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Hans Lüthi verbringt seine Freizeit gerne mit Pferden.
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Freiheit ist nicht zu ersetzen

14.12.2010 15:27
von  Charles Stoob //

Er ist eine väterliche Persönlichkeit, angenehm und freundlich, aber zugleich
Respekt erheischend. Der gelernte Landwirt aus dem bernischen Wattenwil bei Worb hat sich sein souveränes Auftreten nicht nur durch seinen bodenständigen Charakter erworben, die berufliche Tätigkeit als Leiter eines kleinen Untersuchungs-Gefängnisses in Sissach BL hat da wohl auch ­ein erhebliches Mass dazu beigetragen. Er weiss also praxisbezogen was Freiheit bedeutet und geniesst diese mit Vorliebe ­auf dem Rücken der Pferde.

Erfolgreich im Springsport – Hans Lüthi mit Sir Philipe

Auf dem Bauernhof von Vater Werner und Mutter Elsbeth ist er mit einem Bruder und einer Schwes­ter aufgewachsen. Pferde gehörten ebenso zum Hof wie das liebe Vieh. Und nicht wenige, denn ein Pferdehändler, der für die Armee Freiberger rekrutierte, gab der Familie jedes Jahr einen sogenannten «Vonderhänder» zur Ausbildung. Er sollte das korrekte Ziehen lernen. Das gab dem jungen Hans immer wieder die Gelegenheit, hin und wieder die Leinen in die Hand zu nehmen, oder gar sich auf den Rücken eines dieser Vierbeiner zu setzen. Richtiges Reiten erlernte er eigentlich erst im Alter von 17, als sein Vater ein polnisches Halbblut kaufte. Jeanette hiess die Stute, die extra für diesen Zweck erworben wurde. Als ältester Nachwuchs stand für ihn schon früh fest, dass er dereinst den naturverbundenen Beruf seines Vates erlernen möchte. Mit einem Bauernlehrjahr in der Westschweiz, in der Nähe von Moudon begann seine Ausbildung zum Landwirt. Hinzu kam noch die zwei Winter dauernde landwirtschaftliche Ausbildung im Schwand in Münsingen.

Der Dragoner

Dass er als Sohn eines Kleinbauern die Kavallerie-RS in Aarau antreten durfte, bezeichnet er als Novum. Schon deshalb, weil dies ohne das berühmte «Vitamin B» möglich wur­de, denn keiner seiner Vorfahren hatte je in dieser Truppengattung Dienst geleistet. Da sein Einsatz auf jeder Ebene vorbildlich war, schickte man ihn auch noch in die Unteroffiziersschule. Zusammen mit seinem «Eidgenoss» Reeding. In der Schwadron 8, unter den Kommandanten Fritz Hebeisen und Pierre Mange, absolvierte er die WKs. Zuletzt als Wachtmeister. Er war auch ein Mitglied des Reit- und Kavallerievereins Muri-Worb.


Hans Lüthi (l.) freute sich über den Militärdienst bei der Kavallerie.

Nach einem mehrmonatigen Abstecher nach Frankreich, rund 40 Kilometer nördlich von Paris, auf einem bäuerlichen Grossbetrieb, konnte er sein berufliches Wissen und Können erweitern. Seine Frau Annemarie, die er übrigens relativ früh auf dem Weg in die Käserei näher kennen lernte, heiratete er 1968. Mit ihr zog er nochmals in den gleichen Betrieb nach Frankreich. Irgendwann mussten sich die beiden Verliebten aber entscheiden, ob sie sich in Frankreich ihre Zukunft aufbauen wollten, oder in der Schweiz. Schon dem Nachwuchs zuliebe, der aus einem Sohn und einer Tochter bestand.


Auch in der Uniform erfolgreich – hier in Zell 1996.

In Läufelfingen BL, in der Arbeiterkolonnie Dietisberg mit einem dazu ge­hö­renden Landwirtschaftsbetrieb, fand er 1969 eine ­entsprechende Anstellung als Meisterknecht. Ein Heim für zirka 30 Randständige, also Alkoholiker usw.. Volle 13 Jahre dauerte dieses arbeitsintensive, nicht immer erfreuliche soziale Engagement.
Obwohl bei Hans diesbezüglich ein gewisser Überdruss unverkennbar war, bewarb er sich gleichwohl für die frei werdende Stelle im Bezirksgefängnis Sissach. Es war ein Neubau, mit integrierter Polizeistation und Statthalteramt. 40 Bewerbungen waren bereits eingegangen, als er sich meldete, aber keiner wollte dort auch Wohnsitz nehmen. Und schon gar nicht für die Häftlinge kochen. Beides gehörte zu den Bedingungen. Er hatte das «Glück», dass sich seine Frau, die schon auf dem Dietisberg als Hausmutter tätig war, bereit erklärte, das Kochen für die Untersuchungs-Gefangenen  und die Betreuung der weiblichen Insassen zu übernehmen. Dies war sicher ausschlaggebend, dass Hans Lüthi die Anstellung als Leiter des Gefängnisses bekam.
23 Jahre lang kam er dieser Pflicht nach. Wenn er am Abend jeweils den letzten Zellenschlüssel gedreht hatte, gings ans Umkleiden, um sich in den Sattel zu setzen. Damit begann für ihn das Training für Starts an Spring- oder Kombinierten Prüfungen, zugleich aber auch das Geniessen der Freiheit, die ja im Alltag seinen «Schützlingen» verwehrt blieb.
Selbstverständlich bekam er Unterstützung von weiteren Angestellten. Aber eine stressige Angelegenheit war es allemal. Deshalb beschloss er, selbstverständlich zusammen mit seiner Annemarie, im Alter von 61 in Pension zu gehen, um das Leben noch ein bisschen auf eine andere Weise zu geniessen.
Dass er in all den Jahren das Reiten nicht vernachlässigte, versteht sich. Im Reitclub bei der Basel Sektion Sissach war er beheimatet. 1974 machte sich dann aber Sissach zum selbstständigen Reitclub und Hans wurde dessen Präsident. Notabe­ne zwölf Jahre lang. Dass er auch noch das OK-Präsidium der grossartigen Springkonkurrenz Sissach übernahm, gehörte zu seinem grossen pferdesportlichen Engagement. Schliesslich hatte man ihn auch noch in den Vorstand des PNW als Sportchef berufen. Das Agieren als Nationaler Richter und Jurypräsident bereitet ihm auch in der Gegenwart als Pensionierter weiterhin grossen Spass und Genugtuung.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 49/2010)

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