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Max E. Ammann
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Standpunkt

«Power»-Ehepaare im Reitsport

07.04.2021 11:19
von  Max E. Ammann //

In keiner Sportart sind Hochzeiten zwischen zwei Spitzenathleten so häufig wie im Pferdesport. Das hat natürlich damit zu tun, dass Frau und Mann am gleichen Anlass, in der gleichen Prüfung antreten, aber ebenfalls weil die Reiter auch ein ausserreiterliches Zusammensein erleben, so im Turnierhotel. Einige dieser «Power»-Ehepaare, bei denen beide bei Olympischen Spielen oder FEI-Championaten geritten sind, hatten Nachwuchs, der die Erfolge der Eltern erreichte oder gar übertraf. Es gibt aber auch reiterliche Erfolgsehepaare, deren Sprösslinge kein Interesse am Pferd, Reiten und Wettkampfsport zeigen. Von rund 70 Ehepaaren, die alle international geritten sind, hatten oder haben nur 15 Paare einen Sohn oder eine Tochter, die es ebenfalls zu internationalen Erfolgen brachten. Anzufügen ist, dass von den 70 Ehepaaren bei knapp 50 Frau und Mann aus dem gleichen Geburtsland kommen. Bei über 20 Ehepaaren sind Frau und Mann aus verschiedenen Ländern.

Koechlin und Rothenberger

Zu den prominenten Reiterehepaaren aus zwei Ländern gehören Pat Smythe und Samuel Koechlin – beide Olympiareiter in den 50er-Jahren. Der Schweizer bestritt 1956 die olympische Military, die geborene Britin war neben den Olympiastarts 1956 und 1960 viermal Europameisterin der Springamazonen. Ebenfalls gleichzeitig an Olympischen Spielen starteten 1972 die beiden Dressurreiter Nina Stumpe (SWE) und John Swaab (NED). Die Schwedin war als Zehnte deutlich besser als ihr künftiger Gatte auf Platz 28. 1996 kam ein weiteres Dressurreiterehepaar zum gleichzeitigen Olympiastart: Herr und Frau Rothenberger. Die Erstere, geborene Gonnelien Gordijn, ritt für ihr Geburtsland die Niederlande – wie auch ihr in Deutschland geborener Ehemann Sven, der zuvor die Staatsbürgerschaft gewechselt hatte. Die beiden gehörten zur niederländischen Silbermedaillenequipe.

Von Algotsson bis Hoy

Ebenfalls zu gleichzeitigen Olympiastarts kamen zwei, später miteinander verheiratete Militaryreiter: 2004 in Athen ritten die Schwedin Sara Algotsson und der Deutsche Frank Ostholt. Zwei andere Ehepaare verpassten einen gleichzeitigen Olympiastart. Die Britin Lucinda Prior-Palmer (auch einmal Weltmeisterin und zweimal Europameisterin) ritt 1976 und 1984 olympisch. Ihr zeitweiliger australischer Ehegatte David Green, sieben Jahre jünger, kam erst ab 1988 zu drei Olympiastarts. Die kanadische Olympiareiterin Ashley Nicoll und der Springreiter Rusty Holzer von den Jungferninseln verpassten sich olympisch ebenfalls: Die Kanadierin war 1988, 2000 und 2008 dabei – ihr Ehemann 1992. Andrew Hoy und Bettina Overesch, beide Militaryreiter, kamen zusammen auf zehn Olympiastarts. Die Deutsche ritt 1984, 1996 und 2004 im Zehnjahresrhythmus und jedes Mal war auch Andrew Hoy dabei – allerdings erst 2004 in Athen als Ehemann. Der Australier kam zwischendurch zu vier weiteren Olympiastarts.

Weier-Bachmann und Stoffel-Schuster

Auch unter den Ehepaaren mit dem gleichen Geburtsland kam es zu gemeinsamen Olympiastarts. So das Schweizer Ehepaar Paul und Monica Weier-Bachmann. Vor ihrer Heirat 1971 ritten sie zusammen 1968 an den Olympischen Spielen in Mexico City und als Ehepaar 1972 in München. Zuvor war Paul Weier auch 1960 und 1964 olympisch dabei gewesen. Bei einem anderen prominenten Schweizer Ehepaar aus den Vorkriegsjahren kam nur der Ehemann Charley Stoffel 1924 und 1928 zu zwei Olympiastarts. Seine 1925 angetraute Ehefrau, die Deutsche Annelies Schuster, in jener Zeit als bes­te Amazone Europas bezeichnet – durfte als Frau olympisch nicht mitmachen. Für die Springreiterinnen war es erst 1956 so weit. Das Ehepaar Stoffel-Schuster hatte einen Sohn, den 2017 verstorbenen Alexander. 1952 als Einzelreiter und 1956 mit Marc Büchler und William de Rham, bestritt er zwei olympische Jagdspringen.

Von Fuchs bis Fredricson

Aus der heutigen Zeit sei das Ehepaar Thomas und Renate Fuchs erwähnt. Er ritt 1988 und 1992 zweimal bei Olympischen Spielen und wurde dreimal Schweizermeister der Springreiter. Ehefrau Renate ritt nicht olympisch. Aber auch sie wurde Schweizermeisterin, 1990 in Aarau. Deren Sohn Martin ist der amtierende Europameister, wurde bereits zweimal Schweizermeister und ritt 2016 erstmals olympisch. Das prominenteste Ehepaar (heute Ex-) mit einem erfolgreichen Nachwuchs ist die britische Prinzessin Anne, seinerzeit verheiratet mit Mark Phillips. Der Letztere gewann mit der britischen Equipe Teamgold an den Olympischen Spielen von 1972 in München. Die Tochter von Königin Elizabeth wurde 1971 Military-Europameisterin und bestritt 1976 die olympische Military. Deren Tochter, Zara Phillips, ritt 2012 olympisch, nachdem sie zuvor 2005 Europameisterin und 2006 Weltmeisterin geworden war, ebenfalls in der Military. Zu erwähnen weiter die amerikanischen Ehepaare Plumb (Militaryreiter Michael Plumb und Dressurreiterin Donnan Sharp) sowie David O’Connor und Karen Lende, beide Militaryreiter, die alle vier bei Olympischen Spielen starteten. Dann die beiden mexikanischen Springreiter Elena Fernandez und Joaquin Perez de las Heras, die – bereits verheiratet – 1972 in München das olympische Springen bestritten. Der Vorgänger von Martin Fuchs als Europameister, Peder Fredricson, ist verheiratet mit der Olympiareiterin von 2000 in Sydney und 2012 in London, Lisen Bratt.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 14/2021)

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