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Max E. Ammann
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Standpunkt

Luzerner Pferderennen und ein Projekt

20.12.2022 10:45
von  Max E. Ammann //

Im September 2008 fanden auf der Luzerner Allmend zum letzten Mal Pferderennen statt, darunter das 27. St. Leger. Die Tieflegung der Zentralbahn und der Ausbau auf Doppelspur zwangen die Interessengemeinschaft (IG) Pferdesport Allmend zum Verzicht für die folgenden Jahre. Im Dezember 2011, als man für 2012 oder 2013 einen Neuanfang planen wollte, musste die IG das endgültige Aus beschliessen. Der vorgesehene Abbruch der Stallungen und anderer Bauten schuf zu hohe Infrastruktur­kosten für temporäre Bauten. Dies trotz der Zusage der Stadt Luzern, 30000 Franken an den Unterhalt beizutragen und 40000 Franken als Preisgeld zu spenden. Damit endete eine über 100-jährige, in den Anfangsjahrzehnten glorreiche Geschichte der Pferderennen in Luzern.

Erste Renntage 1899

Alles begann noch im 19. Jahrhundert. Am 27. Mai 1899 wurde der Renn-Club Luzern gegründet und bereits im September 1899 führte der neue Verein zwei Renntage auf der Allmend durch. Bis 1913 waren die fünfzehn Rennjahre in Luzern von europaweiter Ausstrahlung. Die Luzerner Rennen waren international und offerierten bereits 1899 ein totales Preisgeld von 22500 Franken. Über die Jahre stieg die Dotierung: 1903 waren es bereits 47600 Franken, 1908 77760 Franken und im letzten Vorkriegsjahr 1913 waren es sogar 100000 Franken. Die Rennen von 1914 wurden abgesagt, der Erste Weltkrieg war ausgebrochen. Nach langer Pause wurden erst 1930 wieder Rennen auf der Luzerner Allmend gelaufen. 2008 kam das Ende.

CSIO auf der Hausermatte

Der Renn-Club Luzern hatte 1909, zehn Jahre nach seiner Gründung, auch erstmals ein internationales Springturnier durchgeführt. Allerdings nicht auf der Allmend, sondern auf einem vom Hotelier Oscar Hauser zur Verfügung gestellten Gelände am Vierwaldstättersee. Die Stallungen der Springpferde waren auf der Allmend, die Pferde wurden jeweils vor Beginn der Prüfungen auf die Hausermatte überführt, wo neben dem Turnierplatz temporäre Boxen bereitstanden. Der Luzerner CSIO gehörte vor allem in den Zwischenkriegsjahren 1924 bis 1939 zu den bedeutends­ten Anlässen Europas. Nach dem Krieg begann man wieder 1947, ab 1948 im Zweijahresturnus in den geraden Jahren, abwechselnd mit Genf. In den 90er-Jahren akzentuierten sich die finanziellen Probleme des Turniers und damit des Renn-Clubs Luzern. 2000 wurde die Erfolgsorganisation des CSIO St. Gallen mit der Durchführung des immer noch nur in den geraden Jahren durchgeführten CSIO Luzern betraut. Nach einem erneuten finanziellen Loch kam nach 2006 das Ende für den CSIO Luzern. Mit beigetragen zum schliesslichen Ende des CSIO Luzern hatte auch die Kontroverse um den von den Stadtbehörden geplanten Seeuferweg. Dieser trennte das Turniergelände an der Halde vom See. 1979 zog der CSIO auf die Allmend, wo er bis 2006 ausgetragen wurde.

Das Projekt

1978 – der Renn-Club Luzern war fast acht Jahrzehnte alt und die Luzerner Renntage gab es alljährlich auf der Allmend – wurde von zwei Initianten das Projekt Rennbahn Luzern-Rothenburg vorgestellt. Die Initianten waren Theo Habermacher (1948 bis 2008) aus Stansstad und der Architekt Adelbert Koch (1927 bis 1991) aus Emmen. Luzerner Ansprechpartner der beiden Initianten war der Renn-Club Luzern. Am 30. März 1978 kam es zu zwei denkwürdigen Sitzungen, zuerst im Restaurant Kreuz in Bertiswil, dann im Restaurant Chlöpfen in Eschenbach, unterbrochen durch eine Besichtigung des «Projektes». Den Vorsitz der Sitzungen hatte der damals bedeutende Rennpferdebesitzer Heinrich Raschle. Anwesend waren, neben den beiden Initianten, die Rennreiter Dölf Renk und Kurt Schafflützel, weiter Jean Fürer, Heinrich Schneider, Andreas Fehr, Walter Suter, Paul Baumgartner, Eliane Borel sowie vom Renn-Club Luzern Hans Kauffmann, Franz Burger und der Schreiber dieses Berichtes. Raschle begründete als Präsident der ehemaligen Abteilung Rennen (jetzt SPV) das Bedürfnis nach einer derartigen Anlage. Geplant sei eine kombinierte Sandbahn mit einer Pistenbreite für 20 Pferde. Raschle stellte aber auch klar, dass vom Schweizer Pferderennsportverband kein Geld zu erwarten sei. Auch von der «ILL» (Pferdewette) liege kein Geld dafür vor. Der Pferdebesitzer Walter Suter war vom Projekt begeistert und glaubte, dass vom Club der Besitzer und vor allem von einzelnen Mitgliedern Geld zu erwarten sei. Kurt Schafflützel vom Rennreiterverband sah ebenfalls kleinere Beiträge, desgleichen Jean Fürer vom Trabrennverband. Er wies darauf hin, dass für eine kombinierte Sandbahn für Galopper und Traber von beiden Seiten Kompromisse gemacht werden müssten.

Zahlreiche Probleme

Franz Burger als Vertreter des Renn-Clubs Luzern wies auf die Fülle von Problemen hin. In seinem nur für den Renn-Club-Vorstand zugänglichen Rapport stellt Franz Burger später fest, dass eine Realisierung durch den Renn-Club, oder eine von ihm konstituierte Trägerschaft, ausserhalb der Reichweite des Renn-Clubs liege, selbst wenn man sich auf eine Minivariante beschränkte. Trotzdem wurde an dieser Zusammenkunft in Rothenburg ein Initiativkomitee gebildet, dem, neben den drei anwesenden Renn-Club-Vorstandsmitgliedern, die beiden Initianten und Heinrich Raschle angehörten. Als Vertreter der drei Verbände, Besitzer, Traber und Rennreiter, wurden Suter, Fürer und Schafflützel beigezogen. Knapp ein Jahr später kam das Aus für das Projekt. Dies wurde von Mitinitiant Theo Habermacher am 26. Februar 1979 kommuniziert. In seinem Brief stellt er fest, dass das Terrain zur Verfügung stehe, der Regierungsrat des Kantons Luzern die Bewilligung erteilt habe und dass die Finanzierung aufgrund vorhandener Bankangebote gesichert sei.
Theo Habermacher stellte fest, dass eine konstruktive Mitarbeit des Renn-Clubs Luzern ausgeschlossen sei. Auch habe Yverdon eine Traber-Sandpiste beschlossen. Dem im Brief von Theo ­Habermacher angesprochenen Schweizer Pferderennsportverband (SPV) wurde eine Frist bis Ende 1979 gegeben, sich für oder gegen eine Weiterarbeit am Projekt Luzern-Rothenburg zu entscheiden. Ohne positiven Gegenbericht des Verbandes würde angenommen, er hätte sich gegen das Projekt entschieden. Man hörte nie mehr etwas davon. Fast 40 Jahre später fuhr ich wieder nach Rothenburg: zur Eröffnung der Kutschensammlung von Franz Knüsel im alten Zeughaus. Seit 2017 beherbergt Rothenburg also Kutschen und keine Rennpferde. Das für die Rennbahn vorgesehene Gelände ist weiterhin Landwirtschaftsland.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 50/2022)

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