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Jessica von Bredow-Werndl und Benjamin Werndl.
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Mit Schweizer Unterstützung auf Erfolgskurs

11.12.2018 12:54
von  Alexandra Koch //

Zweifellos kann 2018 als grosser Erfolg für die Werndl-Geschwister aus dem bayerischen Alpenvorland in die Reitsportgeschichtsbücher eingehen. Dressurreiterin Jessica von Bredow-Werndl (32) gewann mit dem Team Gold bei den WEG und wurde Dritte im Weltcupfinal, ihr zwei Jahre älterer Bruder Benjamin erreichte erstmals über 80 Prozent in einer Weltcupkür. Am vergangenen Wochenende feierte das Duo in Genf und Salzburg gleich vier Siege. Partner auf diesem Weg waren Erfolgspferde wie Dalera BB, Unee BB und Daily Mirror. Mit ihnen kam es zu den genannten Erfolgen, an denen die Schweizerin Beatrice Bürchler-Keller und deren Halbschwester Flora Keller als Mäzene erheblichen Anteil haben.

«PferdeWoche»: Jessica von Bredow-Werndl, beginnen wir mit einem kleinen Rückblick auf die Weltreiterspiele in Tryon. Was wird Ihnen besonders in Erinnerung bleiben?
Jessica von Bredow-Werndl: Tryon war wirklich ein ganz besonderes Erlebnis! Die Goldmedaille mit dem deutschen Team war das i-Tüpfelchen! An einem Championat zu sein, ist schon etwas Besonderes. Teil des deutschen Teams zu werden, ist sehr schwer. Dass wir dann mit unserem tollen Grand Prix so überzeugen konnten, macht mich einfach nur glücklich und stolz auf Dalera BB. Sie ist mit ihren elf Jahren noch sehr unerfahren. Aber davon hat man bei den Weltreiterspielen wirklich nichts bemerkt.

Jessica von Bredow-Werndl mit Dalera an den Weltreiterspielen in Tryon (USA).

Die Entwicklung von Dalera BB beeindruckt. 2017 gewann sie ja noch den Louisdor-Preis, einer nationalen Serie für Nachwuchs-Grand-Prix-Pferde.
Jessica von Bredow-Werndl: Dalera BB hat eine unheimlich tolle Entwicklung hingelegt! Sie hat schon einige richtig geniale Grand Prix gezeigt und ist immer so motiviert, ihr Bes­tes zu geben. Ich musste sie auf den Turnieren vor der WM immer wieder ein biss­chen anders vorbereiten, weil sie sich so rasant entwickelt hat.

Wie kam Dalera zu Ihnen?
Jessica von Bredow-Werndl: Dalera BB kam vor gut drei Jahren zu uns nach Aubenhausen. Beatrice Bürchler-Keller hat sie vor vier Jahren gekauft. Zu­nächst war sie bei ihr in der Schweiz und wurde von Bea­trice und ihrer Bereiterin Susanne Eggli geritten. Dann entschied Beatrice, dass sie mir Dalera BB anvertrauen möchte. Dafür bin ich ihr sehr dankbar.

Dalera BB ist wie Unee BB im Besitz von Beatrice Bürchler-Keller. Wie haben Sie Ihre Schweizer Mäzenin kennengelernt?
Benjamin Werndl: 2009 kaufte Beatrice Bürchler-Keller von uns Lancôme, der damals neun Jahre alt war. Daraufhin bekamen wir ein Pferd von Beatrice in Beritt, weil es ihr so gefallen hat, wie Lancôme ausgebildet worden war.
Jessica von Bredow-Werndl: Zwei Jahre später kam Unee BB zu uns. Ein Pferd, mit dem ich die wunderbarsten Jahre meiner Karriere erleben durfte. Er ist ein grossartiger Lehrer und einfach mein Freund. Unsere gemeinsame Entwicklung auf dem Weg nach «oben» war etwas Besonderes. Unee hat mich sehr viel gelehrt.
Benjamin Werndl: Es ist toll, dass Beatrice zu all den grossen Turnieren mit uns reist. Auch in Aubenhausen besucht sie uns und ihre Pferde sehr regelmässig. Dann steigt sie auch selbst in den Sattel und freut sich zum Beispiel über «Slomo» – das ist der Spitzname von «Der Hit» –, den sie ganz toll reitet.

Jessica von Bredow-Werndl mit Beatrice Bürchler-Keller.

Benjamin Werndl, Sie haben vor Kurzem einen tollen Satz über Daily Mirror gesagt: «Er ist mein täglicher Spiegel ...» Wie würden Sie die Beziehung zu diesem Pferd beschreiben?
Benjamin Werndl: Ich habe Daily Mirror bekommen, nachdem er eine längere Rekonvaleszenzzeit hinter sich hatte. Flora Keller hatte ihn zu uns gebracht und das erwies sich als wunderbarer Glücksfall. Die Chemie hat gleich gepasst! Ich bin wirklich sehr dankbar, dass ich ihn weiterhin reiten und langfristig mit ihm planen kann. Dass Flo­ra Keller mir dies ermöglicht, kann ich ihr gar nicht hoch genug anrechnen.

Was sind die besonderen Stärken von Daily Mirror?
Benjamin Werndl: Daily Mirror ist ein unglaublich liebes und total ehrliches Pferd. Für mich ist er ein richtiger Gentleman. Anderen Pferden gegenüber ist er immer freundlich. Er hat einen tollen Charakter. Ich habe selten so eine Beziehung zu einem Pferd gehabt. Er kämpft immer richtig mit, wenn wir im Viereck sind. Daily Mirror ist sehr ganggewaltig und hat in allen drei Grundgangarten eine enorme Bewegungsqualität.

Benjamin Werndl auf Daily Mirror am CDI-W Stuttgart (GER).

Jessica von Bredow-Werndl, Ihr Toppferd Unee BB wird im Dezember in Frankfurt verabschiedet. Wann und wie haben Sie entschieden, dass dies der richtige Zeitpunkt für ihn ist, dem Sport Lebewohl zu sagen?
Jessica von Bredow-Werndl: Wir haben das natürlich gemeinsam mit Beatrice Bürchler-Keller entschieden. Eigentlich kam die Überlegung schon im Frühjahr. Damals fuhr ich mit Unee BB zum Weltcupfinal nach Paris. Mein grosses Ziel waren die Top fünf, dass wir es aber noch­mal aufs Treppchen schaffen, war eine echte Herausforderung. Als ich dann da oben auf dem Bronzerang stand, dachte ich mir, dass es eigentlich nicht mehr besser geht. Wir hatten unsere «beste Kür ever» und ich wollte immer, dass Unee allen genau so toll in Erinnerung bleibt. Das hat er einfach verdient! Als wir zwei Monate später in Wiesbaden noch die Flutlichtkür in dieser unglaublichen Atmosphäre gewannen, wusste ich, dass jetzt der Moment gekommen war. Unee BB war mit mir fünf Jahre in Folge im internationalen Spitzen­sport, wir waren neun Monate auf Nummer vier der Weltrangliste, wir waren zusammen auf einem Championat – bei der Europameisterschaft in Aachen 2015, wo wir Bronze holten, wir waren fünf Mal für den Weltcupfinal qualifiziert, viermal bin ich geritten und dreimal waren wir auf dem Podium. Ehrlich, was kann ich mir mehr wünschen?

Wie geht es für Unee BB jetzt weiter?
Jessica von Bredow-Werndl: Der strebt eine Showkarriere an! Nein, Spass beiseite, aber Unee BB ist einfach topfit und deshalb darf er sich auch noch ab und zu weiter präsentieren. Er liebt das Rampenlicht! Das war immer sein Ding. Er liebt es, auf Turniere und Veranstaltungen zu fahren. Nach der kleinen Show im Rahmen der «Munich Indoors» sind nun die offizielle Verabschiedung in Frankfurt beim Festhallenturnier und die Equitana im nächsten Frühjahr geplant.

Wird es für Unee BB als Deckhengst noch eine zweite Karriere geben?
Jessica von Bredow-Werndl: Nein, definitiv nicht. Es gibt noch TG-Samen von ihm in den Niederlanden bei Miriam Knoors und die Nachfrage dafür ist da. Unee BB darf bei uns seinen Ruhestand in vollen Zügen geniessen. Er geht einmal die Woche freispringen. Unsere Mitarbeiterin Julia und ich reiten ihn weiterhin. Julia hatte ihn bereits unter dem Sattel, als ich schwanger war. Ausserdem geht Unee natürlich jeden Tag auf die Weide, bekommt seine Wellnesseinheiten und darf mit uns viel ins Gelände.

Sie haben ja in Aubenhausen ein echtes Pferdeparadies gezaubert. Was schätzen Sie ganz besonders an diesem Ort?
Benjamin Werndl: Das stimmt, wir haben schon einen besonderen Ort für unsere Pferde und uns selbst geschaffen. Wir tun alles, damit es den Pferden hier gut geht und sie geben uns das ja auch zurück. Es ist auch diese besondere Atmosphäre bei uns, die ich unheimlich schätze. Ich würde es so beschreiben, dass wir niemals Erfolg über alles andere stellen. Natürlich sind wir sehr ehrgeizig und das ist unser Antrieb, aber wir stellen die Pferde über alles und ich denke, das macht uns auch erfolgreich.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 49/18)

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