Suche
Max E. Ammann
Previous Next
Standpunkt

Geschichte der Dressur und Schweizer Erfolge (2. Teil)

17.01.2023 08:11
von  Max E. Ammann //

1951 fand der «Concours Officiel International de Dressage», das FEI-Championat, nach 1927, 1930 und 1934 zum vierten Mal in der Schweiz statt. Im Grand Prix belegten Feldweibel Gottfried Trachsel mit Flott und Kursus und Wachtmeister Gus­tav Fischer mit Biondo die Ehrenplätze zwei, drei und vier hinter dem Sieger, dem Franzosen André Jousseaume.

Medaillensammler Chammartin

Dann kamen die Olympischen Spiele von 1952 in der finnischen Hauptstadt Helsinki und der erste grosse, gemeinsame Auftritt der drei Unteroffiziere Henri Cham-martin, Gottfried Trachsel und Gus­tav Fischer. In Helsinki gewannen sie die Teamsilbermedaille. Vier Jahre später, in Stockholm, gab es Bronze. Der Erfolgreichste des Trios war der 2011 93-jährig verstorbene Henri Chammartin. Bei praktisch jedem FEI-Championatsstarts gewann er eine Einzelmedaille. Bei den FEI-Dressurchampionaten 1954 Silber, 1955, 1958 und 1959 jeweils Gold und 1962 wieder Silber, die ersten vier mit Wöhler, 1962 mit Woermann. Als die FEI 1963 schliesslich diese Championate zu Europameis­terschaften machte, gewann Chammartin mit Wolfdietrich gleich die beiden ersten EM-Titel 1963 und 1965. 1964 wurde er mit Woermann in Tokio Olympiasieger. Gottfried Trachsel war zweimal Championatsdritter: 1953 und 1955. Gustav Fischer gewann an den Olympischen Spielen von 1960 mit Wald Einzelsilber. Dazu gab es von 1952 bis 1968 vier olympische Mannschaftsmedaillen (je zweimal Silber und Bronze), dazu Silber an der WM 1966 und je einmal EM-Silber und Bronze 1965 und 1967. Ab 1964 gehörte Marianne Gossweiler anstelle des zurückgetretenen Gottfried Trachsel zur Equipe, 1967 ritt Hansruedi Thomi anstelle von Fischer.

Medaillensammlerin Stückelberger

Nach den medaillenlosen Jahren 1969 bis 1972 begann 1973 die glorreiche Ära von Christine Stückelberger. An der EM 1973 in Aachen gewann die Schweiz mit ihr, Hermann Dür und Marita Aeschbacher die Teambronzemedaille. Von da an gab es bis 1990 mit Ausnahme der EM 1985 jedes Mal eine Mannschaftsmedaille für die Schweiz. Dreimal Olympiasilber, einmal Silber sowie dreimal Bronze bei den WM und zweimal Silber und sechsmal Bronze bei den EM. Neben Stückelberger ritten von 1973 bis 1990 neben den erwähnten Dür und Aeschbacher der letzte der EMPFA-Unteroffiziere, Ulrich Lehmann; Mutter und Sohn Doris und Daniel Ramseier, Claire Koch, Amy-Cathérine de Bary, Otto Hofer, Samuel Schatzmann, Regula Pfunder und Silvia Iklé in der Schweizer Equipe.
Individuell brillierte Stückelberger. Von 1975 bis 1978 blieb sie bei EM, OS, EM, WM ungeschlagen. Immer noch mit Granat gab es Silber bei den EM 1979, 1981 und der WM 1982 sowie Gold 1980 an den Ersatzspielen für die boykottierten Olympischen Spiele in Moskau. Mit Gauguin de Lully gewann sie Silber an der WM 1986 und Bronze an den Olympischen Spielen 1988. Dazu kommen die beiden Siege von 1987 und 1988 im Weltcupfinal, beide Male mit Gauguin de Lully. Mit ihm wurde sie noch Zweite 1989 und mit Rubelit von Unkenruf Dritte 1986. Otto Hofer war der andere Schweizer, der in diesen Jahren Einzelmedaillen gewann: mit Limandus Bronze 1984 an den Olympischen Spielen und EM-Silber 1985. Dazu kam ein dritter Platz mit Andiamo im Weltcupfinal 1988.

Erfolgreicher Nachwuchs

Parallel zu den Erfolgen der Dressur­elite in den 80er-Jahren brillierten auch die Jungen Reiter. 1984 wurde Daniel Ramseier mit Relko Europameister. Fünfmal – 1984, 1986, 1987, 1988 und 1994 – gewann die Mannschaft der Jungen Reiter eine Medaille: einmal Silber, viermal Bronze (1994 als die Erfolgsserie der Elite bereits vorbei war). Die bisher letzte Goldmedaille gewann die Schweizer Dressurequipe der Children an der EM 2015.

Unregelmässige Teilnahmen

In den letzten 30 Jahren nahmen die Schweizer Dressurreiter nur noch unregelmässig an den grossen Veranstaltungen teil. An den auf Seoul 1988 folgenden Olympischen Spielen 1992, 1996, 2000 und 2004 gab es für die Schweizer Dressur-equipe die Ränge sechs, sechs, sieben und zehn. Zu den Spielen 2002 und 2012 wurden keine Dressurreiter entsandt, nach Rio de Janeiro 2016 und Tokio 2021 je eine Einzelreiterin. Ähnlich lückenhaft war die Schweizer Beteiligung bei WM und EM. Bei der EM 1991 in Donaueschingen wurde Ruth Hunkeler mit Afghadi Achte im Special. Zuvor hatte sie beim CDI Bern Grand Prix und GP-Spécial gewonnen. Ebenfalls Achter wurde Daniel Ramseier mit Random bei der EM 1993 in Lipica. Die Schweizer Equipe wurde EM-Vierte – eine Klassierung, die an der EM 2007 wiederholt wurde. An den zweiten Weltreiterspielen von 1994 wurde die Equipe Achte und Hans Staub mit Dukaat Siebter im GP-Spécial. Bei der EM 1995 holten sie den fünften Equipenplatz. An den folgenden WM und EM gab es, sofern eine Equipe entsandt wurde, Klassierungen von sechs bis neun.

Iklé, Krinke-Susmelj, Wettstein

2005 gewann Marie-Line Wettstein bei einem in Bern ausgetragenen CDI den GP-Spécial. An den Weltreiterspielen von 2006 wurde das neue Schweizer Spitzenpaar, Silvia Iklé mit Salieri, Sechste im Grand-Prix-Spécial und Elfte in der Kür. Im Jahr darauf, an der EM, gab es für das Paar gar die Plätze vier und fünf. Die Equipe wurde, wie erwähnt, Vierte.
Marcela Krinke-Susmelj wurde mit Corinth Kürelfte an den Weltreiterspielen von 2010. In den folgenden Jahren gab es an der EM 2017 einen achten Equipenplatz für die Schweizerinnen, daneben 2014 bis 2019 die Ränge elf bis 13. Mit dem elften Platz an der EM 2019 in Rotterdam verpassten die Schweizer die Olympiaqualifikation, gewannen aber einen Einzelstart. An den um ein Jahr verschobenen Spielen von 2021 in Tokio belegte Estelle Wettstein mit West Side Story Platz 42.
Anzufügen ist, dass nach dem FEI-Dressurchampionat von 1951 in Bern die Schweiz diesen Vorgänger der heutigen WM/EM noch zweimal organisierte: 1955 in Thun und 1959 in St. Gallen. Nach der Einführung von WM/EM 1963 kam es 1966 zur ersten Dressur-WM in Bern. 1977 organisierte St. Gallen als Abschiedsveranstaltung auf dem bald von der Autobahn durchschnittenen Breitfeld die EM. 1982 kam es zur WM in Le Chalet-à-Gobet oberhalb Lausanne. Danach fanden dort bis Ende der 80er-Jahre internationale Dressurturniere statt. Zweimal, 1994 und 2012, wurde in Bern die EM der Jungen Reiter und Junioren durchgeführt. Nachdem 1992 in Bern die bis anhin einzige Weltcupprüfung in der Schweiz durchgeführt worden war (damals noch im Freien) wagte Genf 1997 den Einstieg in den Weltcup. Nach 2000 hörte Genf wieder auf. 2016/17/18 gab es drei Jahre lang wieder internationale Dressurprüfungen in der Genfer Halle beim Flughafen.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 2/23)

[...zurück]