in der anderen Kategorie gewann Karl Balschukat. Die Fahrt führte während drei Tagen über 160 Kilometer. Darin eingeschlossen eine Schrittschnellstrecke von einem Kilometer und eine Trabschnellstrecke von zwei Kilometern. Dazu kamen wieder eine Zugleis­tungsprüfung und eine Verfassungsprüfung.
1956 siegte Franz Lage vor Rudi Schmidt, Karl Balschukat, Ludwig Kathmann, Emil Sirrenberg und Cornelius Fegter. Im da­rauffolgenden Jahr wur­de ein neues Konzept für die Aachener Fahrprüfungen entwickelt. Die Marathonfahrt fiel weg, es wurde eine Vielseitigkeits­prüfung für Wagenpferde, mit Dressur und Hindernisfahren. Und: es wurden die Schweizer eingeladen. Zwei Viererzüge der EMPFA kamen 1957 und, trotz fehlender Turniererfahrungen, konnten sie überzeugen.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 35/2018)

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