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Goldfever HvB (Galant Nor­mand – Wandango).
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Neun neue Springhengste für die CH-Warmblutzucht

18.11.2014 12:00
von  Rolf Bleisch //

Der Zuchtverband für CH-Sportpferde (ZVCH) prüfte am Nationalgestüt in Avenches 13 Warmbluthengste, von denen neun die Zuchtanerkennung erreichten. Alle neun Hengste offerieren bekannte Springblutlinien.

Als kleiner Köranlass konn­te die heurige Zuchthengstanerkennung umschrieben werden, die durch den ZVCH im Nationalgestüt durchgeführt wurde. 18 Hengste wurden zur Prüfung angemeldet, 13 konnten gesichtet und neun anerkannt werden. An sich, so sagte ein Warmblutzüchter, der die Kö­rung intensiv mitverfolgte, könnte man auf Grund des europäischen Genetikangebotes auf eine schweizerische Körung verzichten, zumal die Zucht und Aufzucht, wie die Ausbildung und der sportliche Einsatz eine teure Angelegenheit sei. Es wird anderseits jedoch die Ansicht vertreten, dass ein Zuchtverband ohne Hengstkörung nicht auskommt und sich diese Aufgabe doch stimulierend auf das ganze Zuchtgeschehen auswirkt und so die Möglichkeit geschaffen wird, auf Genetikkombinationen zu stossen, die eben züchterisch von Bedeutung sein können. Dies zeigte sich doch sehr deutlich an der diesjährigen Körung. Von den neun neuen Hengsten gehen fünf auf die Cor de la Bryère-Linie zurück, die drei Mal durch das Caletto-Blut und zwei Mal durch das Calypso-Blut vertreten ist. Ein Hengst führ­te die Hauptlinie über Capitol und vertrat das Caletto-II-Blut in der vierten Ahnengeneration gerade drei Mal. Dieses C-Linien-Hengstangebot wurde durch drei Hengste ergänzt, die sich von obiger Genetik deutlich abgrenzen und dadurch züchterisch für die Zukunft interessant sein könnten und auch genutzt werden sollten. Zudem bauen sich die zwei Hengste auf bewährter, in der Schweiz genutzter Genetik auf, von dem Goldfever HvB (Galant Normand – Wandango) kein deutsches Blut und Ka­lysso (Karondo vom Schlösslihof) das Cor-Blut nur einmal über Caletto II mitbringt. Der Dritte in diesem Bunde ist Vicarello (Lincoln Z – Kigali), der über eine gute Verdichtung der Linien ab der vierten und fünften Ahnengeneration mit zwei Mal Farn und drei Mal Furioso aus­ge­rüs­tet ist.

Alle aufgeführten Hengste durchliefen die klinischen Untersuchungen erfolgreich und zeigten sich auch in ihrem Verhalten in den Stallungen des Gestüts von der positiven Seite. Die jun­gen Hengste konnten sowohl in einem kurzen Freilauf vor dem Freispringen, wie unter dem Sattel im Regen im Gestütshof bewundert werden. Wenn auch die Tagesform immer eine gros­se Rolle spielt, so waren doch im Verhalten beim Freilauf und im Freispringen, wie unter dem Sattel Unterschiede festzustellen. Schade war, dass die älteren Hengste Croesus, Vicarello und Chellatus R nicht auch unter dem Sattel vorgestellt wurden, obwohl sie in Deutschland schon an­ge­kört wurden und sich über die Eigenleistungen bestätigt haben.

Vorwegzunehmen ist, dass die nun vier- und fünf­jäh­ri­gen Hengste sowie Chellatus R mit Vorbehalt angekört wurden, da sie sich noch über die Eigenleistungen zu bestätigen ha­ben. Da keine Rangierung stattfand werden nun die Hengste nach den Startnummern vorgestellt.

Caspari von Worrenberg (dreijährig)

Der von Ferdi Hodel (Vol­ken) gezüchtete Hengst (Caspar – Carpaccio) war der Einzige, der auf die Capitol-Linie zurückgeht, aber blutmässig durch die dreifache Calletto-II-Verdichtung geprägt ist und sich in harmonischem aber nicht all­zu modernem Typ präsentierte, dies aber in der Bewegung und ziel­be­wuss­tem Verhalten im Frei­springen bestens zu kompensieren wusste. Der Parcours im Regen beschränk­te etwas seine Tagesform beim Springen, obwohl er ja auf Grund seiner Genetik vater- wie mutterseits die Leistungsbereitschaft mitbringt, die er bestimmt weitergeben wird.

Commtoi (dreijährig)

Gezüchtet wurde der hübsche dunkelbraune Cormint-Sohn (Cormint – Quan­tum), der vaterseits auf Caletto I zurückgeht, von Hans-Hermann Gericke in Deutschland und steht im Besitz von Jacques Perrin (Saignelégier).

Commtoi (Cormint – Quan­tum).

Er widerspiegelt in seiner Abstammung die längst er­folg­rei­che Kombination aus deutschem und französischem Blut und kann in der Schweiz deshalb breit eingesetzt werden. Er verbindet Leichtfüssigkeit mit Bewegungsfreude und Temperament sowohl mit als auch ohne Reiter und wird seinen sportlichen Charakter seinen Nachkommen auch auf Grund der Verwandtenleistungen weitergeben.

Kalysso (dreijährig)

Paul Kaeser (Kriechenwil) züchtete den Karondo- Schimmel (Karondo vom Schlösslihof – Ulysse de Thurin), der sich in guter, selbstbewusster Manier im Freilaufen wie unter dem Sattel von Barbara Schnieper präsentierte und seine Leistungsbereitschaft in ruhigem aber konzentrierten Verhalten vorstellte. Er überzeugte bereits mit gu­tem Feldtest und kann sowohl über seinen Vater, wie seine Mutter auf eine leis­tungsbetonte Genetik ab­stützen. Zudem verfügt er, wie oben erwähnt, über einen genetischen Hintergrund, der weiter genutzt werden sollte.

Casino von Worrenberg (vierjährig)

Casino (Caretino – Clearway) fesselte das Publikum durch seine Schönheit und sein Engagement mit und ohne Sattel. Er wurde von Ferdi Hodel gezüchtet und als Fohlen an Andreas Ott (Mettmenstetten) verkauft.

Casino von Worrenberg (Caretino – Clearway).

Er geht auf eine leis­tungs­be­ton­te Abstammung zu­rück, in der die Qualitäten für das Springen und die Dressur zu finden sind. Einen wichtigen Einfluss auf die Gesamtgenetik dieses Hengstes, der sich bereits Lorbeeren im Springen am diesjährigen Promotionsfinal holte, kann auch auf die starke Ramzes-Verdichtung über Rasputin zurückgeführt wer­den.

Goldfever HvB (fünfjährig)

Als ausdrucksstarker Fuchs präsentierte sich Gold­fever HvB (Galant Nor­mand – Wandango), der von Hans Burg (Hessigkofen) gezüchtet wurde und im Besitz von Esther Ryf (Bettlach) steht. Sein Talent im Springen zeigte der Neugierige schon im Freispringen, wie danach unter dem Sattel. Dass er dies nicht gestohlen hat, zeigt sich in seiner Abstammung über die bekannte Franzosengenetik Amour du Bois und Ibrahim und natürlich Wandango, der den Typ des Pferdes auch stark geprägt hat. Als echtes «produit suisse» bezeichneten ihn denn auch die Experten und machten damit klar, dass es sich lohnen wird, diesen Hengst in der Schweizer Zucht zu be­rück­sichtigen.

Christdorn (zwölfjährig)

Der Hengst (Contendro – Glückstern) aus dem Haupt- und Landgestüt Marbach (GER) brachte alles mit, was einen guten Hengst ausmacht und wur­de auch unter dem Sattel sehr schön vorgestellt.

Christdorn (Contendro – Glückstern).

Er ist schön, hat Ausstrahlung über seinen harmonischen Körperbau und sein ver­trau­en­er­we­cken­des Auge. Er zeig­te sei­ne Qualitäten in den Grund­gangarten und seinen Willen und Technik im Parcours. Damit bestätigte er natürlich auch seine Kö­rungs­er­fol­ge in Deutschland, in denen er sich als starker kombinierter Hengst auszeichnete, was heu­te sehr gefragt ist. Das Schweizer Nationalgestüt Avenches verfügt über Gefriersamen des Zwölf­jäh­rigen.

Croesus (zehnjährig)

Im Gestüt Grenzland steht der mächtige Croesus (Casall – Coronado), der im Besitz von Paul Bücheler ist und bereits in Deutschland angekört wurde. Der Zehnjährige weist bereits Klassierungen auf höchs­tem Niveau im Springen vor und trug 2013 Beat Mändli zum Schweizermeistertitel der Elite.

Croesus (Casall – Coronado).

Er kann zudem auf hohe Verwandtenleistungen abstellen, die auf ein gut strukturiertes Pedigree zu­rück­ge­führt werden können. Der von Karl Heinrich Pries (Soerup, GER) gezüchtete Hengst wird seine Qualitäten über eine gezielte Anpaarung weitergeben.

Vicarello (zwölfjährig)

Der fein gebaute Vicarello (Lincoln Z – Kigali) wurde in Holland von der Familie Zoer (Echten) gezüchtet, in Deutschland angekört, steht im Besitz von Gabriella Blum (Neuried, GER) und ist ebenfalls im Gestüt Grenzland stationiert. Neben seiner tollen Erscheinung, seinen S-Klassierungen und seinen abgesicherten Verwandtenleistungen bringt Vicarello wieder etwas anderes Blut in die Warmblutzucht, was auch in der Schweiz auf Interesse stossen müsste.

Chellatus R (neunjährig)

Mit einer weiteren Augenweide endete die Vorstellung der älteren Hengste. Bestaunt werden durfte der schicke Chellatus R (Chel­lo I – Latus), der in Deutschland von Karl und Dagmar Ederle (Bissingen) gezüchtet wurde und im Besitz von Werner und Madeleine Rü­ti­mann (Frümsen-Sax) ist. Sein sportlicher Aufbau ging über die Promotionsprüfungen bis hin zu S-Springen im laufenden Jahr. Er braucht noch eine Klassierung auf S-Niveau, um endgültig anerkannt zu werden. Auf Grund seines gut aufgebauten Pedigrees kann er bei vielen Stuten eingesetzt werden und sein tolles Exterieur, verbunden mit seiner gesicherten Leis­tungsbereitschaft an seine Nachkommen weitergeben.

Chellatus R (Chello I – Latus). 

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 46/2014)

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