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Max E. Ammann
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Standpunkt

Olympische Spiele: «Bits and Pieces» (1. Teil)

16.08.2016 13:06
von  Max E. Ammann //

1996, bei den in fast allen Punkten am schlechtesten organisierten Olympischen Spielen der letzten 50 Jahre gelang es wenigstens, die Pferdesportwettbewerbe ohne grössere Panne über die Runden zu bringen. Auch der Pressedienst im Reitsportzentrum von Conyers blieb von der Kritik verschont – dies nicht zuletzt dank drei Profis aus Europa: Edith, Beatrice und Ralph. Ein Detail, das half, die gestressten Presseleute bei Laune zu halten, waren die mehrmals täglich verteilten «Bits and Pieces», Kurzmeldungen über das Geschehen in Conyers. So die Verletzung Ratinas von Ludger Beerbaum und die Pferdemisshandlungsaffäre der argentinischen Springreiter.

Im Sinne dieser «Bits and Pieces» hier einige Statistiken, Rekorde und Kuriositäten der olympischen Geschichte. Von 1912 bis 2012, bei 23 Olympischen Spielen mit Pferdesport, nahmen 2172 Reiter teil. Sie kamen aus 67 Nationen. 2012 waren 105 Neu-olympiareiter dazugekommen und rund 100 werden in Rio zum ersten Mal olympisch reiten. Frankreich (141), die USA (138), Schweden (132), Deutschland (120) und Grossbritannien (108) stellten die meis­ten Olympiareiter. Aus der Schweiz kamen 87. Es begann 1924 in Paris mit neun Olympiareitern, da­runter mit Alphonse Gemuseus gleich einem Olympiasieger. 1928 in Ams­terdam kamen vier neue dazu, dann, nach dem Verzicht auf eine Reise nach Los Angeles 1932, deren sechs 1936 in Berlin. Zu diesen 19 Schweizer Vorkriegsolympiareitern kamen 1948 drei weitere Offiziere. Dann 1952 die ersten Zivilreiter und die drei Unteroffiziere Chammartin, Trachsel und Fischer. 1964 in Tokio ritt die erste Schweizer Frau olympisch: Marianne Gossweiler, dies mit Mannschaftssilber.

18 Schweizerinnen

1968 debütierte mit Monica Bachmann eine zweite Amazone olympisch und 1972 mit Christine Stückelberger (1968 als Reserve) und Marita Aeschbacher zwei weitere. Bis 2012 waren 18 der 87 Schweizer weiblichen Geschlechts: elf in der Dressur, vier im Springen, drei in der Vielseitigkeit. Von den Letzteren kamen erst 2004 die beide ersten, Marissa Cortesi und Jennifer Eicher, zu einem Olympiaeinsatz.

Olympiaexoten

Unter den 67 Nationen mit Olympiareitern findet man aber auch Exoten. Wer kann sich noch erinnern, dass 1956 zwei Offiziere aus Kambodscha beim CSIO Luzern auftauchten, die dann in Stockholm auch olympisch mitritten – Isoup Ganthy und Pen Saing. Nachforschungen nach ihnen blieben ohne Erfolg: der Vietnamkrieg und die Gräuel des Pol-Pot-Regimes hinterliessen ein Vakuum. Korea hatte 1952 einen Spring­reiter nach Helsinki entsandt. 1964 nahmen gar Equipen in Springen und Military in Tokio teil, darunter Duk-Kee Ahn, 30 Jahre später ein Mitglied des FEI-Bureaus. 24 Jahre später, zu Hause in Seoul, gefiel vor allem der junge Dressurreiter Jung-Kyun Suh, der mit dem von Reiner Klimke übernommenen Pascal guter Zehnter wurde. Die Japaner hatten ihr olympisches Reiter­abenteuer bereits 1928 in Amsterdam begonnen. Shunzo Kido, der dann 1964 die olympischen Parcours baute, wurde 28. in der Military. 1932 holte Takeichi Nishi Olympiagold im Springen – der Baron starb im Zweiten Weltkrieg als Verteidiger der Pazifik­insel Iwo Jima. Zwischen 1971 und 1976 ritt ein japanisches Quintett in Europa, darunter der Vater von Taizo Sugitani und der heutige Präsident des Japanischen Olympischen Komitees, Tsunekazu Takeda. Letzterer ritt bei seinem zweiten Olympiastart, 1976 in Montreal, den in der Schweiz bekannten Fink. Die Chinesen machten ihr olympisches Reiterdebüt 2008 in Hongkong mit einer Spring­equipe und je einem Military- und Dressurreiter. Mit ihnen ritten auch drei Reiter unter der Flagge von Hongkong, darunter Samantha Lam, die ein Jahrzehnt zuvor für Kanada am Weltcupfinal der Springreiter teilnahm. In Athen 2004 bestritt Pongsiree Bunluewong für Thailand die Vielseitigkeit. Bleiben die philippinischen Frauen Denise Cojuangco und Antoinette Leviste, die 1992, 1996 und 2000 für ihr Land ritten.

Afrika und Amerika

Aus Afrika kamen 1992 drei Südafrikaner nach Barcelona, darunter Gonda Betrix, die 1958 mit einer Juniorenequipe an der EM mitgeritten war, bis die Apartheid, die afrikanische Pferdekrankheit und hohe Reisekosten sie an weiteren internationalen Starts hinderten. 2012 in London ritt ein Marokkaner in der Dressur. Erwähnenswert aus Mittel- und Südamerika ist Roberto Nielsen-Reyes aus Bolivien, der von 1968 bis 1976 dreimal olympisch mitritt. Eddy Stibbe, der 2000 und 2004 für die Niederländischen Antillen startete, ritt bereits 1972 und 1992 für sein Geburtsland Niederlande olympisch. Vier Reiter bestritten Olympia für die Jungferninseln. Der Bekannteste ist Rusty Holzer, der in New York lebte und dessen Mutter als «Baby Jane Holzer» die ers­te Muse von Andy Warhol war. Uruguay ent­sandte 1960 eine bemerkenswerte Springequipe nach Rom. Venezuela, immerhin das Land eines FEI-Vizepräsidenten (Noel Vanososte) und eines olympischen Parcoursbauers (Leopoldo Palacios), hat nur gerade fünf Olympiastarter, alles Springreiter.

Arabien im Aufschwung

Aus den arabischen Staaten des Nahen Ostens überraschte 2000 in Sydney der Saudi Khaled al Eid, der  Bronze gewann. Vier Jahre zuvor hatte eine Equipe aus Saudi-Arabien olympisch debütiert. Seither kamen sowohl Ramzy al Duhami und Kamal Bahamdan zu je fünf Olympiastarts. Die heute starken Reiter aus Katar erleben in Rio ihr Olympiadebüt. Dagegen ritt Latifah al Maktoum aus den Emiraten bereits 2008 in Hongkong olympisch. Bleibt noch die ehemalige FEI-Präsidentin Haya, die 2000 in Sydney teilnahm. Ihr jordanischer Landsmann Ibrahim Bisharat kam 2000, 2008 und 2012 auf drei Olympiateilnahmen. Aus Europa verdienen die beiden kroatischen Olympiareiter Erwähnung: 1992 war es der einstige Deutsche Hermann Weiland, 2004 der Österreicher Pepo Puch. Und zum Schluss der einzige Liechtensteiner: Thomas Batliner ritt 1988 in Seoul mit.

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