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Max E. Ammann
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Standpunkt

Hallenturniere: Sportarenen oder Ausstellungshallen?

13.11.2018 10:28
von  Max E. Ammann //

Die Weltcupturniere der Westeuropaliga werden unter Dach ausgetragen: in Sportarenen oder in Ausstellungshallen. Seit der Gründung des Springreiterweltcups vor 40 Jahren sind es jeweils hälftig Sportarenen und Ausstellungshallen. Beide haben im gleichen Masse Vorteile und Nachteile, sodass die Frage, was ist besser, kaum gestellt und nie beantwortet wurde.

Palexpo in Genf, als Beispiel eines für den Pferde­sport genützten Ausstellungskomplexes, ist mit seinen Dimensionen und Einrichtungen ein Veranstalter-Ideal. Aber ein Springen im Scandinavium in Götheborg, ein Eishockeypalast mit 11000 Sitzplätzen, ist ein wunderbares Zuschauererlebnis.

Velodrom oder Eishockeyarena

Die Vorteile einer Sport­arena sind die bestehenden Zuschauerränge und die Einrichtungen wie Cafeteria, Pressezentrum etc. Aber die Räume und Innenanlagen sind meistens auf die Hauptsportart zugeschnitten: Bei einem Velodrom wie in Bordeaux  konnte zum Beispiel die Rennbahn nicht aufgeklappt werden. Die Pferde kamen durch einen engen Tunnel unter der Rennpiste in den Innenraum, wo die Hindernisse aufgebaut waren. Bei den verfügbaren Räumen, nicht zuletzt in Eishockeyarenen, spürt man die ausschliessliche Nützlichkeit für den Hockeybetrieb. Für die Pferde und das Hindernismaterial ist in Sportarenen nichts verfügbar. Alles muss improvisiert und behelfsmässig gebaut werden. Ausstellungshallen andererseits haben Raum und Fläche. Aber alles muss gebaut werden: Ställe, Abreitplatz, Tribünen, Pressezentrum etc. Aber eben, Platz dafür ist vorhanden, so wie in Genf, das einmal als Aachen unter Dach bezeichnet wurde.
In meinen Weltcupjahren wurden mehrere Sport­arenen neu gebaut, so Paris-Bercy, Oslo-Spektrum oder Helsinki-Hartwall. Jedes Mal wurde ich während des Rohbaus zu einer Ins­pektion eingeladen.

Wo sind die Presseplätze?

Bevor diese Geschichten hier erzählt werden, ein Bericht über meinen ers­ten Besuch in einem Sporthallenrohbau: dem vierten Madison Square Garden in New York, der 1967 eröffnet wurde. 1966 luden die Verantwortlichen die Presse zur ersten Besichtigung. Die grossen New Yorker Zeitungen waren vertreten: die New York Times, die Post, die News und auch eine Handvoll Auslandskorrespondenten waren dabei. Wir alle waren beeindruckt, bis zu dem Moment, als einer der Lokaljournalisten die Frage stellte: Wo befinden sich die Presseplätze? Erstauntes, dann peinlich berührtes Reagieren unserer Gastgeber. Die Presseplätze waren schlicht und einfach in der Planung vergessen worden. Als ich dann Monate später den CHIO New York im neu eröffneten Madison Square Garden besuchte, befanden sich die über hundert Pressearbeitsplätze ganz oben unter dem Dach, offenbar der einzige Ort, wo man sie in einer Notplanung noch platzieren konnte. Die Pferde unten in der Arena waren so klein wie Spielzeug. Dass bei der Planung auch Installationen für den seit 1883 im Madison Square Garden heimischen Pferdesport vergessen wurden, überrascht nicht.

Nicht an den Pferdesport gedacht

Auch bei den drei erwähnten Arenenneubauten in Europa, Bercy, Spektrum und Hartwall, hatte man in der Planung nicht an den Pferdesport gedacht. Im Falle Paris-Bercy gab es immerhin eine Lösung. In dem für das Eislaufen geplanten Raum in der Halle konnte man Ställe für über hundert Pferde aufstellen und die Basketballhalle neben der grossen Haupt­arena von Bercy hatte die idealen Abmessungen für den Abreitplatz.
Beim Spektrum in Oslo war nichts von dem vorhanden. Hier wurde beim Bau bei jedem Quadratmeter gespart. Die Lösung für die Pferde war, in Dutzenden von Ecken der Halle Ställe aufzustellen. Für den Abreitplatz erstellte man draussen ein Zelt. Im zweiten Jahr wurden dann in einem Grosszelt auch die Pferde eingestellt.
Das Problem der Hartwall Arena, einer neuen Eishockeyarena in Helsinki, 1997 erbaut, waren die schiefen Ebenen ausserhalb der Halle, wo Ställe und Abreitplatz vorgesehen waren. Der Abreitplatz hatte in einer Ecke eine Sandschicht von zehn Zentimetern – auf der gegen­überliegenden Seite wurde über zwei Meter Sand benötigt, um den Abreitplatz eben zu machen. Als wir dort 1998 den 20. Weltcupfinal durchführten  und der damalige Sponsor Volvo einen aufwendigen Hospitality-Komplex erstellen wollte, war in der Halle kein Platz. Der Hockeypalast Hartwall wurde fast ausschliesslich für Stundenanlässe gebraucht und hatte nichts für eine mehrtägige Veranstaltung wie den Weltcupfinal vorgesehen. So musste Volvo vor der Halle ein Riesenzelt aufbauen, auf einer schiefen Ebene, zu deren statischer Überwindung wahrscheinlich mehr Geld aufgewendet wurde als für die ganze Betreuung.

Bologna und Göteborg

Die Problematik einer Arena, die für eine Sportart mit zwei Stunden Hallenaufenthalt konzipiert wurde, erlebten wir auch in den Jahren, als die italienische Weltcupprüfung in Bologna durchgeführt wur­de. Das Gebäude – übrigens vom Militaryolympiasieger von 1964, Mauro Checoli, entworfen – war eine Basketballarena und sämtliche Einrichtungen und Abläufe dienten den zwei Stunden eines Spiels. Für die vier Tage des CSI-W Bologna mit Pferden, Hindernismaterial und notwendigen Dauerverpflegungsmöglichkeiten war das schöne Stadion ein mühsames Labyrinth.
Göteborg, wie erwähnt, das Juwel eines Hallenturniers, hat das Glück, dass neben der Scandinavium Arena die Gelände der schwedischen Messe stehen, wo alles, was im Scandinavium nicht vorhanden ist, in grosszügiger Weise bereitgestellt werden kann. Zur Messehalle gehört auch das Gothia Hotel, mit Hunderten von Zimmern – alles fast ideale Voraussetzungen für ein Hallenturnier.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 45/2018)

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