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Drei der fünf Gründungsmitglieder der IGSEE (v.l.): Simone Weiss, Pascal Bucher und Julia Weiss mit Ice Prince und ­Leihmutter Ulyssia du Purga.
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Ice Prince – der Pionier

08.05.2018 09:49
von  Katja Stuppia //

Am Tag, als in England ein kleiner Prinz zur Welt kam, erblickte auch in der Schweiz ein besonderes Fohlen das Licht der Welt: Ice Prince, das erste Fohlen der IGSEE aus einem tiefgefrorenen Embryo.

Mit ausgelassenen Bocksprüngen entdeckt der kleine Ice Prince erstmals die Weide. Leihmama Ulyssia du Purga beobachtet ihn aufmerksam, lässt dem drei Tage alten Fohlen seine Freiheiten. Wenig später blickt C-Panamera mit wachen Augen in Richtung der grasenden Kühe auf der Weide daneben. Etwas zurückhaltend steht das bildschöne braune und fünf Tage alte Stutfohlen neben seiner Leihmama, dem kleinen ungestümen Hengst will sie lieber noch nicht zu nahe kommen. Ice Prince und C-Panamera sind Vollgeschwister. Bei­de stammen von C-Indoctro und von der erfolgreichen CH-Stute Targa Athletic ab, die mit ihrem Besitzer und Reiter Pascal Bucher so viele Erfolge im Sport feiert und unter anderem den Goodwilltrophyfinal am CSIO St. Gallen gewann oder die CH-Jungpferdeprüfung am CHI Genf. Die Toulon-Tochter Targa Athletic selbst ist übrigens auch ein Embryotransfer aus Pascal Buchers Sportstute Carrera (Carolus – Lysander). Die gesamte Zucht des Tierarztes aus Hitzkirch basiert auf Embryotransfer.

Eine kleine Sensation

Während bei C-Panamera ein herkömmlicher Transfer gemacht wurde, ist Ice Prince eine kleine Sensation. Erstmals nämlich wurde in der Schweiz ein Embryo tiefgefroren, wieder aufgetaut und dann auf eine Empfängerstute übertragen. Treibende Kraft hinter dieser für die Schweiz neuen Methode ist eine Gruppe von Privattierärzten, der Pascal Bucher angehört. Gemeinsam mit Julia Weiss, Simone Weiss, Fabian Huwyler und Fran­çoise Hess-Dudan ist er Gründungsmitglied der Interessengemeinschaft SEE (IG Swiss Equine Embryo). Die in Spanien aufgewachsene Schweizerin Julia Weiss bildete sich als Embryologin in Spanien, Argentinien und Deutschland weiter.

Ice Prince stammt von Targa Athletic und C-Indoctro ab. Er ist das erste Fohlen der IGSEE aus einem tiefgefrorenen Embryo.

Bei Paul Schocke­möhle entwickelte und verfeinerte sie ihre erfolgreiche und reproduzierbare Methode für das Schockgefrieren und Auftauen von Embryonen. Julia Weiss bringt auch Wissen aus der Humanmedizin mit – sie arbeitet in Zürich in einer Kinderwunschklinik als Embryologin. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz hatte Weiss Kontakt mit der auf Zucht spezialisierten Tierärztin Simone Weiss aufgenommen, die ihrerseits die Erfolge ihrer Namensvettern mit Interesse verfolgt hatte. So kam die ganze Sache ins Rollen.

Premiere in der Schweiz

Während in Deutschland und Neuseeland bereits mehrere «Eis-Fohlen» auf die Welt gekommen sind, ist Ice Prince in der Schweiz der Erste mit dieser Methode, ein Pionier sozusagen. Die Wädenswilerin Simone Weiss ist vom Erfolg dieser Methode überzeugt: «Das Interesse der Züchter ist da. Das Ganze muss sich nun aber zuerst etablieren.» Sie sehe viele Vorteile mit den tiefgefrorenen Embryos. Wichtigster ist, dass eine vollständige räumliche und zeitliche Trennung von Embryonengewinnung und -transfer möglich ist. Wie beim herkömmlichen Trans­fer können erfolgreiche Sportstuten weiterhin im Sport gehen, parallel aber auch für die Zucht genutzt werden. Durch die Besamung und Spülung von zweijährigen Stuten kann ausserdem eine vorzeitige Zuchtnutzung erfolgen. Dies führt zu einer Verkürzung des Generationenintervalls. Nicht zuletzt erhalten Züchter die Möglichkeit, wertvolle Genetik von älteren Stuten, die nicht mehr den Belastungen und Risiken einer Trächtigkeit ausgesetzt werden sollten, weitervererben zu können.

Hohe Erfolgsrate

Bereits jetzt kann festgestellt werden: Die Erfolgsrate ist sehr hoch. Aus allen gefrorenen transferierten Embryonen resultierten erfolgreiche Trächtigkeiten. Simone Weiss fügt jedoch auch an: «Es ist natürlich ein Zusatzaufwand, der etwas kostet.» Ebenso ist sie sich bewusst, dass man den Eingriff in die Natur als ethisch verwerflich betrachten kann. Beobachtet man den kleinen Ice Prince auf der Weide, scheint ihm seine ungewöhnliche Zeugung herzlich egal zu sein. Inzwischen hat er sich bei seiner Leihmama gestärkt und versucht, C-Panamera zum Spielen herauszufordern. In wenigen Tagen wird sie seinem Wunsch bestimmt nachkommen. Pascal Bucher, Julia Weiss und Simone Weiss beobachten die Entwicklung des kleinen Hengstes mit grosser Freude. Simone Weiss übrigens hat von ihrer siebenjährigen Sportstute Zephyra Bianca, die letztes Wochenende mit Barbara Schnieper ihre erste Prüfung über 120 Zentimeter fehlerfrei absolvierte, mehrere Embryonen eingefroren. «Die zum Verkauf stehende Stu­te verfügt über eine ausgezeichnete Genetik, die möchte ich mir sichern», erklärt die Wädenswiler Tierärztin. Das Tierärzteteam erwartet dieses Jahr noch zwei weitere Fohlen aus gefrorenen Embryonen und hat bereits wieder aufgetaute Embryonen erfolgreich transferiert.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 18/18)

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