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Individuelle Fütterungstechnik

27.02.2018 12:59
von  Aline Wicki //

Was in der Schweine- und Kälberzucht schon lange gängig ist, hält nun definitiv auch Einzug in die Pferdehaltung. Die Transponderfütterung, besser bekannt als Abruffütterung, erfreut sich zunehmender Nachfrage, insbesondere auch in der Pferdewelt. Die computergesteuerte Fütterung ist vielseitig einsetzbar und besonders in Offenstallkonzepten ein sehr praktisches Instrument. Nebst den massiven Zeiteinsparungen im Arbeitsalltag bringt die Abruffütterung insbesondere den Vorteil mit, jedes Pferd ganz individuell seinen Bedürfnissen entsprechend füttern zu können.

Die Heuraufe ist geschlossen und den Pferden steht für eine kurze Zeit kein Heu zur Verfügung.

Seit vielen Jahren schon ist in der Kälber- und insbesondere der Schweinezucht die Transponderfütterung tief verankert. Nun findet dieses praktische System auch in der Pferdehaltung Einzug. In den letzten Jahren haben in der Schweiz einige Pferdebetriebe auf die computergesteuerte Fütterung umgestellt. Doch was versteckt sich eigentlich genau hinter dem Phänomen und worin bestehen seine Vor- und Nachteile? Das Wort «Transponder» ist eine Zusammensetzung aus «Transmitter» und «Responder». Ein Transponder ist also ein Funk- respektive Kommunikationsgerät, welches Signale empfängt und beantwortet oder weiterleitet. Diese praktische Erfindung machte sich die Landwirtschaft zunutze, indem sie die Tiere, beispielsweise mittels einem Chip oder einem Halsband, mit Sendern ausstattet, um damit die Fütterung individuell steuern zu können.

Die Wege zwischen den Futterstationen und den weiteren Bereichen sorgen für viel Bewegung, zudem steht auch ein Sandbad zur Verfügung.

Fütterung auf Abruf – auch bei Pferden?

Instrumente zur Transponderfütterung bei Pferden gibt es mittlerweile in diversen Ausführungen und von verschiedensten Anbietern. Dies beginnt bei einfachen Kraftfutterautomaten,  die den Pferden eine fixe Ration Futter zu einer bestimmten Zeit spendet, über zeitlich gesteuerte Heuraufen bis hin zu komplexen Futterautomaten, in welchen dem Pferd bis zu acht verschiedene Futtermittel und Heu portioniert gefüttert werden können.

Das Pferd wird nach dem Fressen aufgefordert, den Futterstand für das nächste Pferd freizugeben.

Das Pferd trägt also einen Chip, beispielsweise an einem Halsriemen, auf sich, mit welchem der Sensor der jeweiligen Futterstation das Pferd erkennt. Betritt das Pferd nun eine Kraftfutterstation, registriert ein Bewegungssensor das Pferd und schliesst sofort nach Betreten der Futterstation die Eingangstür. Damit wird sichergestellt, dass das Pferd in aller Ruhe fressen kann und nicht gestört wird. Begibt sich das Pferd nun in Richtung des Futtertroges, wird der Chip gelesen und der Futterautomat gibt automatisch die auf das Pferd programmierte Futtermischung in der gewünschten Menge in Intervallen aus. Hat das Pferd seine Kraftfutterration verspeist, ertönt ein Piepston, welcher das Pferd auffordert, die Station zu verlassen. Zeigt das Pferd keinen Anlass, sich zu bewegen, kommt eine Art Gerte zum Einsatz, welche das Pferd sanft aus der Futterstation schiebt. Solche Kraftfutterstationen sind ebenfalls in mit Heufütterung kombinierter Ausführung erhältlich.

Heu verteilt über den Tag in geeigneten Rationen

Genauso wie es Kraftfutterstationen gibt, welche über den Computer gesteuert werden, existieren auch Heurauften, welche zeitlich gesteuert werden können. So kann man je nach Saison und Pferdegruppe die Heufütterungszeit und damit die Menge anpassen. Beispielsweise kann programmiert werden, dass die Heuraufte alle zwei Stunden für 30 Minuten offen steht und die Pferde so den ganzen Tag immer mal wieder Heu fressen können.

Die zeitlich gesteuerte Heuraufe ist nun offen und die Pferde geniessen ihr Heu.

Kontrolle, Individualität und Zeitersparnisse

Es ist schnell ersichtlich, dass die Transponderfütterung viele Vorteile mit sich bringt. Je nach Anbieter können die einzelnen Futterkomponenten bis aufs Gramm genau portioniert werden, die Anzahl der Fütterungseinheiten können nach Wunsch programmiert werden und auch «Ruhezeiten», also Zeiten, in welchen kein Futter zur Verfügung steht, beispielsweise für ein paar Stunden in der Nacht, können gesteuert werden. Der Stallbesitzer hat am Computer von jedem einzelnen Pferd die Übersicht was, wie viel und wann gefressen wurde und erkennt auch, wenn ein Vierbeiner seine Tagesration ausgeschöpft und den Futterautomaten vergebens aufgesucht hat. Je nach Anbieter und Programm haben sogar die Pferdebesitzer selbst, mittels Passwort, Zugriff aufs Fressprotokoll ihres Pferdes und können so das Fressverhalten ihrer Lieblinge genauestens beobachten. Ein weiterer Vorteil besteht natürlich darin, viel Zeit bei der Fütterung der Pferde einzusparen, da dies vollautomatisiert abläuft. Zudem können die Pensionspreise aufgrund der genauestens dokumentierten Futtermenge fairer gestaltet werden. Besitzer von Pferden, die mehr Futter benötigen, bezahlen auch mehr als jene mit Pferden, die wenig Futter benötigen.

Fallbeispiel Rufer Ranch in Bangerten

Auch Thomas und Marina Rufer haben sich auf ihrer Rufer Ranch für die Transponderfütterung entschieden. Als für die beiden klar war, dass sie gerne mehr Pferde halten würden, begaben sie sich auf die Suche nach geeigneten Systemen. «Wir wollten etwas für die Pferde machen, es musste einfach pferdefreundlich sein», erklärt Marina Rufer. Also entschieden sie sich für den Bau eines Bewegungsstalls und besuchten andere Höfe, um innovative Fütterungssysteme kennen­zulernen. Schnell war klar, dass auch bei ihnen die Transponderfütterung zur Anwendung kommen sollte. «Es gibt verschiedene Anbieter und Lösungen und doch kann man nie einfach ein System übernehmen. Es muss jedes Mal aufs Neue ein Konzept entwickelt werden, welches im Rahmen der topografischen Gegebenheiten machbar ist.» Rufers entschieden sich für eine Kraftfutterstation und eine zeitlich steuerbare Heu­raufte in Kombination mit einem Laufstall. Der grosse Vorteil liegt darin, dass das Pferd so ständig in Bewegung ist und fit bleibt. «Die Kraftfutterstation im oberen Bereich des Geländes ist quasi ein Anreiz, sich zu bewegen», erklärt Thomas weiter.

Das Pferd betritt die Kraftfutterstation und der Chip am Halsband wird registriert.

Die Heuraufe ist zeitlich gesteuert und befindet sich weiter unten auf der Anlage und ist nur durch einen Weg, welcher bis durchs untere Ende des Areals führt, erreichbar. Weiter stehen den Pferden ein Brunnen, ein grosszügiger, geschützter Liegebereich und viel Weideland zur Verfügung.

Teuer und herausfordernd

Viele Stallbesitzer schre­cken vor den relativ hohen Anschaffungskosten solcher Anlagen mit automatischen Fütterungssystemen zurück und verzichten da­rum auf eine Umstellung. Langfristig rechnet sich aber das System auf jeden Fall, denn der grösste Kos­tenpunkt in einem Stall ist die Arbeit respektive das Personal. Durch die Zeiteinsparnisse dank Transponderfütterung senken sich langfristig die Kos­ten der Arbeit. «Der grösste Teil der Kosten beim Bau des Bewegungsstalls waren vor allem die Befestigungen der Wege und der Bau der Liegehalle. Die Futterautomaten machten am Ende «den Braten auch nicht mehr feiss», erklärt Thomas. Eine weitere He­rausforderung besteht darin, eine möglichst homogene Pferdegruppe zu haben, denn dies erleichtert die Futterplanung. «Mit dem System, welches wir gewählt haben, also einer Kraftfutterstation und einer separaten Heuraufe, ist es schwieriger, die Heumenge individuell zu variieren. Zwar haben wir ein programmierbares Tor, welches Pferden mit mehr Futterbedarf den Zugang zu einer weiteren Heuraufe ermöglicht, aber es ist schwieriger, das Heu individuell zu steuern, als wenn die Heufütterung ebenfalls im Kraftfutterautomaten stattfindet», erklärt Marina Rufer.

Marina Rufer hat am Computer Einsicht in die Futterprotokolle und kann so die Fütterung für jedes Pferd ganz individuell perfektionieren.

Mit einer kombinierten Station könne man aber maximal vier Pferde füttern, was für Rufers bedeutet hätte, dass sie mindestens drei solche Stationen benötigt hätten. «Zudem läuft man bei der kombinierten Variante Gefahr, dass die Pferde sich weniger bewegen und sich nur noch um die Station herum bewegen», ergänzt Thomas. Das A und O sei also, die Pferde zu beobachten und bei Anfragen von Pferdebesitzern auch mal abzulehnen, wenn das Pferd vom Futterbedarf her nicht in die Gruppe passt.

Die Vorteile überwiegen

Die Stärken der Transponderfütterung überwiegen schlussendlich klar. Nicht nur der hohe Zeitgewinn, auch die individuelle Steuerung und das praktische Management überzeugen sofort. Besonders in Kombination mit Bewegungs-, Gruppen- oder Laufställen macht die Transponderfütterung eindeutig Sinn und wird sich wohl auch in der Schweiz stetig weiterverbreiten. Die Transponderfütterung ist ein gutes Mittel, um die Fütterung pferdegerechter zu gestalten – denn das natürliche Fress­verhalten der Pferde schreibt eine Fütterung in mehreren Rationen, verteilt über den ganzen Tag, vor.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 8/2018)

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