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Max E. Ammann
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Standpunkt

Wie kam es zum Weltcup der Viererzugfahrer?

25.11.2014 11:00
von  Max E. Ammann //

Die Weltcup-Prüfung der Viererzugfahrer vom 14. Dezember in der Genfer Palexpo-Halle ist die vierte Station der 14. Saison dieser im Winter 2001/02 ins Leben gerufenen Hallenserie. So mag es interessieren, wie es überhaupt zum Weltcup der Fahrer gekommen ist.

Seit der Einführung des Weltcups der Springreiter in der Saison 1978/79 dachten auch die anderen FEI-Disziplinen an ihren Weltcup. Im Fall der Fahrer machte sich in den 90er-Jahren vor allem Charlie Iseli Gedanken, der Redaktor der wunderbaren Fahrpublikation «Achenbach». Er dachte an einen Fahr-Weltcup der Freiluftturniere. Es blieb bei der Idee. Im August 1999 besuchte ich im ungarischen Kecskemet die WM der Zwei­spänner. Zusammen mit den FEI-Offiziellen logierte ich im Hotel Central. Abends traf man sich auf der schönen Nachbarterrasse des Hotels Harom Gunar. Schon am ersten Abend stiess ich dort auf die FEI-Offiziellen-Gruppe: Jack Pemberton, Gé König, Marek Zaleski und andere. Sie diskutierten das Open Forum Driving vom nächs­ten Tag. Sie redeten über das Gewicht der Wagen, über Kegelabstände und andere Reglementdetails. Meine Bemerkung dazu war: Ihr müsst nicht über kosmetische Verbesserungen im Fahrreglement diskutieren, sondern über die wahren Probleme, mit denen der internationale Fahrsport zu kämpfen hat: fehlende Sponsorengelder, geringes Medieninteresse, kaum neues Publikum. Am nächsten Morgen, kaum aus der Dusche, rief mich Jack Pemberton an, der damalige Präsident der FEI-Fahrkommission. Ob ich bereit sei, meine Gedanken dem Open Forum vorzutragen. Das geschah und noch am gleichen Nachmittag bat mich Pemberton, ein Spezialkomitee zu bilden, um über diese nach seiner Meinung exis­tentiellen Fragen zu beraten. Fast jeder der in Kecskemet anwesenden Fahr-Offiziellen wollte im Komitee mitmachen. Ich aber wollte Aussenstehende: Ulf Berg­qvist, den Pferdesport und Sponsor-Fachmann von Volvo, Håkan Leeman, den Marketingverantwortlichen der er­folg­reichen Olympischen Winterspiele von Lillehammer und Peter Hofmann, den Mannheimer Unternehmer und Organisator von Reitturnieren. Dazu, als Insider, Michael Freund, als aktiven Fahrer.

Weltcup ignoriert

Wir fünf trafen uns zu Sitzungen in Dortmund und Aachen und präsentierten unsere Vorschläge am 22. August 2000 beim zweiten Open Forum, anlässlich der Vierspänner-WM in Wolfsburg. Die Rezeption war durchzogen, nur gerade von US-Seite, wie Tucker Johnson und Ches­ter Weber, kamen positive Reaktionen. Die Fahrkommission, abgesehen von Jack Pemberton, war eher negativ, vor allem eine Straffung der WM-Formel stiess auf Ablehnung. Der von uns vorgeschlagene Hallen-Weltcup wurde ignoriert. Dann, im Herbst 2000, passierten zwei Dinge: zuerst teilte mir Frank Kemperman, Geschäftsführer des CHIO Aachen, mit, dass sein Turnier im darauffolgenden Jahr unsere Vorschläge einer Vereinfachung der Wettkampfformel ausprobieren werde. Dann meldete Werner Ulrich, dass seine Viererzug Kollegen sehr an einem Hallen-Weltcup interessiert wären. Bei den Aachener Testprüfungen im Sommer 2001 fand die Reduzierung der Wegstrecken Anklang, aber die Vorschläge zu einer Straffung der Dressur fielen durch. In Bezug auf den Weltcup standen zwei Aufgaben bevor:
• eine Feinausarbeitung des Reglements, nicht zuletzt der Qualifikation für einen Weltcup-Start und die Ausbildung von Parcoursbauern und Richtern.
• die Erstellung eines Kalenders für die erste Saison 2001/02. Dazu wurden alle Weltcup-Springturniere Westeuropas kontaktiert. Sechs von ihnen waren am Fahr-Weltcup interessiert (Amsterdam, ’s-Hertogenbosch, Dortmund, Bordeaux, Mechelen, Göteborg), dazu kamen Stuttgart und Stockholm.
Zur Erfüllung von Punkt eins wurden zwei Anlässe geplant. Ein Probewettkampf anlässlich des Spring-Weltcupfinals in Göteborgs Scandinavium Halle im April 2001, und im Juli 2001 ein Seminar für Parcoursbauer und Richter in Deurne. Beim Letzteren war klar, dass der Hallen-Weltcup andere Richter brauchte als die Freiluftturniere mit dem Richten der Dressur als Hauptaufgabe. In der Halle waren Aufmerksamkeit und schnelle Entscheidungen gefragt.

Geglückte Probe

Für die Probeprüfungen in Göteborg wurden die bisherigen, noch aktiven Weltmeister (Ulrich, Freund, Chardon, Brasseur und Erik­sson) eingeladen, dazu zwei weitere Schweden. Der Probelauf glückte. Der Einzige, der sich beklagte, war Olaf Petersen, der Parcoursbauer des Spring-Weltcupfinals. Denn Donnerstagnacht, als die sieben Gespanne zum Training in die Arena gelassen wurden, nützten diese die Gelegenheit so lange und so intensiv, dass der Hallenboden aussah wie ein umgepflügtes Feld (vier Tage später, am Ostermontag, gewann dann Markus Fuchs mit Tinka’s Boy auf dem wiederhergestellten Boden den Weltcupfinal der Spring­reiter). Mitte November 2001 ging es los mit dem Fahr-Weltcup: In der Stuttgarter Schleyerhalle, mit Michael Freund als ers­tem Sieger. Freund gewann dann auch die Gesamtwertung vor Ches­ter Weber und Christoph Sandmann. In der zweiten Saison, 2002/03 ersetzten Genf, Leipzig und Vigo die aussteigenden Amsterdam und Dortmund. Umjubelter Sieger in Genf im Dezember 2002, wurde Daniel Würgler – Werner Ulrich wurde Dritter, Stefan Kläy Fünfter.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 47/2014)

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