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Vier Finals unter einem Dach

06.04.2022 11:45
von  Florian Brauchli //

Vom 6. bis 10. April, eine Woche vor Ostern, treffen sich die besten Pferdesportler in vier Disziplinen in den Leipziger Messehallen, um ihre «Hallenweltmeister» zu küren. Es ist dies das zweite Mal in der Geschichte des Weltcups, dass vier Finals an einem Wochenende am gleichen Ort durchgeführt werden.

Florian Brauchli
Endlich ist er zurück – der Weltcupfinal. Über zwei Jahre ist es her, seit der letzte Final durchgeführt wurde. Boyd Exell krönte sich in Bordeaux (FRA) 2020 zum Finalsieger bei den Vierspännerfahrern. Bei den Spring- und Dressurreitern liegt der letzte Final gar schon drei Jahre zurück. 2019 siegten in Stockholm (SWE) Steve Guerdat auf Alamo im Springen und Isabell Werth (GER) auf Weihegold in der Dressur. Ebenfalls drei Jahre mussten die Voltigierer warten. Der letzte Final fand 2019 in Saumur (FRA) statt. Damals siegten Janika Derks bei den Damen, der Kolumbianer Juan-Martin Clavijo bei den Herren sowie das Duo Theresa-Sophie Bresch und Torben Jacobs im Pas-de-Deux. Wie schon 2011, ebenfalls in Leipzig, finden die Finals von vier Disziplinen unter einem Dach statt.

Alle gegen Fuchs?

Auch in der Saison 2021/2022 konnten coronabedingt nicht alle Qualifikationen durchgeführt werden. Von 13 Stationen fanden nur gerade sechs tatsächlich auch statt. Leider konnte auch das Schweizer Weltcupspringen in Basel nicht abgehalten werden. Trotzdem sind alle froh, dass dem Final in diesem Jahr nichts im Wege steht. Das Teilnehmerfeld war aber definitiv schon hochkarätiger, zahlreiche grosse Namen wie Peder Fredricson, Henrik von Eckermann (SWE), Scott Brash, Ben Maher (GBR), Marlon Modolo Zanotelli (BRA) oder auch Kent Farrington (USA) fehlen. Geht man nach der aktuellen Weltrangliste, ist Martin Fuchs sicher einer der Topfavoriten. Die aktuelle Weltnummer drei und seine Pferde sind in toller Form. Im Final wird der Zürcher, der in Wängi TG zu Hause ist, auf Chaplin oder The Sinner setzen. Mit Chaplin, der Luigi Baleri gehört, zeigte er sich in Paris von seiner besten Seite. Nur knapp verpassten sie dort den Sieg im Grand Prix. Das Paar konnte in den Jahren 2017 und 2019 gleich drei GCT-GPs (Cascais Estoril, Madrid, Mexiko City) gewinnen und sie waren auch im Weltcupspringen von Lyon (FRA) im Jahr 2021 siegreich.
Als Titelverteidiger ist zudem Steve Guerdat im Final gesetzt. Der Jurassier, der seit einiger Zeit in Elgg ZH lebt, setzte sich mit dem Niederländerwallach Alamo im Final von Göteborg 2019 durch. In diesem Jahr setzt er auf den Franzosenwallach Victorio des Frotards (Besitzer Steve Guerdat, Jumping Horses AG, Artic Partners). Mit dem Fuchs gewann er 2020 den Grossen Preis und das Weltcupspringen von Basel, das Weltcupspringen von Bordeaux (FRA) sowie zwei Fünfstern-GPs in St-Tropez (FRA). Auch wenn in jüngster Vergangenheit die Topresultate beim Olympiasieger von 2012 fehlen, so hat er doch schon viele Male bewiesen, dass er zum Zeitpunkt X seine beste Leistungen abrufen kann.
Weiter zum Favoritenkreis gehören sicherlich auch der Deutsche Marcus Ehning (24), der US-amerikanische Finalsieger von 2017 McLain Ward (12), Harrie Smolders (10) aus den Niederlanden, der Österreicher Max Kühner (15) und der Ire Denis Lynch (22), der die Qualifikation mit den meisten Punkten abschloss. Heisser Aussenseiter könnte Harry Charles sein. Der junge Brite dominierte das Heimturnier in London und könnte am Final überraschen.
Das höchste Preisgeld ist wie üblich bei den Springreitern zu finden. Total gibt es 1.3 Millionen Euro zu gewinnen – aufgeteilt auf den Endstand der Finalwertung (750'000), die Finalprüfung 1 (100'000), die Finalprüfung 2 (150'000) und die Finalprüfung 3 (300'000). Sollte ein Reiter alle drei Prüfungen gewinnen und somit den Titel holen, würde er rund  300'000 Euro einstreichen.

Modus Springen

Am Weltcupfinal werden die Zeitrückstände der ers­ten Wertungsprüfung (Zeitspringen) nicht direkt in Strafpunkte umgewandelt, sondern es wird ein Punktesystem angewendet. In den ersten beiden Wertungsprüfungen erhält der Sieger einen Punkt mehr als Teilnehmer am Start sind. Vor dem grossen Final am Sonntag werden die Punkte beider Prüfungen zusammengezählt. Das Paar mit den meis­ten Punkten startet mit null Punkten in den Final. Der Punkterückstand der weiteren Paare wird mit dem Faktor 0.5 multipliziert. Hat zum Beispiel ein Reiter sechs Punkte weniger als der bes­te, startet er mit einem Malus von drei Zählern in den Final. In diesem starten beim ersten Umgang die Top 30, im zweiten sind dann noch die besten 20 startberechtigt.

Alle gegen Von Bredow-Werndl?

Auch in der Dressur konnten nur sechs von elf Qualifikationsturniere stattfinden. Am Final führt eigentlich kein Weg an Jessica von Bredow-Werndl vorbei. Die sympathische 36-jährige Bayerin gewann in den letzten acht Monaten zwei olympische und drei europä­ische Goldmedaillen und ist somit absolute Topfavoritin auf den Titel in Leipzig. Mit der 15-jährigen Trakehnerstute Dalera BB, die im Besitz der Schweizerin Béatrice Bürchler-Keller steht, setzt sie aktuell die Massstäbe und ist bei fehlerfreien Leistungen kaum zu schlagen. «Die Vorbereitungen auf den Weltcupfinal halten wir einfach, nichts Besonderes. Dalera muss nur motiviert, gesund und glücklich bleiben, im Wald reiten, und wenn das Wetter gut ist, auf die Galoppbahn gehen», so Von Bredow-Werndl. «Manchmal müssen wir uns daran erinnern, warum wir mit dem Sport angefangen haben – weil wir Pferde lieben. Viele Leute konzentrieren sich zu sehr auf das Ergebnis – den Erfolg – und nicht darauf, wie man dorthin kommt. Ich versuche, mich da­rauf zu konzentrieren, wie ich dorthin komme, und nicht auf das Ergebnis.» Die Weltnummer eins hat auf dem Papier eigentlich nur eine ernsthafte Konkurrentin – nein, es ist aktuell nicht Isabell Werth – es ist die Dänin Cathrine Dufour. Die 30-Jährige performt mit dem zwölfjährigen Westfalenwallach Bohemian auf ähnlich hohem Niveau. Für die restliche Konkurrenz dürfte es ein Kampf um die Bronzemedaille werden. Keine Schweizerin konnte in der Qualifikation punkten, daher findet der Final auch ohne CH-Beteiligung statt. Für die Dressur sind 300'000 Euro reserviert, drei Viertel davon für die Kür. Der Finalsieg wird mit 60'000 Euro honoriert.

Alle gegen Exell?

Bei den Vierspännerfahrern wird es höchstwahrscheinlich ebenfalls auf einen Zweikampf hinauslaufen – zwischen dem neunfachen Weltcupfinalsieger Boyd Exell aus Australien und seinem Herausforderer Bram Chardon. Der junge Niederländer fügte dem Rekordsieger im Final 2019 eine schmerzhafte Niederlage zu, für die sich Exell ein Jahr später aber postwendend revanchierte. Auch in diesem Jahr dürfte alles wieder auf dieses Duell hinauslaufen. Jérôme Voutaz ist dieses Jahr nicht am Start, der Walliser verpasste die Finalqualifikation knapp, auch weil er coronabedingt nur eine Startmöglichkeit in der Qualifikation hatte. Knapp 32'000 Euro gibt es bei den Viererzugfahrern zu gewinnen, zwei Drittel davon in der zweiten Finalprüfung. Für den Weltcupsieger gibt es knapp 6000 Euro.

Alle gegen Deutschland?

Bei den Voltigierern ist das Feld völlig offen, wobei die Deutschen sicher in allen Kategorien zu den Favoriten gehören. Da aber in den letzten Jahren nur wenige internationale Turniere stattfinden konnten, ist die Ungewissheit über den Formstand der einzelnen Voltigierer gross. An sieben Turnieren (Kategorie CVI3* oder CVIO4*) zwischen Juni und November des letzten Jahres konnte sich die «Voltis» für den Final qualifizieren. Die Schweizer Farben werden durch Lukas Heppler vertreten. Der Berner setzt auf seinen bewährten NPZ-Schweizerwallach Colonel vom Forst mit Alana Sohm und Barbara Zürcher an der Longe. Die drei Kategorien sind mit je 2750 Euro dotiert, davon 850 Euro für den oder die Sieger – im Vergleich zu den Springreitern eine geradezu lächerliche Summe – leider.

Zeitplan
Donnerstag, 7. April
14.35 Uhr     Springen   1. Wertungsprüfung, 160, C
18.30 Uhr     Dressur     Kurz-Grand-Prix

Freitag, 8. April
14.00 Uhr     Springen  2. Wertungsprüfung, 155, A, 1 St.
19.05 Uhr     Voltige     Damen, 1. Runde, Technik
19.30 Uhr     Voltige     Herren, 1. Runde, Technik
19.55 Uhr     Voltige     Pas-de-Deux, 1. Runde, Technik
23.35 Uhr     Fahren     1. Runde, C, 1 St.

Samstag, 9. April
13.15 Uhr     Voltige     Damen, 2. Runde, Kür
13.45 Uhr     Voltige     Herren, 2. Runde, Kür
14.15 Uhr     Voltige     Pas-de-Deux, 2. Runde, Kür
19.10 Uhr     Dressur    Grand-Prix-Kür

Sonntag, 10. April
12.40 Uhr     Fahren     Final, C, 1 St.
14.45 Uhr     Springen  Final, 2 Umg., 160, 1 St.

TV-Übertragung

Mittwoch, 6. April
ab 15.15    MDR           Sport im Osten: Weltcupfinal in Leipzig

Donnerstag, 7. April
ab 14.30    SRF zwei    Weltcupfinal Springen: 1. Wertungsprüfung
ab 15.15    MDR           Sport im Osten: Weltcupfinal in Leipzig

Freitag, 8. April
ab 13.55    SRF zwei    Weltcupfinal Springen: 2. Wertungsprüfung
ab 15.15    MDR           Sport im Osten: Weltcupfinal in Leipzig

Samstag, 9. April
ab 16.00    WDR          Sport im Osten: Weltcupfinal in Leipzig

Sonntag, 10. April
ab 14.40    SRF zwei    Weltcupfinal Springen: Final
ab 16.00    MDR           Sport im Osten: Weltcupfinal in Leipzig

Donnerstag bis Sonntag 
6. bis 10. April    Clipmyhorse     Weltcupfinal Springen, Dressur, Fahren und Voltige in Leipzig (GER)

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Standpunkt

Pferdesportanekdoten (2. Teil)

von Max E. Ammann

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