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Max E. Ammann
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Standpunkt

Die FEI-GV in Südafrika

05.04.2022 09:33
von  Max E. Ammann //

Kürzlich hat die FEI bekannt gegeben, die nächste Generalversammlung finde von 9. bis 13. November 2022 in Kapstadt, Südafrika, statt. In der FEI-Ankündigung wird auf das gewaltige Potenzial des afrikanischen Kontinents für den Pferdesport hingewiesen und auf die vielen FEI-Solidaritätsprojekte. Nicht erwähnt wird die jahrzehntelange Isolation der talentierten südafrikanischen Pferdesportler als Folge der von der Regierung durchgesetzten Apartheidpolitik und die geschlossenen Grenzen wegen der afrikanischen Pferdepest.

Nur selten in Europa am Start

Von 1958, als vier südafrikanische Springjunioren an der Junioren-EM in Hannover Zweite wurden, bis 1992, als drei südafrikanische Springreiter auf Leihpferden an den Olympischen Spielen in Barcelona ritten, waren Südafrikas Reiter in Europa nur selten am Start. Dieses Abseitsstehen betraf nicht nur die gebürtigen Südafrikaner: die talentierten Gonda Betrix, Mickey Louw, Peter Götz, Philip Smith, Jamie und George Myburg und Tony Lewis mit ihren Vollblütern, sondern auch die gebürtige Britin Anneli Drummond-Hay. Mit Merely-a-Monarch hatte sie 1961 den ersten CCI Burghley und 1962 Badminton gewonnen. Von 1963 bis 1969 holte sie an den damaligen Amazoneuropameisterschaften einen Titel (1968) und platzierte sich zwei weitere Male auf dem Podest. Dann heiratete sie den südafrikanischen Springreiter Erroll Wucherpfennig und lebte im abgeschlossenen Südafrika. Apartheid, die Zementierung der Vorherrschaft der weissen Bevölkerung durch die Rassentrennung, begann in Südafrika bereits vor dem Zweiten Weltkrieg. Ihre Hochphase hatte die Apartheid in den 70er- und 80er-Jahren, als die genannten südafrikanischen Springreiter mit Erfolg in Europa hätten konkurrieren können. Die Apartheid begann anfangs der 90er-Jahre zu bröckeln. Sie endete 1994, als mit Nelson Mandela der erste schwarze Präsident gewählt wurde.
1977 hatten meine Frau und ich erstmals Südafrika besucht. Beim Derbyturnier in Inanda, einem Vorort von Johannesburg, traf ich nicht nur die erwähnten Reiter, sondern auch den Schweizer Dru­ckereibesitzer und Olympiareiter von 1956, Marc Büchler. Bei den Gesprächen in Inanda wurde die Wiedererweckung des 1972 eingestellten «L’Année Hippique» diskutiert. 1978 erschien das «Neue L’Année Hippique» im Verlag Büchler.

Gonda Betrix und Mickey Louw

Die wohl talentiertesten südafrikanischen Reiter jener Zeit waren Gonda Betrix (geborene Butters) und Mickey Louw. Die 1943 geborene Gonda hatte als 14-Jährige vom südafrikanischen Pferdesportverband eine Speziallizenz erhalten, um bei den Erwachsenen mitreiten zu können. Ein Jahr später, 1958, stellte sie mit 2.08 Meter einen südafrikanischen Hochspringrekord auf. Im gleichen Jahr gehörte sie zur Equipe, die bei der Junioren-EM Silber gewann. Als Erwachsene gewann sie zehnmal die südafrikanische Meisterschaft und sechsmal das südafrikanische Derby, das von 1965 bis 1999 in Inanda ausgetragen wurde und seit 2000 in Kyalami.
Mickey Louw durfte 1968 nach Europa, wo er im damals begehrten «King George V Gold Cup» in London Zweiter wurde. Mit Epol Appraise verbesserte er 1972 den südafrikanischen Hochspringrekord auf 2.26 Meter.
Nach dem Leihpferdestart der drei südafrikanischen Springreiter 1992 in Barcelona kamen südafrikanische Reiter häufiger nach Europa. Gonda Betrix ritt so 1995 beim CSI-W in Genf. Da sich ihr potenzielles Olympiapferd Watchfire danach schwer verletzte, kam es nicht zum Start in Atlanta 1996. Betrix beendete ihre aktive Karriere und wurde eine erfolgreiche Trainerin. 1994 ritt Tony Lewis an den Weltreiterspielen in Den Haag. 1996 wurde eine Südafrikaliga des Weltcups gegründet. Die junge Kim Robson gewann die Liga und bestritt als ers­te Südafrikanerin den Weltcupfinal 1997. Die Liga umfasst fünf bis sechs Qualifikationsturniere, in Pietermaritzburg, Port Elizabeth, Pretoria, Kapstadt und Johannesburg.

Weitsprungweltrekord

Als Kuriosität sei der Weitsprungweltrekord von 1975 des Südafrikaners André Ferreira erwähnt. Nachdem der Weltrekord 1935 von Christian de Castries auf 7.60 Meter verbessert worden war, dauerte es bis 1946, bis sich wieder Reiter für diesen obskuren, heute vergessenen, Weltrekord interessierten. Von 1946 bis 1951 verbesserten im Jahresturnus ein Argentinier, ein Spanier, ein Niederländer und danach zwei weitere Spanier den Rekord auf 8.30 Meter. Dann kam anfangs Mai 1975 die Meldung aus Südafrika, ein André Ferreira sei mit Something 8.40 Meter gesprungen. André Ferreira starb 2018 72-jährig.

«South Africa Equestrian Federation»

Der südafrikanische Pferdesportverband wurde 1947 gegründet. 1954 trat er der FEI bei. Langjähriger Präsident von SAEF (South Africa Equestrian Federation) war Ernst Holtz. Zentrum des südafrikanischen Pferdesports ist Kyalami Park, ein 23 Hektar grosses Gelände, wo seit 2000 das Derby ausgetragen wird. Ursprünglich wurden in Kyalami auch Formel-1- und Motorrad-WM-Rennen ausgetragen. Die dichte Wohnbesiedlung hat dem eine Ende gesetzt. Nach dem Olympiadebüt von 1992 in Barcelona bestritten je ein Reiter 2012 und 2021 die olympische Vielseitigkeitsprüfung und eine Reiterin die Dressur 2016.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 13/2022)

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