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Max E. Ammann
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Standpunkt

Olympische Spiele: «Bits and Pieces» (2. Teil)

23.08.2016 14:51
von  Max E. Ammann //

Die Olympiateilnahme eines Reiters für zwei Nationen ist eher rar. Aber Doppel- oder gar Dreifach­starts eines Reiters bei Olympia waren früher häufig – heute extrem selten. Die letzten erlebte man 1992 in Barcelona, als ­Springreiter Luis Cervera und Militaryreiter Mark Todd ein zweites Mal antraten: der Spanier in der Military, der Neuseeländer im Springen. Zuvor hatten der Schweizer Max Hauri 1972 in München und der Kanadier Jim Day 1976 in Montreal eine Zweifachteilnahme gewagt. Von 1956 bis 1968 erlebte man keine Doppelstarts.

In den ersten 40 Jahren der olympischen Pferdesportgeschichte war es anders. 1912 in Stockholm bestritten sieben Reiter alle drei Disziplinen, teils mit dem gleichen Pferd. Zwölf gingen zweimal an den Start. Nur einer schaffte zwei vordere Einzelplätze – Jean Cariou: mit Mignon Spring-Olympiasieger und mit Cocotte Dritter in der Military. In der Dressur wurde er mit Cocotte 14. Unter den Dreifachstartern in Stockholm 1912 waren die beiden späteren FEI-Präsidenten Guy Hen­ry und Gaston de Trannoy, Ersterer immerhin mit Teambronze in der Vielseitigkeit. 1920 in Antwerpen traten nur noch die US-Amerikaner Harry Chamberlin und Sloan Doak dreimal an. 13 Reiter bestritten zwei Disziplinen: meistens die Kombination S/C, aber auch S/D oder C/D. 1924 in Paris waren es 14 Reiter mit Doppelstarts, darunter auch die Schweizer Hans Bühler (C/S), Henri von der Weid (D/S) und Werner Stuber (D/S). Im Springen gab es für sie Mannschaftssilber. 1928 wagten noch sieben Reiter einen Doppelstart, darunter die Olympiasieger Carl-Friedrich von Langen (D/S), Tommaso Lequio (C/S) und Gerard P. de Kru­ijff (C/S). 1932 in Los Angeles mit seiner Minibeteiligung waren es nur vier Reiter mit Doppelstarts, darunter Harry Chamberlin, der Autor der Reitvorschrift der US-Kavallerie. In der Military gewann er als Einzelvierter Mannschaftsgold – im Springen holte er Silber. 1936 in Berlin traten sieben Reiter zweimal an, so auch der Schweizer Hans Moser. In der Dressur (wo Moser 1948 Olympiasieger wur­de) gab es mit Revue Platz 22, in der schwierigen Military belegte er Platz 22. 1948 bestritten fünf Reiter zwei Disziplinen: Der Mexikaner Humberto Mariles wurde Spring-Olympiasieger und holte Teambronze in der Military. Frank Henry und Earl Thomson (USA) gewannen Mannschaftsgold in der Military und Teamsilber in der Dressur. Für Henry gab es auch noch Einzelsilber in der Military. Nach 1952 kam das vorläufige Ende der Doppelstarts. In Helsinki war einer der drei Doppelstarter eine Sensation: Der grosse Springreiter Fritz Thiedemann (Bron­ze in Helsinki) bestritt auch die Dressur und gewann Mannschaftsbronze. Seither kam es von 1972 bis 1992 nur noch zu fünf Doppelstarts.

«Nationenwechsler»

Acht Reiter starteten für zwei verschiedene Nationen. Zu erwähnen ist, dass wäh­rend der sturrigiden IOC-Präsidentschaft von Avery Brundage (1952 bis 1972) sportliche Nationenwechsel selbst bei politischen Flüchtlingen kaum erlaubt waren. Nur eine der Doppelnationalitäten geht auf die 20er-Jahre zurück – die andern sieben datieren aus diesem Jahrtausend. Karol Rommel, der 1912 für das zaristische Russ­land ritt, floh nach der Macht­übernahme der Bolschewiken ins neu unabhängige Polen und erlebte für seine neue Heimat zwei weitere Olympiastarts. 2000 in Sydney und 2004 in Athen ritt der Niederländer Eddy Stibbe für die Niederländischen Antillen. In At­hen 2004 erlebten der eins­tige Kolumbianer Juan Car­los Garcia (für Italien) und der geborene Niederländer Jos Lansink (Belgien) Zweitland-Olympiastarts. 2008 in Hong­kong waren es der Australier Philip Dutton (USA) und der jung verstorbene Belgier Jean-Claude Vangeenberghe (Uk­raine). 2012 ritt die geborene Brasilianerin Luciana Diniz für Portugal und der geborene Brite Peter Charles, der 1992 und 1996 für Irland olympisch geritten war, kehrte reu­mütig ins Geburtsland zu­rück und wurde mit den Briten Team-Olympiasieger.

Rekordmann Millar

Im Vorfeld von Rio wurde bedauert, dass Ian Millar, nach Verletzung seines Pferdes, in Rio nicht zu seinem elften Olympiastart kommt. Nun, auch mit zehn Starts 1972 bis 2012, bleibt der bald 70-Jährige an der Spitze der Reiter mit den meisten Starts. Die D’Inzeo-Brüder folgen mit acht, Mike Plumb (USA), Andrew Hoy (AUS) und Anky van Grunsven (NED) mit sieben. Keiner von ihnen wird in Rio antreten. Ludger Beerbaum, Rodrigo Pessoa, Nick Skelton, Mark Todd und Tinne Vilhelmson mit je sechs Starts können näher an die Spitze rücken. Bei den Pferden hat keines mehr als drei Olympiastarts erlebt. 22 sind dreimal an den Start gegangen: 15 in der Dressur, fünf im Springen und zwei im CC. Aus Schweizer Sicht ist es Gustaf Fischers Dressurpferd Wald, das 1960, 64 und 68 olympisch geritten wurde und dabei zweimal Silber und einmal Bronze mitgewinnen half. Rembrandt von Nicole Uphoff und Gigolo von Isabell Werth mit je vier Gold waren am erfolgreichsten. Halla von Hans Günter Winkler und Ahlerich von Reiner Klimke brachten es bei je zwei Olympiastarts auf dreimal Gold, ebenso die Militarypferde der Niederländer Charles Pahud de Mortanges (Marcroix) und Adolf van der Voort van Zijp (Silver Piece).

Von Pongracz und Bernal

Der älteste Reiter, der je an Olympia teilnahm, war General und Dressurreiter Arthur von Pongracz (AUT). Er war bei seinen dritten Spielen 1936 in Berlin 72 Jahre alt. Lorna Johnstone (GBR) war 1972 in München 70 Jahre alt. Der äl­teste Springreiter war 2012 mit 65 Jahren Ian Millar (CAN). Unter den Vielseitigkeitsreitern war Bill Roycroft 1976 als 61-Jähriger der Älteste. Die jüngste Reiterin war die Kolumbanierin Maria Paula Bernal, die 1988 in Seoul als 16-Jährige die Dressur bestritt. Luiza Almeida (BRA), ebenfalls Dressur, war 2008 nur wenig älter. Der jüngste aller Spring­reiter war 1960 mit 18 der Koreaner Kyon-Kec Min. Der jüngste Military­reiter war der Amerikaner Charles Hough 1952 in Helsinki mit 18 Jahren. Etwas älter, aber immer noch 18, waren Jacek Daniluk (POL, 1980) Geremia Toia (ITA, 1984) und Alex Hua Tian (CHN, 2008).

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 33/2016)

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