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Max E. Ammann
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Standpunkt

WM und EM in der Schweiz

28.05.2019 13:24
von  Max E. Ammann //

Die Schweiz spielte in der Geschichte des internationalen Pferdesports eine ­Pionierrolle. Zwar dauerte es lange, bis die Schweiz mitmachte (erster Auslandstart erst 1921). Aber von 1927 bis 1978 gibt es ein halbes Dutzend internationaler Anlässe, bei denen die Schweiz eine Vorreiterrolle spielte.

In den Jahren bis zur Jahrtausendwende war die Schweiz auch Gastgeber vieler Welt- und Europa­meisterschaften in den drei olympischen Disziplinen, im Fahren und im Voltigieren. Aber in den letzten 20 Jahren passierte nur noch wenig: Je eine EM des Nachwuchses in Springen und Dressur sowie der Weltcupfinal von 2010 wurden in der Schweiz durchgeführt. Auch internationale Veranstaltungen sind – abgesehen vom Springen mit seinem reichhaltigen Angebot – rar in der Schweiz. Wann war der letzte grosse CDI, der letzte CCI, der letzte CAI in unserem Land?

Luzern Vorläufer von WM/EM

Von 1909 bis 1914 wurden in ­Luzern die ersten internationalen Springturniere ausgetragen, 1921 erfolgte die erste Auslandreise zum CHI-M (Militär) in Nizza und 1924 nahmen die Schweizer Reiter zum ers­ten Mal an den Olympischen Spielen teil, und zwar gleich in allen drei Disziplinen mit vollen Equipen. Das war der internationale Anfang der Schweiz. Die erwähnte Pionierperiode begann 1927. Damals, vor 92 Jahren, plante die 1921 gegründete FEI erstmals die Durchführung von ihr sanktionierten grossen Dressur- und Militaryprüfungen. Mit der Durchführung betreute sie die Schweiz, und zwar den nach dem Ersten Weltkrieg wieder aufgenommenen CHIO auf der Hausermatte an der Halde in Luzern. Die beiden Prüfungen, Dressur und Military, von anfangs Juli 1927 gelten heute als Vorläufer der heutigen Welt- und Europameis­terschaften.
Für 1930 wollte die FEI sogar drei FEI-Championate, neben Dressur und Military auch im Springen. Wieder beauftragte sie die Schweiz mit dem ehrenvollen Auftrag der Durchführung. Luzern übernahm sofort die Dressur, Basel meldete Ansprüche für die Military, für das Springen war erstaunlicherweise kein Interesse vorhanden. Basel muss­te dann aus organisatorischen, lies finanziellen, Gründen auf die Durchführung des Militarychampionates verzichten, wie auch 1935, als die FEI einen neuen Versuch wagte. Aber das FEI-Dressur­championat von 1930 in Luzern war ein Erfolg und wurde bis 1939, mit Ausnahme der Olympiajahre 1932 und 1936, alljährlich ausgetragen. 1934 war Thun Gastgeber.
Nach der Wiederaufnahme 1924 des internationalen «Concours Hippique» in Luzern – nach einem Jahrzehnt mit nur nationaler Beteiligung – kam 1926 mit Genf ein zweiter Schweizer CHIO dazu, dieser in der Halle des alten Palais des Expositions.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es 1946 zur vielbeachteten Dreier-CHI-Serie Genf (auf der «Plaine de Plainpalais»), Bern (im Springgarten des Remontendepots) und Zürich (im Hallenstadion). 1947 wurden die CHIOs auf der Hausermatte in Luzern und im Palais des Expositions wieder durchgeführt. In den 50er-Jahren, 1951, 1955, 1959, organisierte die Schweiz in Bern, Thun und St. Gallen gleich drei Mal die FEI-Dressurchampionate, die schon damals als Europameis­terschaften galten.
Diese drei FEI-Championate begründeten, zusammen mit den Auslandsresultaten, die schweiz­weite Bekanntheit der Dressurreiter aus Bern. So war es nicht verwunderlich, dass die FEI die erste Weltmeisterschaft Dressur von 1966 an den Wirkungsort dieser Bereiter Unteroffizieren vergab, in die EMPFA in Bern.

«Offene» EM in Luzern

Im gleichen Jahr (1966) wurde die «offene» EM der Springreiter in Luzern ausgetragen (ohne separate EM-Wertung), die mit dem absurden Resultat endete, dass drei Nicht-Europäer die EM-Medaillen erhielten und Paul Weier als Vierter und bester ­Europäer leer ausging.
1970 fand während des CHIO Luzern das erste internationale Fahrturnier nach dem neuerstellten FEI-Reglement statt; 1974 organisierte Frauenfeld die zweite WM der Viererzugfahrer und 1981 Zug die Europameisterschaft. 1970, nach dem ersten EM-Sieg der Schweizer Springjunioren 1969 in Dinard, fand die EM der Juniorenspringreiter in St. Moritz statt (mit Markus Fuchs als 15-jährigen Europa­meister). 1974, 1977, 1981 folgten Luzern, La Tour-de-Peilz und Aarau als Schweizer Austragungsorte der EM der Springreiterjunioren.

Von St. Gallen bis Schaffhausen


St. Gallen trat in den 70er-Jahren zwei Mal als Organisator auf. 1971 mit der EM der Springreiteramazonen, 1977, beim letzten Anlass auf dem Breitfeld, mit der EM der Dressurreiter. Dort gewann Chris­tine Stückelberger mit Granat nach EM 75 und OS 76 ihren dritten grossen Titel. 1978 folgte dann die WM in Goodwood.
1978 fand auf der Polowiese in St. Moritz das erste internationale Voltigeturnier statt, noch vor der Aufnahme des Voltigierens in die FEI und der ersten EM 1984. Zwei Jahre später, 1986, wurde in Bulle die erste WM der Voltigierer ausgetragen – es war der letzte Schweizer Pionierevent.
In den 80er-Jahren organisierte die Schweiz, neben der Voltigier-WM 1986 in Bulle und der Vierspänner-EM 1981 in Zug, FEI-Championate in allen drei olympischen Disziplinen: 1982 die WM Dressur in Chalet-à-Gobet oberhalb Lausanne, 1983 die EM Military in Frauenfeld und 1987 die EM der Springreiter in St. Gallen. 1989 kam noch die EM Military der Junioren dazu. Sie wurde, während eines sportlichen Tiefpunkts im Schweizer Militarysport, in Chalet-à-Gobet ohne Schweizer Beteiligung ausgetragen.
Die 90er-Jahre begannen 1991 mit der EM der Voltigierer in der Empfa in Bern, zusammen mit einem CDI. 1994 wurden in der Empfa die EM-Dressur der Jungen Reiter und Junioren ausgetragen – eine Wiederholung gab es 2012. Die beiden wichtigsten pferdesportlichen Ereignisse der 90er-Jahre waren 1995 die EM der Springreiter auf dem Gründenmoos in St. Gallen und 1996 der Weltcupfinal in der Palexpo-Halle in Genf. 2010 fand dort der Weltcupfinal der Springreiter zum zweiten Mal statt. Das Jahrtausend beschlossen 1999 die Spring-EM der Jungen Reiter und Junioren in Münchwilen.
In diesem Jahrhundert fand in der Schweiz, neben dem erwähnten Weltcupfinal 2010 in Genf und der Dressur-EM YR/J 2012 in Bern, nur noch 2005 die Springreiter-EM der Jungen Reiter und Junioren in Schaffhausen statt.
Abgesehen vom reichen internationalen Springangebot gab es in den letzten Jahrzehnten nur wenige internationale Veranstaltungen in den beiden anderen internationalen Disziplinen. Im Springen bleiben nach dem Verschwinden des CSIO Luzern (nach fast 100 Jahren) und des CSI Zürich (nach 30 Jahren) der CSIO St. Gallen, der traditionelle Hallen-CSI in Genf, der neu mit Weltcup durchgeführte CSI Basel in der St. Jakobshalle, der Tessiner CSI in Ascona und, zum 15. Mal, der CSI Humlikon. Im NPZ Bern gibt es seit 2015 im Juni den CVI der Voltigierer.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 21/19)

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