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Max E. Ammann
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Standpunkt

Zwei Ärgernisse

21.06.2016 13:48
von  Max E. Ammann //

Auch im Ruhestand – über 70 Jahre nach dem ersten Turnierbesuch in Amriswil und nach etwas über 30 FEI-Jahren – darf man sich ärgern. Bringen wird es zwar nichts – eher wird mein hier in der «PferdeWoche» formulierter Ärger bei einigen ihrerseits Ärger hervorrufen. Mich ärgern die 2013 von der FEI neu ein­geführten Regeln der Qualifikationen für den Nationenpreisfinal, und mich ärgern die Namen der Equipen im von der Global Champions Tour eingeführten und von der FEI bekämpften Mannschaftsprüfung.

Einmal trifft mein Ärger somit die FEI, einmal ein von der FEI vor Gericht gezogenes privates Unternehmen. Zum Reglement der Nationenpreisserien und dazu etwas Geschichte. Vom ers­ten Nationenpreis 1909 bis Ende 1964 wurden die Nationenpreise von der FEI (erst 1921 gegründet) nicht in einer Serie zusammengefasst. Erst der neue FEI-Präsident, Prinz Philip, förderte ab 1965 eine Jahreswertung der Nationenprei­se – den «President‘s Cup». Die Punktewertung war einfach: sechs Punkte für die Siegernation – vier, drei, zwei, einen für die Zweit- bis Fünftplatzierten. Diese Punkteverteilung war gerechtfertigt, waren doch mehr als fünf Equipen – mit Ausnahme von Aachen – in den 60er- bis 90er-Jahren eher rar. Dabei blieb es auch 1987 bis 1991, als zuerst drei Jahre lang Gucci, dann ein Jahr lang HCS die Nationenpreisserie finanzierte. Immerhin erlebte man 1991 den ersten Nationenpreisfinal. Auch als ab 1997 Samsung das  Sponsoring übernahm, blieb es bei dieser Punktewertung. Beim bis 2002 ausgetragenen Final gab es vorerst zwei Jahre lang doppelte Punkte, die zum Jahresergebnis addiert wurden. Dann wurde von 1999 bis 2002 im Final ohne zählende Vorleistung geritten. In den sechs ersten Samsung-Jahren explodierte das Interesse am Nationenpreis in Bezug auf die Teilnahme – aber in den Medien blieb die Anteilnahme beschränkt. So ergaben sich intensive Diskussionen um die Zukunft: Auf der einen Seite erhöhte sich die Zahl der jährlichen Nationenprei­se (lange zwischen 13 und 17) auf bis zu 31 in den ersten Samsung-Jahren. Aber die Medien beschränkten sich auf eine Berichterstattung des Nationenpreises im eigenen Land (Luzern oder St. Gallen für die Schweiz). Dazu kamen noch Berichte aus Aachen und die Resultate der CSIO, wo Schweizer teilnahmen. Waren kei­ne Schweizer dabei, erfuhr man nichts.

Die Super League

So wurde ab 2003 die Super League geboren: mit den acht Topnationen auf den acht besten CSIOs in der Superliga und einer Nationenpreisserie für die verbleibenden CSIOs und die Nicht-Super-League-Nationen. Bis 2008 blieb Samsung Sponsor, dann kam die Meydan Group aus Dubai. Das seit 1965 bewährte Punktesystem blieb vorerst erhalten – mit doppelten Punkten beim Final in Barcelona. Ab 2009 gab es einige strukturelle Änderungen: statt acht durften kurzfristig zehn Länder in der Superliga mitmachen, und die B-Liga wurde geographisch aufgeteilt. Nach dem Ausstieg von Meydan kam es erneut zur grossen Diskussionen um das beste Format. Mit acht Topequipen auf acht Topplätzen war in den Superliga-Jahren seit 2003 ein vermehrtes Medieninteresse erzielt worden. Da beim Final nicht von null gestartet wurde, sondern doppelte Punkte vergeben wurden, blieb das Interesse an den Resultaten der acht Wertungsturniere erhalten. Aber viele Beteiligte störten sich an der de facto Teilnahmeverpflichtung bei allen acht Superligaturnieren – obwohl gerade dies den Reiz ausmachte. Konsequenterweise wollte man ab 2013, mit Furusiyya als neuem Sponsor, die Zahl der Nationenpreise, die ein nationaler Verband beschicken musste, reduzieren. Dazu kam es.

Realitätsfremd und absurd

Ab 2013 müssen innerhalb einer Liga nur die Hälfte der CSIOs bestritten werden, und nur in diesen Nationenpreisen gibt es Punkte. Ein Land kann bei weiteren CSIOs mitreiten (sofern eingeladen), aber keine Punkte gewinnen. Eine absurde Situation. Man stelle sich vor, dies sei Usus in der Formel 1, wo Vettel und Hamilton bei der Hälfte der Rennen Punkte holen dürfen, daneben noch einige Rennen ohne Punktemöglichkeit bestreiten und einige Male zu Hause bleiben. Das Gleiche gilt für den Skiweltcup. Zu diesem realitätsfremden Reglement der Teilnahme (es würden ja nicht Pferde und Reiter zur Teilnahme verpflichtet, sondern Nationen) kommt ein bizarres Punktesystem: 100 für die Siegerequipe, 90, 80, 70, 60, 55, 50, 45, 40, 35 für die Zweit- bis Zehntplatzierten. Warum diese hohen Zahlen und warum keine Differenzierungen? Im Weltcup werden seit 1978 an die ersten 16 Reiter Punkte vergeben: 20 dem Sieger, dann 17, 15, 13 bis einen Punkt für die Plätze zwei bis 16. Damit erhält der Sieger drei Punkte mehr als der Zweite. Dieser zwei mehr als der Dritte und dieser ebenfalls zwei mehr als der Vierte. Beim Nationenpreisreglement werden die drei Ers­ten nicht belohnt: erst ab Platz acht bis Platz zehn gibt es eine Einschränkung.
Einige Bemerkungen zu den Teambezeichnungen in der von der FEI be­kämpften Global Champions League: Scott Brash reitet für die Miami Glory, Edwina Alexander für die Shanghai Swans, Rodrigo Pessoa für die Vienna Eagles und Rolf-Göran Bengtsson für die Paris Jets. Wie spannend ist das doch. Da haben die Leute um Jan Tops bei den Amerikanern abgeguckt. Dort tragen alle Teams der vier Profiligen im Football, Baseball, Basketball und Eishockey neben der Stadt derartige Nachnamen. In New York gibt es unter anderem die Giants und die Jets im American Football, die Yankees und die Mets im Baseball, die Knicks im Basketball und die Rangers im Eishockey. Die Namen haben allerdings Tradition und sind zum Teil in der Folklore verwurzelt. Im Pferdesport sind sie nur fehl am Platz. Bereits vor 20 Jahren hatten andere niederländische Promotoren – damals eines ersten Grand Slams – eine ähnlich geschmacklose Idee des Abkupferns. Sie wollten, dass bei der Siegerehrung die Reiter ab- und aufs Treppchen steigen; und sich dann, wie bei der Formel 1, mit Champagner gegenseitig duschen. Das einzig Gute an dieser Fehlentwicklung ist, dass keine Schweizer Reiter bei den zwölf Teams dabei sind. Sonst hätten wir vielleicht ein «Zurich Crane» (von Kran) als Erinnerung an eine künstlerische Verirrung, den Hafenkran an der Limmat.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 24/2016)

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