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Max E. Ammann
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Standpunkt

Pferdesportanekdoten (2. Teil)

21.11.2023 11:13
von  Max E. Ammann //

Nach der Geschichte des Weltcups in Anekdoten, im Oktober 2017 in der «PferdeWoche» publiziert, und olympischen Anekdoten, im März 2019 in der «PferdeWoche», nun einige weitere selbsterlebte Ereignisse – Teil 2.

Weltcupturniere Moskau 1991/1992

1991 und 1992 organisierten wir zwei Weltcupspringturniere in Moskau. Es war eine Periode des hoffnungsvollen Umbruchs, die Übergangsperiode von Gorbatschow zu Jelzin. Finanziert wurden die beiden Turniere von westlichen Sponsoren wie Volvo, Dunhill oder Duphar. Zu einem Vorbereitungsbesuch in Moskau im März kam ich vom CSI-W in ’s-Hertogenbosch. Dort hatte ich eine Stallplakette erhalten, Metall auf einer Holzbasis. Bei der Abreise von Moskau wurde ich – im VIP-Bereich – von einem Zollbeamten angehalten. Beim Röntgen meines Koffers hatten sie einen verdächtigen Gegenstand entdeckt. Es war keine Ikone, deren Ausfuhr verboten war, sondern die bescheidene Stallplakette!

«CSI Cork-Millstreet»

In den 90er-Jahren gab es einen Freiluft-CSI und ein Weltcup- springen im irischen Millstreet,  einem kleinen Dorf in der Nähe von Cork. Als der irische Pferdesportverband das Turnier der FEI meldete, schrieb er «CSI Cork-Millstreet». Der französische Reiter Michel Robert, Mannschaftsolympiasieger von 1976, fuhr prompt nach Cork und suchte mit seinem Pferdetransporter nach der Millstreet.

Weltcupfinal 1996

Am Vormittag des Schlusstages des Weltcupfinals von 1996 in Genf hielten wir die jährliche Sitzung des Weltcupkomitees. Eingeladen zur Sitzung war auch FEI-Präsidentin Doña Pilar de Borbón, die während der drei Stunden dabei war. Gegen Abend begleitete ich sie zur Siegerehrung des Weltcupfinals (Hugo Simon gewann vor Willi Melliger). Auf dem Weg dorthin fragte ich sie: «Wie hat Ihnen die Weltcupsitzung gefallen?» Ihre Antwort war: «Max, Sie sind ein Diktator, aber Sie müssen es sein.» (You are a dictator, but you have to be.)

Weltcupturnier Almaty 1998

In Mai 1998 besuchten meine Frau und ich den erstmals ausgetragenen CSI-W in der damaligen Hauptstadt von Kasachstan, Almaty. Es war ein besonderes Erlebnis, wir sahen die weitläufigen Hügel um die Stadt mit frei weidenden Pferdeherden, mit dem Himalaya im Hintergrund. Am Start war neben Kasachstan, Usbekistan und Kirgistan eine Frauenequipe Russlands, allerdings nicht aus Moskau, sondern aus Sibirien. Dazu, erstmals im Weltcup, ein Team aus China. Als ausländischer Richter kam der Generalsekretär des deutschen Pferdesportverbandes, Hanfried Haring, mit nach Almaty. Beim OK wie bei den kasachischen Offiziellen spürten wir eine deutliche Zurückhaltung, ja gar Misstrauen. Als man sich nach einigen Tagen näherkam, erhielten wir die Erklärung. Die Kasachen erinnerten sich an die sowjetischen Funktionäre, die in den Jahrzehnten der Sowjetunion bei Kontrollbesuchen in Kasachstan die Moskauer Zentralgewalt vertreten hatten. Haring und ich waren für sie Kontrolleure aus Lausanne.

Nelson Pessoa

Nelson Pessoa – 1935 in Brasilien geboren – kam 1956 nach Europa. Nach einem ersten Olympiastart in jenem Jahr in Stockholm blieb er in Europa und lebte mehrere Jahre in Genf. Eines Tages nannte ich «Neco», wie er gerufen wurde, «Colonnello». «Neco» war das offensichtliche Gegenteil eines Militärs. Er blieb für mich der «Colonnello» bis er, vor vielleicht fünfzehn Jahren, mich ansprach: «Wir kennen uns über 50 Jahre, ich glaube, du kannst mich jetzt General nennen.»

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