Am 9. Juni 2017 starb Sheila Willcox, die wohl bedeutendste Vielseitigkeitsreiterin der 50er-Jahre – dem Jahrzehnt, als die Frauen, vor allem aus England, sich in der Vielseitigkeit international mit an die Spitze setzten.
Sheila Willcox, 1936 geboren, war allerdings nicht die erste Frau, die eine grosse Military gewann. Diese Ehre gebührt der Deutschen Irmgard von Opel, die mit dem Schimmel Nanuk 1932 in Wien und 1933 in Insterburg siegte. 1934 gewann die 1986 verstorbene Irmgard von Opel mit dem gleichen Nanuk auch das deutsche Springderby in Hamburg (als erste Frau überhaupt). Beizufügen ist, dass in den 20 Zwischenkriegsjahren kaum ein halbes Dutzend Amazonen je eine Vielseitigkeitsprüfung bestritten. Auch in den 50er-Jahren gelangen drei britischen Amazonen Vielseitigkeitsgrosserfolge, bevor 1955 die 19-jährige Sheila Willcox erstmals international antrat. 1953 gewann Vivian Machin Goodall auf Neptune vor Penelope Molteno die erstmals ausgetragene Military von Harewood. Im Jahr darauf siegte dann Penelope Molteno in Harewood. Aber bedeutender war 1954 der Sieg von Margaret Hough auf Bambi in der sechsten Austragung von Badminton.
Margaret Hough gewann 1954 vor dem zu jener Zeit stärksten britischen Paar, Frank Weldon auf Kilbarry (Sieger 1955 und 1956). Dritte wurde eine weitere Amazone, Diana Mason. Diese Platzierungen auf den Rängen eins bis drei sicherten den beiden Frauen die Selektion für die Military-EM von 1954 in Basel. Dort belegten britische Männer (Hill, Weldon, Rook) die drei Medaillenplätze. Aber Margaret Hough und Diana Mason wurden immerhin Sechste und Siebte.
Debütsieg
1955 wurde die in Sutton Coldfield (in einer am Pferd desinteressierten Familie) geborene, 19-jährige Sheila Willcox für die internationale Military in Turin nominiert, dies mit der Araber/Pony-Kreuzung High and Mighty. Die Debütantin siegte. Sheila Willcox war die einzige Frau im Starterfeld, mit Reitern aus Frankreich, Deutschland, Italien und der Schweiz. Zu jener Zeit trainierte Sheila Willcox mit Edy Goldman, einem in Zürich geborenen Pferdemann, der einen Trainingsstall in Cheshire führte. 1956 wurden Sheila Willcox und High and Mighty Zweite hinter Frank Weldon in Badminton. Da Frauen erst ab 1964 in der olympischen Vielseitigkeit teilnehmen durften, kam Sheila Willcox erst im Herbst zu ihrem zweiten Start, in Harewood: Sie gewann – es war der dritte Amazonensieg in der damals vierjährigen Geschichte von Harewood. 1957 begann die seither nicht wiederholte Siegesserie von Willcox in Badminton. 1957 und 1958 gewann sie mit High and Mighty, 1959 mit Airs and Graces. Im Jahre 1958 gewann sie mit dem Rekordvorsprung von 47 Punkten. In jenem Jahr heiratete sie und ritt 1959 als Sheila Waddington. Die Ehe wurde später geschieden. Aus dieser Ehe entsprang ein Sohn. 1957 bestritt in Kopenhagen das Paar Sheila Willcox/High and Mighty ihre erste EM. Sie gewannen und holten zusammen mit Derek Allhusen und Ted Marsh auch Mannschaftsgold. Bei ihrem zweiten EM-Start, nun mit Airs and Graces, schied Sheila Willcox nach einem Sturz im Gelände aus. Europameister in Harewood wurde der Schweizer Hans Schwarzenbach auf Burn Trout – in der Mannschaftswertung siegten mit knappem Vorsprung die Deutschen vor den Briten. 1959 war auch die letzte Vielseitigkeit in Harewood – an seine Stelle trat, ab 1961, Burghley.
Ausbilderin und Buchautorin
In den 60er-Jahren wurden die Erfolge für Sheila Waddington rarer. 1964 gewann sie mit Glenamoy Little Badminton (von 1959 bis 1965 wurde das Starterfeld von Badminton in zwei nur unwesentlich verschiedene Prüfungen geteilt). 1971 stürzte sie beim CCI Tidworth. Eine teilweise Lähmung bedeutete das Ende ihrer Vielseitigkeitskarriere. Sie wechselte zur Dressur, wo sie Son and Heir zur Grand-Prix-Reife brachte.
Sheila Waddington, später wieder Willcox, unterhielt einen Ausbildungsstall in den Cotswolds. Mary Thomson-King, von 1992 bis 2012 sechsmalige Olympiareiterin, war zwei Jahre ihre Schülerin. 1975/76 trainierte Sheila Willcox die kanadische Militaryequipe. Sie schrieb zwei Bücher: «Three Days Running» 1958 und «The Event Horse» 1973. Sie starb, nach mehreren Jahren Krankheit, 81-jährig.
(Erschienen in der PferdeWoche Nr 28/17)
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