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Max E. Ammann
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Standpunkt

Rodney Jenkins und Un Jin Moon

20.07.2021 10:21
von  Max E. Ammann //

In den 60er- und 70er-Jahren, als es nicht nur olympisch, sondern auch im internationalen und nationalen Pferdesport die strikte Trennung zwischen Berufsreitern und Amateuren gab, war der erklärte Berufsreiter Rodney Jenkins der mit Abstand erfolgreichste Springreiter der USA. Mit seinen Vollblütern, die auf der Rennbahn nicht schnell genug waren, aber springen konnten, gewann er von 1971 bis 1978 22 der in jenen acht Jahren in den USA ausgetragenen 77 Grossen Preise. Darunter waren die vier US-Klassiker, der GP von New York, der «President‘s Cup» in Washington, das American Invitational und der «American Gold Cup». Dazu kamen Siege in den Grossen Preisen der noch jungen Florida Turniere in Tampa, Ocala und Jacksonville. Den ersten GP-Sieg hatte Jenkins 1967 in Cleveland errungen.

Idle Dice xx

Von den zwölf Siegen des heute 77-jährigen Rodney Jenkins in den vier US-Klassikern gingen sieben auf das Konto von Idle Dice xx, geboren 1963, von Hay Hook xx, dem in der ersten Hälfte der 70er-Jahre wohl brillantesten Springpferd auf Amerikas Turnierplätzen. 1973 entschied sich der amerikanische Pferdesportverband, die «American Horse Show Association» und das «United States Equestrian Team», auch Berufsreiter in ihre CSIO-Equipen aufzunehmen. Jenkins machte so sein Nationenpreisdebüt beim CSIO Washington, das in jenem Jahr Harrisburg ersetzte. Zusammen mit Mac Cone, Michael Matz und Frank Chapot gab es für Rodney Jenkins gleich den ersten Sieg. 1975 gewann die USA, jedes Mal mit Rodney Jenkins, gar alle drei Nationenpreise des «Fall Circuit» in Washington, New York und Toronto. Bis 1986 hatte Rodney Jenkins 16 Nationenpreiseinsätze mit zehn Siegen der US-Equipe.

WM-Einsatz 1974

1974 wurde Rodney Jenkins zusammen mit Frank Chapot für die Springreiter-WM in Hickstead nominiert. Damals gab es noch keine Mannschaftswertung und pro Land nur zwei Starter (die Schweiz nahm an dieser achten WM erstmals offiziell mit zwei Reitern teil: Markus Fuchs und Walter Gabathuler). Jenkins und Idle Dice galten als grosse Favoriten. Der frühverstorbene Hartwig Steenken, der 1970 und 1973 die USA besucht hatte, meinte gar: «Die beiden sind nicht zu schlagen.» Nun: Hartwig Steenken wurde 1974 in Hickstead Weltmeister und Rodney Jenkins enttäuschte. Im ersten Wertungsspringen, nach Wertung C, wurden Jenkins/Idle Dice nur 21. Der Amerikaner ritt zum ersten Mal ein Wertung-C-Springen, das damals in den USA nie ausgeschrieben wurde. Nach den Rängen sechs und fünf in den beiden anderen Wertungsprüfungen gab es in der WM-Wertung nur Platz acht. Chapot dagegen schaffte den Pferdewechselfinal und wurde Dritter. 1987 ritt Jenkins mit der US-Equipe an den Panamerikanischen Spielen, wo er Einzel- und Mannschaftssilber gewann. Bald darauf trat er vom aktiven Sport zurück.

Heirat mit Moon

In den 90er-Jahren wurde es ruhiger um Rodney Jenkins, der nun als Vollbluttrainer in Maryland tätig war. 1998 kam seine Heirat mit der zweifachen koreanischen Olympiareiterin Un Jin Moon, der Tochter des Sektenführers Sun Hyung Moon. Jenkins war 54, seine Braut 31 Jahre alt. Sun Hyung Moon war vor allem in den 70er-Jahren einer der aufsehenerregendsten religiösen Führer weltweit. Der 1920 geborene Koreaner Moon hatte bereits 1946 angefangen, zu missionieren. 1954 gründete er die Vereinigungskirche (Unification Church), die er bis zu seinem Tod 2012 führte. Die «Moonies» glaubten, Reverend Moon habe von Jesus die Aufgabe erhalten, seine Mission weiterzuführen. Aufsehen erregten die Massenheiratszeremonien, die überall in der Welt durchgeführt wurden. 1957 erschien sein Buch «Divine Principle», das 1966 überarbeitet wurde. Zur Finanzierung der Sekte gründete Reverend Moon ein bedeutendes wirtschaftliches Imperium. 1982 wurde er in den USA wegen Steuerhinterziehung zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.

Zwei Olympiareiter

Sun Hyung Moon war dreimal verheiratet und hatte eineinhalb Dutzend Kinder. Zwei von ihnen, Un Jin Moon (1967 geboren) und Hyun Jin Moon (1969 geboren), wurden Springreiter. Die beiden ritten für Korea an den Olympischen Spielen von 1988 in Seoul und 1992 in Barcelona. Mit bescheidenen Leistungen. In den Qualifikationen für den Einzelfinal gab es die Schlussplatzierungen 70, 57, 68 und 69. Mit der koreanischen Equipe wurden die beiden jeweils Letzte in der Mannschaftswertung.
Hyun Jin Moon, der Bruder, gründete nach seiner Reiterkarriere zuerst die «Global Peace Foundation», später die «Family Peace Association». Seine Schwester Un Jin Moon wurde bereits als 18-Jährige in einer arrangierten Verbindung verheiratet. Sie hatte zwei Kinder und liess sich später scheiden. Nach ihrem zweiten Olympiastart in Barcelona zog sie in die USA, in den pferdereichen Staat Virginia. Dies führte zum Bruch mit der Moon Familie. Als sie 1998 Rodney Jenkins heiratete, war ihr Vater nicht dabei. Dies obwohl er damals in den USA weilte. Drei Wochen vor der zweiten Heirat seiner Tochter hatte der Reverend Sun Myung Moon im New Yorker Madison Square Garden 7000 Paare ihr Eheversprechen erneuern lassen. Heute lebt das Ehepaar Jenkins-Moon in Maryland, Rodney als Trainer von Rennpferden, Un Jin als Malerin.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 29/2021)

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