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Max E. Ammann
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Standpunkt

Erinnerungen an Anneli Drummond-Hay

23.08.2022 09:54
von  Max E. Ammann //

Anneli Drummond-Hay, die am 31. Juli, kurz vor ihrem 85. Geburtstag, starb, war nicht nur eine der erfolgreichsten Amazonen in der Geschichte des Reitsports der Nachkriegsjahre, sondern auch eine der elegantesten. Gross gewachsen, mit einer Modelfigur, bereicherte sie jede Siegerehrung. Und an Siegerehrungen sah man sie fast nach jeder Prüfung. Drummond-Hay war, nach den Erfolgsjahren von Pat Smythe mit ihren vier EM-Titeln, die international erfolgreichs­te Reiterin der 60er-Jahre. Nicht nur im Springen, sondern auch in der Vielseitigkeit. In ihren ersten Starts in Badminton wurde sie Sechste und Dritte mit Trident und Perhaps. 1961 siegte sie mit Merely-a-Monarch im ersten je ausgetragenen CCI Burghley und 1962 siegte sie mit dem gleichen Pferd auch in Badminton. Ihre um sechs Jahre ältere Schwester Jane war 1951 hinter dem Schweizer Hans Schwarzenbach Zweite in Badminton geworden. Noch vor ihrem Sieg in Burgley war Drummond-Hay 1961 beim einmaligen CCI in Genf gestartet. Hinter dem siegreichen Schweizer Ruedi Günthardt auf Atbara und ihrem Landsmann Michael Bullen wurde sie, bereits mit Merely-a-Monarch, Dritte.

Mehrere Springmedaillen

Nach diesen Military-Triumphen konzentrierte sich Drummond-Hay auf das Springen. Beim CSIO von Rom und London 1963 stand sie erstmals in siegreichen britischen Nationenpreisequipen. Weitere Nationenpreissiege kamen in den darauffolgenden Jahren, so in Nizza, Rom und Ostende. 1964 figurierte Drummond-Hay gleich in allen drei britischen «shortlists» für die Olympischen Spiele von Tokio. Selektioniert wurde sie dann allerdings nicht. Mit Merely-a-Monarch, und später mit Xanthos, gewann sie Dutzende von Einzelspringen, so 1966 den GP von Toronto, 1967 den GP in Genf, 1969 das Derby von Hickstead und 1970 den Siegerpreis in Rom und den «Queen Elizabeth II Cup» in London. Dreimal stand sie bei den EM der Amazonen auf dem Podest. 1963 als Dritte, 1968 als Europameisterin und 1969 als Zweite. An der Amazonen-WM von 1970 wurde sie Dritte.
1966 besuchte sie mit der britischen Equipe die nordamerikanischen Herbstturniere in Harrisburg, New York und Toronto. In New York kam es zu einem Mittagessen im Swiss Inn, einem damals populären Schweizer Restaurant in der Nähe des Times Square. Am Tisch sassen Drummond-Hay, die blonde Althea Roger-Smith und der Schreiber dieses Textes. Roger-Smith war eine erfolgreiche Springreiterin (1967 gewann sie mit der britischen Equipe den Nationenpreis in Aachen). Sie heiratete den Jockey Josh Gifford. Deren Tochter Kristina Cook gewann 2008 und 2012 drei Olympiamedaillen in der Military.

Heirat mit Wucherpfennig

1978, als ich mit meiner Frau auf Einladung der südafrikanischen Regierung Südafrika bereiste (ebenfalls eingeladen war der Berner Druckereibesitzer und Olympiareiter von 1956, Marc Büchler), traf ich die Britin wieder, nun verheiratete Wucherpfennig. Drummond-Hay hatte den Südafrikaner Errol Wucherpfennig 1972 geheiratet und war mit ihm nach Südafrika gezogen. Das bedeutete auch das Ende ihrer internationalen Karriere. Zu jener Zeit war Südafrika seiner Apartheidpolitik wegen international geächtet. Später kamen wegen der afrikanischen Pferdegrippe Importverbote für Pferde aus Afrika dazu. Die Südafrikaner hatten zu jener Zeit ein reiches nationales Turnierangebot. Anneli Drummond-Hay gehörte mit Mi­ckey Louw, Tony Lewis, Peter Götz und Jamie Myburg zur südafrikanischen Spitze. Mit ihren Vollblütern hätten sie auch international mithalten können – hätten sie reisen dürfen.

«International Jumping Competition»

1979 hatte die FEI eine «Internationale Springprüfung» ins Leben gerufen. Angesprochen waren FEI-Mitgliederländer, die aus verschiedenen Gründen nicht am internationalen Turnierbetrieb teilnehmen konnten. Prominente europäische Parcoursbauer entwarfen Parcours, die in den teilnehmenden Ländern bei je drei Turnieren nachgebaut werden mussten. Die Resultate wurden gesammelt und die erfolgreichsten der drei Kategorien an der nächsten FEI-Generalversammlung geehrt. Die drei Kategorien waren A (1.40 m), B (1.20 m) und C (1.05 m). Die meisten Länder entschieden sich für Kategorie B, weniger für Kategorie C. An die Kategorie A wagten sich eine knappe Handvoll Länder, angeführt von Südafrika, Australien und Neuseeland. Von 1979 bis 1996, als die Kategorie A aufgehoben wurde, siegten südafrikanische Reiter nicht weniger als 15-mal. Zweimal gewann ein Australier, einmal ein Neuseeländer. Drummond-Hay gewann die «International Jumping Competition», die später in «FEI World Challenge» umgetauft wur­de, dreimal: 1981, 1983 und 1993; und jedes Mal kam sie an die FEI-Generalversammlung, an den gesellschaftlichen Anlässen in eleganter Abendtoilette.
Anfangs der 90er-Jahre, nach dem Machtverlust der Weissen und mit Nelson Mandela als Präsident, kamen Südafrikas Springreiter 1993 und 1994 zu einigen Besuchen nach Europa, so auch nach Genf. Auch Anneli Drummond-Hay war einmal dabei. Die in Schottland geborene Enkelin des 13. Duke of Hamilton führte in Johannesburg die «Penny Place Stables» als Lehrinstitut. Von Errol Wucherpfennig wurde sie geschieden. Als sie am 31. Juli 2022 nach kurzer Krankheit starb, war Ehemann Trevor Berry an ihrer Seite.

(Erschienen in der PferdeWoche Nr. 33/2022)

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