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Urs Aeschbacher mit der Championstute Nil Nana und ihrem vielversprechenden Stutfohlen Nefta du Nil.
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Passion Araberrennpferde

14.08.2018 11:01
von  Barbara Würmli //

Im weltweiten Galopprennsport haben Araberrennen einen achtbaren Stellenwert und werden – vor allem im und aus dem arabischen Raum – mit grossen Geldsummen unterstützt. In der Schweiz finden nur zwei bis drei Araberrennen jährlich statt, entsprechend klein ist ihre Anhängerschaft. Doch die Schweizer Araberrennpferde aus der Zucht und dem Trainingsquartier der Familie Aeschbacher sind weit über die Landesgrenzen hinaus erfolgreich.


Die Erfolgsgeschichte der Schweizer Araberrennpferde aus dem Gestüt Nile Arabians der Familie Aeschbacher begann bereits vor über 40 Jahren. 1974 gründeten Rita und Toni Aeschbacher das Gestüt mit dem Import der ers­ten zwei reinägyptischen Stuten in die Schweiz. Ziel damals war es, das traditionelle reinägyptische Zuchtprogramm mit den beiden Stammstuten zu wahren und durch den Einsatz von erstklassigen Hengsten aus russischen, polnischen, französischen und tunesischen Blutlinien erfolgreiche Schweizer Araberpferde für den Schauring und den Rennsport zu züchten.

Erinnerung an die Anfänge
Rita und Toni Aeschbachers Sohn Urs wurde wohl schon im Mutterleib mit dem Arabervirus infiziert. Er erinnert sich: «Ich wuchs mit den Vollblutarabern auf und wurde von meinen Eltern von klein auf in die Zucht und die Ausbildung der Jungtiere involviert. Ich lernte, sie für die unterschiedlichen Aufgaben wie Schauen, Rennen oder Endurance auszubilden und wurde auch schon früh in die Zuchtentscheide miteinbezogen.» Aeschbachers haben den Zuchtbetrieb in über 40 Jahren zu einem der führenden privaten Vollblutarabergestüte Europas ausgebaut. Seit dem Tod von Toni im Jahr 2001 führt Rita Aeschbacher – mit Unterstützung ihres Sohnes – das Gestüt alleine.

Trainingsquartier in Avenches
Urs Aeschbacher ist bis heute von der Intelligenz und Menschbezogenheit der Vollblutaraber gepaart mit ihrer ausserordentlichen Leistungsbereitschaft fasziniert und hat auch seine Frau Franziska mit dem Virus angesteckt. Sie ist es denn auch, die als Trainerin in Avenches die Rennpferde auf ihre Starts im In- und Ausland vorbereitet. Es sind dies aber nicht nur Pferde aus der eigenen Zucht. Franziska Aeschbacher erklärt: «Im Galoppsportbereich trainieren wir neben Vollblutarabern auch Englische Vollblüter und im Allroundbereich Araber und vereinzelt Warmblutpferde.

Nil Ashal unter Tim Bürgin im Endkampf des Araberrennens vergangenen Herbst in Avenches  . . .

In Zukunft möchten wir uns im Gestüt Nile Arabians aber verstärkt auf die Zucht von Rennpferden konzentrieren und somit liegt auch in unserem Trainingsquartier das Hauptaugenmerk zukünftig auf dem Galoppsport.» Urs Aeschbacher bleibt aber weiterhin auch als international anerkannter Richter der ECAHO (European Conference of Arab Horse Organizations) weltweit im Schauring tätig, auch wenn er selber keine eigenen Schaupferde mehr vorbereitet und vorstellt.

Internationale Erfolge
Produkte aus dem Gestüt Nile Arabians sowie von Aeschbachers für andere Zuchtstätten und Besitzer trainierte Pferde gewannen weltweit inzwischen über 100 Schau-Championate und Klassensiege, darunter Welt- und Europa­championate. Im europä­ischen Rennsport erzielten sie mit Arabern und Englischen Vollblütern bisher rund 50 Siege bis Gruppe I. Ein Traum ist aber noch offen. Aeschbachers verraten: «Wir möchten einmal ein Rennpferd aus unserer Zucht an einem der ganz grossen Araberrennen wie beispielsweise in Paris anlässlich des Prix de l‘Arc de Triomphe oder am Dubai World Cup in Dubai laufen lassen. 2015 ging dieser Traum fast in Erfüllung, als wir aus Abu Dhabi für unseren Hengst Nil Ashal eine Einladung für die Teilnahme am ‘Sheikh Zayed Bin Sultan Al Nahyan Cup Crown Jewel-IPIC’-Rennen erhielten. Diese Gruppe-I-Prüfung ist mit einer Dotation von 1,2 Millionen Euro das höchstdotierte Araberrennen der Welt. Leider mussten wir dann die Teilnahme kurzfristig absagen, da Nil Ashal im November nach der hiesigen Rennsaison und dem eingetretenen Fellwechsel nicht mehr hundertprozentig in Topform war. Die Gesundheit der Pferde geht immer vor.»

Schweizer für Araberrennen begeistern
Die Chancen, noch grössere Erfolge im Araberrennsport zu feiern, wären jedoch besser, wenn sich mehr Schweizer für die Vollblutaraber begeistern könnten. Urs Aeschbacher erläutert: «In der Schweiz wurden Araber in den letzten Jahrzehnten leider fast ausschliesslich auf Schönheit gezüchtet ohne Leis­tungsbezug im Renn- oder Endurancesport. So verfügt die Schweizer Züchter- und Besitzergemeinde fast nur über Freizeit- und Schaupferde und tut sich schwer, auf arabische Sportpferde umzusteigen, obwohl es da viel Potenzial gibt.» Trainerin Franziska ergänzt: «Leider ist es  auch selten, dass sich Englisch-  Vollblut-Besitzer zusätzlich arabische Rennpferde anschaffen. Bei den Galopp­sportaktiven scheint die Vorstellung zu herrschen, dass arabische Pferde Rennpferde zweiter Klasse sind, obschon der Ursprung des Englischen Vollbluts zu einem hohen Prozentsatz beim arabischen Vollblut liegt.»

. . .  und die glückliche Entourage – insbesondere eine strahlende Franziska Aeschbacher (l.) – nachdem der Sieg Tatsache geworden ist.


Obwohl es schwierig ist, im hiesigen Galoppsport Araberrennen stärker zu verankern, setzen Aeschbachers alles daran, dass jedes Jahr mindestens zweimal – je einmal in Avenches und St. Moritz – Vollblutaraber über die Bahn preschen. Sie sind es denn auch, die seit 15 Jahren alle Sponsorengelder akquirieren und mit Galopp Schweiz und den Rennvereinen die Araberrennen organisieren. Für 2018 konnten sie wieder Preisgelder von rund 100000 Franken, mehrheitlich aus den Arabischen Emiraten, beschaffen. Die Araberrennen gehören entsprechend zu den am höchsten dotierten Galopp­rennen in der Schweiz und finden trotzdem nur wenig Anklang, was schwer verständlich ist.

Zukünftige Sieger
Doch so anstrengend die Aktivitäten pro Schweizer Araberrennen manchmal sind, so überwiegt bei Aeschbachers doch die Freude an ihrer Arbeit und an den Erfolgen ihrer Pferde. In diesem Frühling sind mit Nefta du Nil und Kiss du Nil bereits zwei vielversprechende Stutfohlen geboren worden. Zu deren Zukunft sagt Urs Aeschbacher: «Nefta du Nils Vater EKS Alihandro ist mit zwei Weltchampionatstiteln eines der erfolgreichsten Schaupferde. Wir planen daher, Nefta du Nil als Vertreterin unserer Schaulinie und als Nachfolgerin ihrer Mutter Nil Nana in die Zucht zu nehmen. Das zweite Fohlen Kiss du Nil stammt aus unserer tunesischen Renn­linie. Ihre Mutter Nil Kamla ist die Listensiegerin von St. Moritz und ihr Vater Assy ist ein zweifacher Gruppe-I-Sieger aus Qatar. Für sie liegt bereits ein Angebot aus einem der renommiertesten Gestüte Qatars vor. Wir beabsichtigen aber, das Stutfohlen vorerst zu behalten für einen späteren Einsatz im Rennsport oder in der Zucht.»
Das Jahr 2018 läuft auch für die aktuellen Rennpferde des Aeschbacher-Trainingsquartiers gut. Im internationalen Araberrennen in St. Moritz erreichten die drei Starter Nil Aziz, Nil Ashal und Nil Alamoon die Plätze drei bis fünf und im italienischen Pisa resultierten für Nil Ashal und seinen Halbbruder Nil Aziz die Plätze zwei und drei. Zudem hat die Englische Vollblutstute Miss Spirit im Mai in Frauenfeld einen feinen dritten Platz erreicht. Was bisher in dieser Saison noch fehlt, ist ein Sieg.

Ausblick
Auf die weiteren Ziele angesprochen antworten Aeschbachers: «Wir hoffen, dass Nil Ashal und Nil Aziz ihre Form halten und an ihre guten Leistungen anknüpfen. Ausserdem haben wir einige Erwartungen in den vierjährigen Vollblutaraber Nil Admiral, der dieses Jahr debütieren soll, ebenso wie in die zwei zweijährigen Englischen Vollblutstuten Pas­tisse und Ratina, die noch in die Rennpferdeschule gehen und im Spätsommer zum ersten Mal geprüft werden. Die dritte Zweijährige – Managua – hat kürzlich in Avenches mit einem ansprechenden vierten Platz debütiert.»
Weiter informiert Urs Aeschbacher: «Längerfris­tig zeichnen sich Veränderungen ab. Meine Mutter wird das Gestüt altershalber nicht mehr lange führen. Wir planen daher, das Gestüt und den Trainingsbetrieb zusammenzulegen. Leider ist es in der Schweiz aber kaum möglich, geeignete Objekte mit genügend Fläche und mit einer Trainingsbahn zu finden. Darum sehen wir uns auch Liegenschaften in Frankreich an.» Die Zukunft wird zeigen, ob es für Aeschbachers in der Schweiz weitergeht oder ob sie ins Ausland ziehen. Auf jeden Fall werden sie sich aber weiter für die Araberrennen hierzulande einsetzen und als Bindeglied zwischen den Sponsoren und den Rennvereinen agieren.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 32/2018)

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