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Über lange Jahre ein eingespieltes Duo: Susanne Behring (l.) und Christina Liebherr.
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Altes Glück neu gefunden

25.02.2014 12:06
von  Norbert Herbst //

Ihren Aufenthalt in der Schweiz vermag sie nahezu minutiös zu schildern: «16 Jahre, drei Monate und vier Tage» dauerte ihr Engagement im Nachbarland. Für Susanne Behring, die zweimalige deutsche Meisterin der Springreiterinnen, war es eine glückliche Zeit, ein Lebensabschnitt, den sie nicht missen möchte. «Die Schweiz ist meine zweite Heimat ge­worden», macht sie aus ihrem Herzen keine Mördergrube. Doch auch in der alten Heimat, im tiefen Osten Westfalens in der Kleinstadt Enger, hat sie altes Glück neu gefunden.

Die 46-jährige Behring arbeitet als «freie Trainerin», gibt Unterricht und veranstaltet Lehrgänge. Und wenn sie heute mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht behauptet, «rund­um glücklich» zu sein, nimmt man ihr das gerne ab.

Ihre Lehr- und Wanderjahre hat die charmante Springreiterin längst hinter sich gelassen. Wenn sie heute die letzten an­nähernd zwei Jahrzehnte ihres Lebens Revue passieren lässt, weiss sie, dass sie alles richtig gemacht hat.

Von Haus aus auf dem heimischen Reiterhof in Herford-Eickum von Kindesbeinen an mit edlen Vierbeinern vertraut, musste sie nach der Mittleren Reife zunächst etwas «Vernünftiges» lernen, um sich im Anschluss an eine Ausbildung zur Industriekauffrau voll und ganz dem Reitsport verschreiben zu können. Dabei verknüpfte sie schon zur Lehrzeit das Angenehme mit dem Nützlichen. Sie absolvierte ihre Ausbildung im Bekleidungsunternehmen des Team-Olympiasiegers von 1988 Wolfgang Brinkmann. Danach jobbte sie acht Jahre «in eigener Regie» im nahegelegenen Steinhagen beim renommierten Züchter, Ausbilder, Reiter und Unternehmer Lutz Gössing («Da habe ich am ­meisten gelernt.»), ehe sie 1995 dem Ruf des deutsch-schweizerischen Grossindustriellen Hans Liebherr in die Schweiz folgte, um dort als Stallmanagerin und Trainerin für dessen Töchter Sandra und Chris­tina zu arbeiten. Dass sie zudem dort ihre eigene sportliche Karriere vorantreiben konnte, war ebenfalls Bestandteil des Vertrages.

Einschneidende Lebenserfahrung

«Ich habe seinerzeit in Bulle-Riaz die Nachfolge von Jeroen Dubbeldam angetreten», erzählt Susanne Behring. «Das war ein Lebensabschnitt, der mir sehr viel gebracht hat», bilanziert sie. Dabei lässt sie nicht unerwähnt, dass sie zur Familie Liebherr «immer ein herzliches Verhältnis» hatte und dieses heute noch aufrechterhält. Es passt ins Bild, dass die Liebherrs auch schon im Ostwestfälischen zu Gast waren, um Susanne in ihrem schmucken und geschmackvoll eingerichteten Eigenheim in Enger, ein paar Galoppsprünge vor Bielefelds Toren gelegen, zu besuchen.

Susanne 2005 an der Europameisterschaft in San Patrignano mit Rolf Lüdi und Christina Liebherr.

«Wer mich kennt, weiss, dass ich meine Freundschaften pflege», verdeutlicht die junge Frau, die nach ihrer Rückkehr aus den Bergen ein Jahr den Stall des deutschen Bun­des­trainers der Spring­rei­ter, Otto Becker in Sendenhorst leitete, bevor sie sich beruflich endgültig auf eigene Beine stellte. «Dass ich eines Tages in die Heimat zurückkehren würde, stand für mich immer fest. Als es dann soweit war und ich für Otto arbeiten konnte, war das eine tolle Sache, doch täglich über 200 Kilometer zur Arbeit zu fahren, war mir auf Dauer zu viel», resümiert sie ehrlich.

Leitete ein Jahr lang den Stall von Otto Becker, dem deutschen Bundestrainer der Springreiter.

Eine saubere Trennung ohne üblen Nachgeschmack war die Folge. Heute hat Susanne Behring ihr neues Glück gefunden. «Ich glaube, sie ist angekommen», sagt Ex-Chef Otto Becker. Der Trainerjob hat der erfolgreichen Amazone schon immer Spass gemacht, und die Arbeit mit jungen Talenten, die sie in erster Linie in den heimatlichen Ställen von Wolfgang Brinkmann, Sascha Gajos und Christoph Meyer zu Hartum betreut, bereitet ihr Spass und Vergnügen. Zudem reist sie viel, unter anderem nach Istanbul, um die türkische Reiterin Sevil Sabanci zu betreuen. «Da stehe ich als Trainerin aber nur in der zweiten Reihe», berichtet sie ehrlich und ohne Umschweife, «bei Turnieren hat der Ire Garry Mullins das Sagen».

Stolz auf Erfolge

Die Schweiz ist nach wie vor ihr zweites Zuhause. Auf der Liebherr-Anlage «La Baumetta» trainiert sie den in Bern tätigen deutschen Chirurgen Sven Heitkemper und die Gauderon-Kinder Amandine und Nelly, im März hält sie auf der Anlage von Karin Haselmann in Oberriet wieder einen Lehrgang ab, in Sulgen und Hard ist sie mehrmals im Jahr zu Gast und ebenso gehört St. Magarethen fest zu ihrem Trainings- und Ausbildungsplan. Dass sie darüber hinaus ihren Jahresurlaub in der Schweiz verbringt, ist Ehrensache.

Susanne Behring im Sattel von L.B. Nesquick.

Ihre schönsten Erfolge feierte Susanne Behring in der Schweiz. Als Reiterin und Trainerin. «Gänse­hautfeeling» empfand sie bei ihren zwei Startgenehmigungen für den Aachener CHIO – «auf vier Platzierungen in der Soers bin ich heute noch stolz» – ebenso unvergessen ist ihr Einsatz als Coach von Christina Liebherr bei Olympia 2004 in Athen («Christina war weltbeste Amazone.») und bei der EM im italienischen San Patrignano, als die Liebherr-Tochter im Sattel ihres Überfliegers No Mercy hinter Marco Kutscher Vize-Europameisterin wur­de und mit der Mannschaft ebenfalls Silber gewann.

Risiko zu gross

Einzig und allein Kostengründe gaben den Ausschlag dafür, dass sie 2012 dem Land der Berge den Rücken kehrte und nach Ostwestfalen zurückkehr­te. «Hans Liebherr wollte den Stall verkleinern. Ich hätte die Anlage pachten können, um sie in eigener Regie zu führen», erklärt Susanne Behring. Sie verzichtete aber, schliesslich wusste sie um die Zahlen der monatlichen Aufwendungen. «Das Risiko war mir zu gross», bekennt sie ehrlich mit der Red­lichkeit, die zu einem bekennendem Ostwestfalen gehört wie der traditionelle Lappenpickert und ein gut gezapftes Bier.

Besonders junge Leute in die Spitze zu führen, das hat sich Susanne Behring für ihre berufliche Zukunft aufs Panier geschrieben. Nationale Interessen spielen dabei keine Rolle. Sie betreut zwar viele Talente aus der Region Ostwestfalen-Lippe, doch ihre Kundschaft als Trainerin ist europaweit und darüber hinaus angesiedelt. Dass sich darunter nach wie vor  viele Eidgenossen – «Ich habe da noch sehr viele Freunde» – befinden, versteht sich nach 16 Jahren harter Arbeit am Rande, schliesslich hätte die Confoederatio Helvetica sie auch gerne eingebürgert, um die nationale Spring­reiter-Equipe zu verstärken.

Behring wurde zweimal deutsche Meisterin der Springreiterinnen.

Sportlich ist es um Susanne Behring derzeit nicht unbedingt top bestellt. Sie reitet zwar täglich «min­des­tens drei Pferde» und züchtet auch erfolgreich, doch einen Überflieger wie einst den französisch gezogenen Hengst Arioso du Theillet, mit dem sie in den 90er-Jahren unter anderem Zweite im Grossen Preis von Zürich wurde, ist nicht in Sicht.

Aufgeben allerdings ist nicht. «Meine Karriere ist erst dann zu Ende, wenn ich das dritte Mal Deutsche Meisterin geworden bin», sagt die ebenso selbstbewusste wie ehrgeizige Frau mit einem Augenzwinkern. Dazu allerdings braucht es weiterhin viel Glück. Bisher war ihr For­tuna stets wohlgesonnen – weil eben Tüchtigkeit der Schlüssel zum Erfolg ist und die jung gebliebene Mitvierzigerin nicht zu den Leuten gehört, die zwar viel Glück haben, aber trotzdem niemals glücklich sind.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 08/2014)

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